Frage an Niels Annen von Roland O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Annen,
ich mußte dem Online Medium "Heise Online" entnehmen, daß Herr Dr. Rolf Gössner seit 38 Jahren erfolglos überwacht wird. Ich bitte Sie, sich mit diesem unhaltbaren Vorgang vertraut zu machen. Abgesehen vom wiederholten verfassungswidrigem Vorgehen des Verfassungsschutzes, bietet diese Angelegenheit genügend Profilierungspotenzial. Ich muß Sie ja wohl nicht an die kommende Bundestagswahl erinnern. Also: Was gedenken Sie zu tun?
Mit der Bitte um Benachrichtigung
Roland Olivieri
Beigefügter Link zu Ihrer Info:
http://www.heise.de/newsticker/Verfassungsschutz-stellt-Ueberwachung-von-Buergerrechtler-ein--/meldung/119059
Sehr geehrter Herr Olivieri,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Bürgerrechte. Für die späte Antwort auf Ihre Frage bitte ich Sie herzlich um Entschuldigung.
In der Tat mutet die jahrzehntelange Überwachung eines geachteten Rechtsanwalts und Publizisten, dessen Expertise ja offenbar auch von „offizieller“ Seite immer wieder gefragt war, absurd an. Ich bin aber froh, dass die Überwachung über den Weg der Rechtskontrolle offenbar nun beendet wurde und geklärt werden kann, wie es zu dieser Situation kommen konnte.
Ihre Frage wirft über den konkreten Fall hinaus ja auch grundsätzlich die Frage nach dem Verhältnis von verfassungsmäßig garantierten Grundrechten, Bürgerrechten und innerer Sicherheit auf.
Freiheitsrechte wie das z. B. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung haben konstitutiven Charakter für die Existenz unseres Gemeinwesens. Dass diese Rechte beachtet werden müssen, wird zu Recht immer wieder angemahnt.
Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass Sicherheit keinen Vorrang vor Freiheit genießen darf, wenn man beides auf Dauer gewährleisten will. Weder gibt unsere Verfassung ein Grundrecht auf Sicherheit her, noch ist vorstellbar, dass es ohne Abschaffung der Freiheit eine absolute Sicherheit gegen jedwede Gefährdung durch kriminelles oder verfassungsfeindliches Handeln geben kann.
Auf der anderen Seite erwarten wir, dass der Staat für unsere Sicherheit sorgt. Als Parlamentarier müssen wir daher – z.B. bei Entscheidungen über neue Gesetze – die berechtigten Strafverfolgungsinteressen des Staates angemessen berücksichtigen. Hierher gehört dann auch, wie wir den Einsatz von verdeckten Ermittlungsmaßnahmen regeln und verfassungskonform gesetzlich regeln können.
Solche Maßnahmen greifen regelmäßig in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein. Als gewählter Abgeordneter kann und muss ich im politischen Prozess der Gesetzgebung dafür Sorge tragen, dass für die Anordnung solcher Maßnahmen strenge Voraussetzungen gelten und der Rechtsschutz wirksam ausgestaltet ist. Hierin und in der genauen Abwägung und Gewissensprüfung, ob ich als Parlamentarier dem neuen oder zu ändernden Gesetz zustimmen kann, sehe ich meine Handlungsverpflichtung.
Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung zu Schluss: Die kritische Auseinandersetzung mit den Problemen, die sich rund um die Fragen der Inneren Sicherheit immer wieder ergeben, eignet sich meiner Meinung nicht zum Schauplatz persönlicher Profilierungen, ganz gleich, zu welchem Zeitpunkt. Sich hier immer wieder – als Abgeordneter und als Partei – um eine persönlich und politisch integere Haltung zu bemühen, sind wir der Demokratie und den Bürgerrechten schlicht schuldig.
Herzliche Grüße,
Niels Annen