Frage an Oliver Krischer bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Oliver Krischer
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Oliver Krischer von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Krischer,

Flüchtlingsproblem: Neue Chance?

Hintergrund: Frage von Miriam Schulte am 21.11.17 an Katja Kipping:
Würden Sie mir dahingehend zustimmen, das nur weil man Flüchtlinge nicht in unser Land, beziehungsweise nicht nach Europa lässt, dieses nicht gleichbedeutend damit ist das diese Flüchtlinge sterben müssen, da man beispielsweise Flüchtlingslager nahe ihrer Heimat finanzieren kann (also inklusive Nahrung, Wasser, Medikamente, Anziehsachen, Bildung etc) die gegebenenfalls vom Militär geschützt werden oder da man angrenzende Länder nahe der Krisenregion finanziell unterstützen kann die diese Flüchtlinge aufnehmen?

Das ganze ist auch deutlich günstiger. So könnte man beispiesweise für jeden syrischen Flüchtling der hier nach Deutschland kommt, für die gleiche Menge an Geld, 10 syrischen Flüchtlingen in Jordaninen helfen.
Quelle:
http://www.independent.co.uk/voices/syrian-refugees-will-cost-ten-times-...
https://twitter.com/data_debunk?lang=de

Ist ein baldiges Ende des Bürgerkrieges in Syrien zu erwarten?

Werden auch weiterhin Staaten in der EU keine Flüchtlinge aufnehmen?

Darf man Griechenland und Italien mit dem Flüchtlingsproblem allein lassen?

Sind Sie dafür, dass Deutschland und/oder die EU Flüchtlingslager in Jordanien errichten, dort vorrangig Flüchtlinge aus Griechenland und Italien aufgenommen werden und eine Ausbildung erhalten, die für den Wiederaufbau Syriens
besonders wichtig ist?

Gruß G. R.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Fragen.
Weltweit sind gegenwärtig über 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Der Großteil dieser Personen befindet sich innerhalb ihrer Heimatländer (ca. 43 Millionen Menschen). Nur ein Teil flieht in Nachbarländer und ein noch kleinerer Teil flieht weiter nach Europa oder in andere Staaten des globalen Nordens. Die Hauptaufnahmeländer für syrische Geflüchtete sind daher bereits die unmittelbaren Nachbarländer - also Jordanien, der Libanon und die Türkei. In Relation zur eigenen Bevölkerungszahl haben diese drei Länder auch jeweils deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen als Deutschland. Laut UNHCR befinden sind über zwei Drittel aller weltweit geflüchteten Menschen in Ländern des globalen Südens, die ärmsten Staaten nehmen die meisten Flüchtlinge auf. Daher ist es natürlich richtig, dass die internationale Gemeinschaft und eben auch Deutschland einen Beitrag zur Finanzierung der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in diesen Ländern leisten muss und es nicht erneut zu einer Unterversorgung des UN-Welternährungsprogramms, wie vor 3 Jahren beispielsweise, kommen darf.
Nichtsdestotrotz entbindet dieses globale Engagement die Bundesrepublik Deutschland nicht von der Verpflichtung, hier ankommenden Schutzsuchenden gemäß internationaler Verträge ein faires Verfahren und gegebenenfalls auch Schutz zu gewähren. Dieser auch historisch gewachsenen Verantwortung kann sich Deutschland nicht einfach durch ein Auslagern in andere Länder entledigen.
Generell ist die Aufnahme von Flüchtlingen eine gesamteuropäische Aufgabe und es braucht eine faire und solidarische Verantwortungsteilung innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft.

Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer