Frage an Peter Ramsauer bezüglich Verkehr

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Peter Ramsauer
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Frage von Manuel O. •

Frage an Peter Ramsauer von Manuel O. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Ramsauer,

Es ist immer davon zu lesen, dass (Personen)Verkehr von der Straße und aus der Luft auf die Schiene verlagert werden soll. Dies ist auch meine Meinung.
Was mich jedoch immer wundert ist, wie halbherzig der Ausbau für schnellere Verbindungen angegangen wird. Einerseits werden für viele Milliarden neue Schnellfahrstrecken gebaut. Andererseits werden die Verbindungen kaum schneller, da diese Strecken so gebaut werden, dass immer nur kurze Halteabstände möglich sind. Meist sind es sogar die gleichen Abstände wie beim ersten IC Netz von 1971. Moderne Züge können so ihre Leistungsfähigkeit so kaum ausspielen.
Dieser Vorwurf ist meiner Meinung nach aber nicht der Bahn zu machen sondern eher der Politik, die sich von Regionalpolitikern, die in diesen Sachen nur ihre eigenen Vorteile sehen, in die Planung reinreden lässt. Als Beispiel sind hier z.B. der Bypass von Mannheim oder das jüngste Beispiel, der Offenburger Tunnel zu nennen. Beim letzten wundert mich besonders, dass ein Bürgermeister meiner Ansicht nach im Alleingang bestimmen kann in welcher Ausführung ein eventueller Tunnel unter seiner Stadt gebaut werden soll. Herr Grube hatte hier eine Variante, die auch schnellen Personenzüge genutzt hätte, vorgeschlagen. So eine Diskussion wurde aber im kein erstickt.
Im Endeffekt bleiben viele Verbindungen erheblich langsamer als sie sein könnten und es findet nur eine geringere Verlagerung statt, als möglich wäre.
In anderen Ländern wie Frankreich, Spanien, Japan und Italien bedienen die schnellsten Züge nur die wirklich großen Städte des Landes. So wurden dort auch die Strecken gebaut. Trotzdem sind die kleineren Städte noch z.B. über Abzweige angebunden. Regionalpolitische Interessen wurden beim Bau wahrscheinlich zurückgestellt um das Gesamtbild nicht aus den Augen zu verlieren.
Warum ist so etwas in Deutschland nicht möglich?

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Sehr geehrter Herr Ockfen,

vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie sich für den Aus- und Neubau schnellerer Schienenverbindungen mit weniger Haltepunkten aussprechen.

Hierzu möchte ich gerne zum besseren Verständnis Grundsätzliches voranstellen:

Zur Beurteilung von schnellen Schienenverbindungen ist zwischen der Infrastruktur und dem Betrieb eines Zuges zu unterscheiden. Den Betrieb, also die Häufigkeit der Verbindung, das eingesetzte Zugmaterial (u.a. relevant für die mögliche Höchstgeschwindigkeit), die Streckenführung sowie die Auswahl der Bahnhöfe, an denen gehalten wird, legen die Eisenbahnverkehrsunternehmen mit den Eisenbahninfrastrukturunternehmen in eigener unternehmerischer Verantwortung nach betriebswirtschaftlichen Erwägungen fest. Hierin greift der Bund nicht ein.

Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur haben sich nach Art. 87 e Abs. 4 GG am Gemeinwohl zu orientieren. Hierzu hat der Gesetzgeber das Bundesschienenwegeausbaugesetz sowie dessen Anhang, den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege, beschlossen. Im Bedarfsplan sind die einzelnen Projekte aufgeführt, die mit Steuergeldern neu- oder ausgebaut werden dürfen. Der steuerfinanzierte Schienenwegebau darf sich also nicht allein an vermeintlich betriebswirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen orientieren. Er ist - vom Gesetzgeber gewollt - in einem gesellschaftlich/politischen Prozess auszugestalten. Hierbei haben Planung und Realisierung von Eisenbahninfrastrukturvorhaben aufgrund der föderalen Struktur Deutschlands - gesetzlich vorgeschrieben - unter Mitwirkung der Länder z.B. in Fragen der Raumordnung und der Planfeststellung zu erfolgen. Im Ergebnis sind dadurch Kompromisse unerlässlich.

Selbstverständlich wird dieser Prozess wissenschaftlich/fachlich vorbereitet. Die Grundlagen hierfür schafft die Bundesverkehrswegeplanung. Ebenso selbstverständlich müssen die Steuermittel, die für den Schienenwegebau eingesetzt werden, wirtschaftlich verwendet werden - aber nicht betriebs-, sondern volkswirtschaftlich. Die Grundlagen hierfür schafft das Bundeshaushaltsrecht.

Aus fachlicher Sicht ist Ihre Einschätzung, sehr geehrter Herr Ockfen, dass neue Schienenwege vor allem für den Hochgeschwindigkeitsverkehr mit nur wenigen Halten versehen werden sollten, so pauschal nicht richtig. Selbstverständlich hat die Zahl der Halte für eine Hochgeschwindigkeitstrecke entscheidende Bedeutung für die Reiseszeit. Frankreich oder Spanien profitieren hierbei von einer Siedlungsstruktur, die von nur wenigen, weit auseinander liegenden Zentren, geprägt ist. Die Siedlungsstruktur Deutschlands mit zahlreichen relativ verstreut liegenden Großstädten steht dem entgegen. Allerdings sind neben der bloßen Geschwindigkeit, die zwischen zwei Halten gefahren wird, auch die Häufigkeit der Fahrten und die Vertaktung von hoher Bedeutung für die Attraktivität des Verkehrsträgers Schiene. Das ist im deutschen Schienensystem leichter möglich als in Systemen, in denen die schnellsten Schienenfahrzeuge nur selten halten.

Schließlich besteht seitens der Schieneninfrastruktur nach der aktuellen Prognose des BMVBS für das Jahr 2025 eher ein Ausbaubedarf für den Schienengüterverkehr als für den - wie Sie richtig schreiben - sehr teuren Schienenhochgeschwindigkeitsverkehr.

Sehr geehrter Herr Ockfen,

nun konkret zu den von Ihnen angesprochenen Themen Bypass Mannheim und Offenburger Tunnel:

Im Bedarfsplan ist in einer Fußnote festgehalten, dass die "Einbindung des Schienenpersonenfernverkehrs im Raum Mannheim ausschließlich über den Hauptbahnhof Mannheim…" zu erfolgen hat, ein Bypass Mannheims also ausgeschlossen ist. Dies hat Gesetzescharakter. Nichts desto trotz wurden im Rahmen der Überprüfung des Bedarfsplans für die Schienenwege des Bundes 2010 die Konsequenzen dieser Fußnote aufgezeigt. Den gutachterlichen Abschlussbericht der Bedarfsplanüberprüfung finden Sie auf der Internetseite des BMVBS (siehe dort Kap. 9.14, Planfall 17: NBS Rhein/Main - Rhein/Neckar, S. 9-161). Im Rahmen der Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplans 2015 werden - unabhängig vom aktuellen Bedarfsplan - vsl. verschiedene Lösungsmöglichkeiten prognostizierter Engpässe im Raum Frankfurt - Mannheim geprüft werden.

Zum Offenburger Tunnel ist zu bemerken, dass aufgrund des Ergebnisses des Raumordnungsverfahrens die Planungen der DB Netz AG die oberirdische Durchfahrung von Offenburg im Zuge des viergleisigen Ausbaus vorsehen. Diese Planung gilt weiterhin. BMVBS und Land BW haben sich auf die Bildung eines Projektbeirates geeinigt. Der Beirat soll noch vor dem jeweiligen Planfeststellungsbeschluss die vorgeschlagenen Varianten bewerten, alternative Lösungsmöglichkeiten vorschlagen und Verbesserungen, zum Beispiel beim Lärmschutz, in das Verfahren einfließen lassen. Auf Wunsch der Region untersucht daher die DB Netz AG die grundsätzliche Eignung des Untergrundes für einen Tunnelbau. Entscheidungen zur Realisierung einer Tunnellösung sind damit nicht verbunden. Insbesondere darf die Verpflichtung des Bundes zu wirtschaftlichem und sparsamen Handeln bei der Finanzierung von Eisenbahninfrastrukturvorhaben nicht außer Acht gelassen werden.

Ich danke Ihnen für Ihr Engagement und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

gez. Dr. Peter Ramsauer

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