Frage an Niels Annen bezüglich Bildung und Erziehung

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Niels Annen
SPD
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Frage von Detlef D. •

Frage an Niels Annen von Detlef D. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Annen,

Ihr Lebenslauf bietet Anlass für kritische Fragen und diese ziehen sich auch wie ein roter Faden durch dieses Forum. Das ist sicherlich nicht fair, denn Sie treten mit dem an, was Sie zu bieten haben und stellen sich mit Ihrem Talent und Erfahrungen zur Wahl. Vielleicht würden Sie im Rückblick auch das Eine oder Andere in Ihrer Biographie anders gemacht haben wollen. Wichtig sind doch aber die politischen Positionen, für die Sie stehen, für die Sie werben und für die man sich auch mit Ihrer Wahl als Direktkandidat entscheiden kann. Das ist doch völlig legitim und muss nicht entschuldigt werden.

Aber natürlich ist es interessant zu erfahren, wie Ihre Haltung zu den Themen ist, welche auch die SPD für sich angenommen hat. Wie stehen Sie

1. zur Schaffung von Elite-Universitäten,
2. einer auf akademischer Bildung beruhenden Leistungselite,
3. der Auswahl von Studenten durch Professoren,
4. leistungsbezogener Bezahlung von Professoren,
5. Studiengebühren während der Regelstudienzeit,
6. Studiengebühren bei Überschreitung der Regelstudienzeit.

Die SPD beansprucht dem Vernehmen nach die ersten beiden Punkte für sich - tragen Sie dieses mit oder verfolgen Sie einen anderen Ansatz?

Mit freundlichen Grüßen
Detlef Daniel-Garmatter

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Antwort von
SPD

Lieber Herr Daniel- Garmatter,

zunächst bitte ich um Entschuldigung für die späte Antwort. Nun aber zu ihren Fragen

1. zur Schaffung von Elite-Universitäten,

Eliteuniversitäten sind in der SPD kein Thema - auch wenn die Feuilletons monatelang darüber diskutiert haben. In meinen Augen ist der Elitenbegriff leistungsfeindlich. Eliten rekrutieren sich aus sich selbst heraus - über Kontakte und Netzwerke und eben nicht über Leistung und Engagement.

Genau das ist es aber, was wir brauchen, um in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung vorne zu bleiben: Leistung und Engagement. Deshalb wollen wir Spitzenforschung und Spitzenhochschulen stärken. Das ist für mich ein fundamentaler Unterschied. Ich unterstütze den Weg, auf eine exzellente und offene Forschungsinfrastruktur und auf hervorragende Ausbildung zu setzen. Es geht darum, mehr junge Menschen für Forschung und Wissenschaft zu begeistern und unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu Orten zu machen, die die besten Köpfe der Welt interessieren. Die Exzellenzinitiative für Spitzenuniversitäten von Edelgard Bulmahn ist genau der richtige Weg. Sie kann für unsere Hochschulen ein Sprungbrett in die Weltklasse werden. Ich finde es richtig, hierfür Geld in die Hand zu nehmen. Mit zusätzlich 1,9 Mrd. Euro, die zu 75 % der Bund finanziert, können Deutschlands Hochschulen ihr Profil stärken und endlich auch international zeigen, wie leistungsfähig sie sind. Das ist eine enorme Chance für das deutsche Hochschulsystem und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Wo bereits die Breite in der Forschung hohen Ansprüchen gerecht wird, kann sich die Spitze entwickeln. Das ist unsere Chance.

2. einer auf akademischer Bildung beruhenden Leistungselite,

Deutschland ist stark geworden durch die Kraft seiner Menschen – durch den Einsatz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Risikobereitschaft der Unternehmungen in Deutschland. Wissen und Können erwerben die Menschen auf vielen Wegen: in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, durch das Umsetzen dieses Wissens in den Betrieben, durch die Ausbildung an den Hochschulen und das Weiterentwickeln in der Forschung, aber auch durch zivilgesellschaftliches Engagement in den Vereinen, Initiativen und Parteien. Die Vorstellung, Deutschlands Stärke ausschließlich durch eine auf akademischer Bildung beruhende Leistungselite zu erhalten und ausbauen zu können, halte ich deshalb für falsch.

3. der Auswahl von Studenten durch Professoren,

Die SPD geführte Bundesregierung hat mit der Neuregelung der Studienplatzvergabe in den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt, in Zukunft 60 % dieser Studienplätze selbst zu vergeben. Neben der Abiturnote können nun weitere Kriterien zur Entscheidung herangezogen werden, wie die fachspezifische Eignung, die Art einer Berufsausbildung oder Berufstätigkeit oder das Ergebnis eines Auswahlgespräches, das Aufschluss über die Motivation und die Identifikation mit dem gewählten Studium und dem angestrebten Beruf geben sowie zur Vermeidung von Fehlvorstellungen dienen soll. Man muss sich die Entwicklung nun genau anschauen: werden die Hochschulen diesen Weg nutzen? Für mich ist klar, dass dieses Verfahren für die Studienanfänger nicht zu weiteren Zeitverlusten führen darf, deshalb halte ich den Erhalt und die Weiterentwicklung der ZVS an dieser Stelle für unabdingbar. Der Zugang zur Hochschule muss darüber hinaus auch künftig überall besonders qualifizierten Absolventen einer Berufsausbildung ohne Abitur offen stehen.

4. leistungsbezogener Bezahlung von Professoren,

Mit der Hochschuldienstrechtsreform, die Anfang 2002 in Kraft getreten ist, haben wir das Hochschulrahmengesetz (HRG) und das Bundesbesoldungsgesetz mit dem Ziel reformiert, deutsche Hochschulen im Wettbewerb um die besten Kräfte wieder wettbewerbsfähig zu machen. Insbesondere durch die Einführung der Juniorprofessur haben wir die Voraussetzungen für eine Personalstruktur geschaffen, die jungen qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gute Entwicklungschancen gibt und dem gesamten Hochschulpersonal Leistungsanreize für Forschung und Lehre bietet. Die vorher geltenden altersabhängigen Besoldungsstufen haben wir zugunsten eines neuen Besoldungssystems aus festem Grundgehalt und variablen Leistungsbezügen abgeschafft. Das deutsche Besoldungsrecht kann sich der bekannten nationalen und internationalen Wettbewerbsproblematik bei der Gewinnung von Spitzenwissenschaftlern nicht verschließen.

5. Studiengebühren,

Die Qualifikationsanforderungen im Beruf steigen, zugleich sinkt die Geburtenrate, deshalb droht uns schon in Kürze ein erheblicher Mangel an hoch qualifizierten Arbeitskräften. Wir können es uns also schon deshalb nicht leisten, zusätzliche Hürden für die Aufnahme eines Studiums zu errichten. Es ist dringend notwendig, mehr jungen Menschen eine Hochschulausbildung zu ermöglichen. Die Frage, ob jemand studieren kann, darf dabei nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, sondern allein von der eigenen Leistungsfähigkeit. Es geht hier auch um Chancengleichheit und Gerechtigkeit. Deshalb lehnen wir die Einführung von Studiengebühren ab, dies gilt auch für pauschale Regelungen bei überschreiten der Regelstudienzeit.

Mit freundlichen Grüßen

Niels Annen

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