Frage an Niels Annen bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Niels Annen
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Frage von Stephan B. •

Frage an Niels Annen von Stephan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Annen,

mit einiger Verwunderung oder besser Erschrecken wurde ich heute auf ein Gesetz mit folgendem Titel aufmerksam:

"Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union", welches am 30. Juni 2008 in Kraft getreten ist.

http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl108s0995.pdf

Das klingt ja auch erst einmal nicht besonders spektakulär oder aufregend. Frei nach dem Motto: Wer nichts zu verbergen/getan hat, braucht auch nichts zu befürchten. Mittlerweile frage ich mich allerdings des Öfteren, wohin unser Land steuert bzw. gesteuert wird. Insgesamt habe ich schon das ungute Gefühl, das Bürgerrechte/Grundrechte immer weiter und langsam aber sicher untergraben werden.

Richtig interessant wird das Gesetz, wenn man es bis zum Ende liest:

Elfter Teil

Schlussvorschriften:

§ 98

Einschränkung von Grundrechten:
Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes), des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) und des Schutzes vor Auslieferung (Artikel 16 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

Zu diesem Passus würde ich gerne Ihre Meinung hören.

Vielen Dank.

Stephan Baenisch

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Sehr geehrter Herr Baenisch,

vielen Dank für für Ihre Anfrage vom 11. November 2008 bezüglich des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2003/577/JI der Europäischen Union (EU) vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der EU (ABIEG L 196 vom 02.08.2003).

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Sicherstellung von Gegenständen im Rahmen von grenzüberschreitenden Strafverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dadurch sollen besonders schwere Straftaten, wie z. B. Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Terrorismus, Menschenhandel oder Korruption besser verfolgt werden können. Straftäter sollen es künftig schwerer haben, Beweismittel oder Vermögen hinter der Grenze europäischer Nachbarstaaten verschwinden zu lassen. Zeit ist hierbei ein entscheidender Faktor.

Zu einer erfolgreichen Strafverfolgung ist eine Einschränkung der Grundrechte zum Teil notwendig. Auch wenn dies im ersten Moment "schockierend" wirken mag, bitte ich Sie, sich die Situation der Verfolgung eines Straftäters vorzustellen: Setzt sich ein Straftäter zum Beispiel bei seiner Verhaftung zur Wehr, kann seine körperliche Unversehrtheit leider nicht unter jeden Umständen garantiert werden. Gleiches gilt zum Beispiel für die eingeschränkte Unverletzlichkeit der Wohnung, zu der Strafermittlern Zugang gewährt werden muss.

Dieses ist ein normaler Bestandteil der deutschen Strafverfolgung, der nun auf die europäische Ebene erweitert wird.

Mit freundlichen Grüßen

Niels Annen

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