Frage an Petra Pau bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Petra Pau
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Frage von Ernest G. •

Frage an Petra Pau von Ernest G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Pau,

ich habe wieder Fragen an Sie bezüglich der aktuellen außenpolitischen Lage:

1.) Seit Anfang des Jahres geht da die Aufruhr durch die arabische Welt. Zunächst ging es in Tunesien los, Ben Ali musste gehen, anschließend folgte Mitte Februar Ägypten mit Mubarak. Dann schwappte es über nach z. B. Jemen (Saleh steht offensichtlich auch kurz vorm Sturz), Libyen (ausführlicher dann in Frage 2), Bahrain (Sunniten-Herrschaft vs. Schiiten-Bevölkerung) und jetzt auch nach Syrien (gegen Assad). Wie beurteilen Sie diese ganzen Ereignisse, und die jeweiligen Ziele der Aufständischen? Ich hoffe, dass da diese ganzen Diktaturen und totalitären Systeme verschwinden, und überall dann demokratisch und frei wird!

2.) Seit einigen Wochen geht nun der Aufstand in Libyen gegen Gaddafi, wo er sozusagen Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung führt. Mittlerweile führen Frankreich, USA und Großbritannien Luftangriffe gegen das Gaddafi-Regime. Wie sehen Sie die ganze Entwicklung in Libyen, und jetzt die ganzen Militäreinsätze von Frankreich, USA und Großbritannien gegen das Gaddafi-Gefolge? Deckt sich das Ihrer Meinung nach mit der UN-Resolution zur Flugverbotszone bzw. mit der UN-Charta?

3.) Was sagen Sie dazu, dass die Bundesregierung die NATO-Soldaten in Libyen entlasten will, indem sie die deutschen AWACS-Einheiten in den Afghanistan verlegt?

4.) Bei dem verheerenden Erdbeeben in Japan ist leider die Reaktoranlage Fukushima in Mitleidenschaft gezogen worden. Ist Ihrer Meinung nach dabei was gründlich schief gegangen, weil man da z. B. Atomkraftwerke auf erdbebengefährdete Gebiete errichtet hat? Bzw. was sollte die Konsequenz daraus sein aus dem Fukushima-GAU?

Ich würde mich sehr auf Ihre Antwort darauf freuen!

Mit freundlichen Grüßen

Ernest Goetz

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Sehr geehrter Ernest Goetz,

Sie haben mir ein Stakkato an Fragen gestellt. Ich versuche sie kurz zu beantworten.

Zur „Aufruhr“ in der arabischen Welt:
Sie kam für mich überraschend, sie ist vielfältig und sie ist unübersichtlich. Die Medien haben sich mehrheitlich auf die Beschreibung „Rebellen“ gegen „Diktaturen“ zurück gezogen. Aber wer oder was sind die „Rebellen“?

Es ist höchste Zeit, dass die feudalen Strukturen in arabischen und nordafrikanischen Ländern endlich aufgebrochen werden. Wobei es um Herrschaften geht, die jahrzehntelang von „westlichen Demokratien“ politisch hofiert und vielfältig gestützt wurden, auch militärisch

Eine weitere Frage verschwand schnell wieder aus unseren Medien, die soziale. Die Aufstände wurden wesentlich von jungen Leuten bewegt, die für sich, obwohl engagiert und gebildet, keine Zukunft sehen. Sind sie perspektivlos ob der Regime oder ob internationaler Konzernpraktiken oder ob beider?

Ich erinnere zudem: Im Krieg - in jedem Krieg - stirbt die Wahrheit zuerst. Oder anders gesagt. Traue keinem Bild vom Krieg und keinem Kommentar über Kriege, frei Haus geliefert auf die abendlichen Mattscheiben. Ich erlebe das allgemeine Verwirrspiel gerade wieder beim Krieg in und um Libyen.

Hinzu kommt: Die UNO hat ein Mandat ausgestellt, das nahezu alles zulässt, also nicht nur die Kontrolle des libyschen Luftraums zum Schutz der Zivilbevölkerung vor Angriffen des Gaddafi-Regimes. Auch der Einsatz von Nato-Boden-Truppen wurde mitnichten ausgeschlossen.

Und bei aller Eskalation stellen sich doch mindestens zwei Fragen. Warum haben die westlichen „Gut-Staaten“ ihre Waffenexporte an die bekämpften Regime nicht unterbunden? Und warum kaufen sie weiterhin „Gaddafi“-Öl und finanzieren dadurch seinen Feldzug? Das alles stinkt…

Die Position der Bundesregierung zu alledem ist wie häufig verlogen. Man will in Nordafrika keine deutschen Soldaten einsetzen und ist stattdessen bereit, mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, damit die USA ihre Truppen gen Afrika verlagern können. Nicht aus Vernunft, sondern bündnistreu.

Nun zur dreifach Katastrophe in Japan:
Die naheliegende Antwort kann nur heißen: „Raus aus der Atomenergie!“ Und zwar doppelt. Die Atomwaffen müssen endlich vollständig vernichtet werden und die genauso gefährliche zivile Nutzung dieser nachweislich unbeherrschbaren Energie muss ebenso umgehend beendet werden. Alles andere wäre ein unverantwortliches - tödliches - Risiko für Mensch und Natur.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau

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