Frage an Oliver Krischer bezüglich Wirtschaft

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Oliver Krischer
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Frage von Ralf S. •

Frage an Oliver Krischer von Ralf S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Krischer,

in Ihrem eMail-Newsletter vom 28.09.2012 16:51 Uhr, welchen ich im Übrigen ungefragt über meine dienstliche eMail erhielt, behaupten Sie, dass der Strompreis in den letzten Jahren um 10 Cent gestiegen ist.

Der Strompreis setzt sich aus folgenden (staatl. festgelegten) Abgaben zusammen:

- EEG-Abgabe (3,53 ct/kkWh) 15%
- Netzgebühren (bis 7,2 ct/kWh) 30%
- Stromsteuer (2,05 ct/kWh) 10%
- MwSt 19%

hinzu kommen noch staatl festgesetzte/genehmigte Zahlungen/Abgaben der Energieversorger für:
- Kraft-Wärmekopplung (Blockheizkraftwerke)
- Bilanzkreiskosten
- Kosten für Mehr- und Mindermengen
- Kosten für Regelenergie
- seit 01.01.2012 Umlage nach § 19 Abs. 2 StromNEV

Bei einem Endkunden-Strompreis von ca. 24 ct/kWh machen allein die Netzgebühren (30%), die EEG-Abgabe (15%), die Stromsteuer (10%) und die MwSt (19%) 75% aus, über zwei Drittel des Strompreises für Endkunden.

Insgesamt sind 80% des Endkundenpreises für Strom vom Staat per Gesetz oder durch Beschluss festgelegt, bei Tabak sind es nur 75%.

Ist Ihnen nicht bekannt, dass der eigentliche Strompreis damit nur 5-6 ct/kWh (Netto) beträgt?

Wo ist hier eine Erhöhung des Strompreises von 10 Cent zu finden oder kostete der Strom vor 10 Jahren -5 Cent/kWh?

Warum sind die staatl. festgelegten Abgaben auf Strom höher als bei Tabak?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Eines vorweg: Sie erhalten meinen Newsletter, da Sie sich dafür in der Vergangenheit angemeldet haben. Unter http://oliver-krischer.eu/aktuelles/newsletter.html können sich jederzeit abmelden bzw. wieder anmelden. Oder Sie schreiben mir einfach eine Email, dann entfernen wir Sie aus dem Verteiler.

Nun zu Ihrer eigentlichen Frage: Im Jahr 2000 betrug der Strompreis für Haushaltskunden im bundesdeutschen Durchschnitt 14 Cent/kWh. Im Jahr 2012 liegt der bundesdeutsche Durchschnitt bei mindestens 24 Cent/kWh - bei einigen Anbietern wie z.B. RWE Rhein-Ruhr oder E.ON Westfalen sogar bei 26 Cent/kWh. Das ist eine Steigerung von mindestens 10 Cent. Nichts anderes steht in meinem Newsletter.

Im Vergleich zum Tabak sind die Abgaben nicht zuletzt deswegen teurer, da sie beim Strom auch die Transportkosten in Form der Netzentgelte haben, genauso wie etwa die KWKG-Abgabe.

Von Seiten der Union und FDP sowie Teilen der Energiewirtschaft und Industrie läuft derzeit jedoch eine Kampagne die den Verbraucherinnen und Verbrauchern wahr machen will, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energie alleine für die Strompreissteigerungen verantwortlich sein sollen. Das kann aber schon deshalb nicht sein, weil die EEG-Umlage selbst z. Zt. nur 3,59 Cent/kWh beträgt. Die wesentlich wichtigeren Ursachen für die Strompreise sind gestiegene Kosten für Steinkohle und Gas. Aber auch die EEG-Umlage selbst ist deutlich höher als sie sein müsste. Die zahlreichen und von der Bundesregierung in den letzten Jahren noch einmal erheblich ausgeweiteten (Teil-)Befreiungen der Industrie - und sachfremde Ausgaben - die gar nicht für die Förderung der Erneuerbaren Energien benötigt werden, verteilen die Kosten fast nur noch auf Privatverbraucher und kleine Unternehmen mit geringem Energieverbrauch, für die die Umlage dann steigt.
Ähnliches gilt auch für die Netzentgelte - also den Preis für die Durchleitung des Stroms - von denen weite Teil der Industrie befreit sind. Ebenso zahlen viele Industriebetriebe keine oder ein verminderte Stromsteuer. Alles in allem summieren sich die Strom-Ausnahmetatbestände inzwischen auf 9 Mrd. Euro pro Jahr und stellen den größten, indirekten Subventionsposten in Deutschland dar. Dies hat erst vor kurzem eine wissenschaftliche Studie der FÖS im Auftrag von Greenpeace ergeben.

Klar ist - Unternehmen mir hohen Energiekosten, die im internationalen Wettbewerb stehen - müssen von derartigen Sonderabgaben entlastet werden,
sonst haben sie mit ihren Standorten in Deutschland keine Chance. Aber es kann nicht sein, dass die Ausnahmen immer weiter ausgedehnt werden, auch auf
solche Unternehmen, die gar nicht im internationalen Wettbewerb stehen, wie. z.B. die Zementindustrie, die Braunkohlegewinnung oder Rechenzentren. Hinzu
kommt, dass die Kriterien für die Ausnahmen völlig uneinheitlich und intransparent sind. Wir brauchen endlich einheitliche Kriterien für die Industrie
bei den verschiedenen (Teil-)Befreiungen und eine wirksame Kontrolle der Preisbildung.

Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer