Frage an Olaf Scholz bezüglich Verkehr

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Olaf Scholz
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Frage von Andreas T. •

Frage an Olaf Scholz von Andreas T. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Scholz,

Sie deuten in Ihrem Regierungsprogramm vom 15.01.2011 auf Seite 13 an, daß die SPD statt einer Stadtbahn-Querverbindung im Norden Hamburgs (Frage: Wie soll die Optimierung des Busverkehrs konkret aussehen?) die folgenden ÖPNV-Projekte (nach dem Achsen - Modell der S-Bahn) als Investitionsschwerpunkte für die nächsten Jahre ansieht:
- Umsteige-Knotenpunkt Elbbrücken / Entlastung der S-Bahn nach Harburg durch die U4 via Wilhelmsburg nach Harburg-Rathaus
- Durchbruch Airport-Garstedt / S-Bahn nach Kaltenkirchen statt neuer Diesel-AKN 2017
- Entlastung der Fernbahnsteige am Hbf durch eine S-Bahn nach Ahrensburg statt Regio-Bahn
- Diebsteich-Fernbahnhof (ohne Stadtbahn-Querverbindung) statt Sackbahnhof Altona

Bramfeld und Steilshoop kämpfen seit Jahrzehnten für eine Schienenanbindung (ohne Umzusteigen) in die City. Bisher fährt von Bramfeld aus nur ein zuschlagpflichtiger Schnellbus direkt in die Mönckebergstr.
Wie ist der Planungststand der einzelnen o.g. 4 Projekte und in welcher Reihenfolge (Ihre Prioritäten, Ihr Zeitrahmen) beabsichtigen sie Sie unter Berücksichtigung der knappen Kassen umzusetzen? Es kann doch nicht sein, daß Ihre Visionen (Helmut Schmidt) allein vom Druck der Deutschen Bahn / S-Bahn Hamburg gesteuert werden, die seit Monaten nicht einmal 2 Fahrstühle an den S-Bahn-Stationen Rübenkamp und Ohlsdorf fertig bekommt!

Hat es der demokratische Wähler nach 20 Jahren des Stillstands wirklich verdient, erst nach der anstehenden Bürgerschaftswahl über die Details Ihres Programms in einem längst überfälligen Verkehrsentwicklungsplan informiert zu werden?

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Thiel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Thiel,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu meinen Schwerpunkten im Öffentlichen Personennahverkehr.

Wie Sie richtig anmerken ist ein neuer Verkehrsentwicklungsplan (VEP) für Hamburg längst überfällig. Der letzte VEP stammt aus dem Jahre 2000 und wurde unter dem damaligen Bausenator Eugen Wagner (SPD) erstellt. Seitdem haben die jeweiligen CDU-geführten Senate Verkehrspolitik weitgehend als Tagesgeschäft betrieben. Zuletzt wurde mit Regierungsbeteiligung der GAL dann ein einziges ÖPNV-Projekt, die Stadtbahn, einseitig vorangetrieben, während andere wichtige Investitionsprojekte zum Teil sträflich vernachlässigt wurden.

Eine Mehrheit in Hamburg ist gegen eine Stadtbahn und vor allem gegen die vom schwarz-grünen Senat geplante Trasse. Etwa zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger sind gegen die Stadtbahn. Das darf man als verantwortlicher Politiker nicht einfach ignorieren darf. Außerdem würde das geplante Stadtbahnnetz voraussichtlich etwa 2 Milliarden Euro kosten, mit der Folge, dass diverse andere wichtige Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV unterbleiben müssten.

Wir haben uns deshalb bewusst nicht festgelegt, was wir genau wann an neuen ÖPNV-Maßnahmen umsetzen. Alles verkehrlich Wünschenswerte wird nicht finanzierbar sein, weshalb es gilt Prioritäten zu setzen. Wir wollen dies zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und den Verkehrsunternehmen entwickeln und in einen neuen Verkehrsentwicklungsplan einfließen lassen. Gleichwohl haben wir einige aus unserer Sicht wichtige und wünschenswerte Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV-Angebots beispielhaft genannt. Ich glaube, ein solches Vorgehen ist vernünftig und in jedem Fall seriöser als im Wahlkampf das Blaue vom Himmel zu versprechen.

Unstrittig sind einige Buslinien in Hamburg bereits heute an der Kapazitätsgrenze angekommen und die HVV-Anbindung für die Menschen in Bramfeld, Steilshoop und am Osdorfer Born sollte verbessert werden. Darüber hinaus wird es darum gehen, den ÖPNV u.a. durch Taktoptimierungen, Verbesserungen bei Sicherheit und Sauberkeit und einen forcierten barrierefreien Ausbau von S- und U-Bahnhaltestellen noch attraktiver zu gestalten. Schließlich müssen wir eine Lösung dafür finden, dass von den täglich 300.000 Ein- und knapp 100.000 Auspendlern der weitaus größte Teil heute mit dem Pkw fährt und damit auch Staus verursacht und die Umwelt belastet. Deshalb hat die S4 nach Ahrensburg und weiter nach Bad Oldesloe sicherlich eine hohe Priorität, aber eben auch eine S-Bahn Richtung Kaltenkirchen, eine Verlängerung der U4 und eine Optimierung des Busnetzes. Wie die Verkehrsanbindung der Menschen in Bramfeld und Steilshoop verbessert werden kann, wird bei allen Überlegungen und den Gesprächen mit den Verkehrsunternehmen eine große Rolle spielen.

Sie sehen aber schon aus dieser kurzen und nicht abschließenden Auflistung im Prinzip sinnvoller ÖPNV-Maßnahmen, dass es vertiefender fachlicher Prüfungen durch die Stadtentwicklungsbehörde und sicherlich auch durch externe Fachleute bedarf, um anschließend die richtigen Investitionsschwerpunkte für die kommenden Jahre bis 2019 festzulegen. Nur so wird man am Ende Entscheidungen treffen können, die vor dem Hintergrund knapper Kassen einen größtmöglichen verkehrlichen Nutzen entfalten.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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