Stimmt es, dass die Linke gegen das Verbot von Kinderehen gestimmt hat?

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Petra Pau
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Frage von Uwe K. •

Stimmt es, dass die Linke gegen das Verbot von Kinderehen gestimmt hat?

Sehr geehrte Frau Pau,
Kinderehen sind ein furchtbares Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie nehmen Kindern die Möglichkeit sich selbstbestimmt zu entwickeln. Man handelt nicht mit Kindern wie mit Schafen und Kamelen, die Täter müssen bestraft werden und natürlich gegebenenfalls finanziell zur Verantwortung gezogen werden. Ich finde es beängstigend, dass bestimmte Gruppen versuchen auch in Deutschland das Rad der Geschichte zurückzudrehen, gehören Sie dazu?

MfG
U. K.

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Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage. Einig sind wir uns, dass Kinder und Jugendliche weltweit nicht heiraten sollten, und Zwangsehen sind bereits zu Recht verboten. Die Herausforderung liegt darin, angemessen auf bestehende Kinderehen zu reagieren.

Das Abstimmungsverhalten unserer Fraktion bezog sich auf juristische Angelegenheiten. 2017 präsentierte die Große Koalition einen Gesetzesentwurf, der vorsah, Ehen, bei denen ein Ehepartner bei der Schließung minderjährig, aber mindestens 16 Jahre alt war, grundsätzlich für aufhebbar zu erklären. Dies würde bedeuten, dass solche Ehen wie bei einer Scheidung aufgelöst werden, jedoch ohne Antrag der Ehepartner. Die Ansprüche der Ehepartner blieben erhalten, was insbesondere für mögliche Unterhaltsansprüche und die Rechte der Kinder wichtig ist. Es ist wichtig, dass es so geregelt ist. Neu war die Absicht, dies nicht mehr optional, sondern zum Regelfall zu machen.

Für Eheschließungen von Kindern unter 16 Jahren sollte künftig gelten, dass sie nicht mehr aufhebbar, sondern von Anfang an nichtig wären. Nichtigkeit bedeutet, dass die Ehe praktisch nie existiert hat, ohne dass ein Gericht darüber entscheiden müsste. Dies bringt jedoch zusätzliche Risiken und Nachteile für die betroffenen Minderjährigen mit sich. Die Mehrheit der Expertenkommission und auch das Deutsche Institut für Menschenrechte warnen vor solchen pauschalen Regelungen. Die Betroffenen dürften nicht familienrechtlicher Ansprüche und Absicherungen beraubt werden.

DIE LINKE plädiert daher dafür, auch in diesen Fällen eine Aufhebung der Ehe zu prüfen, um das Wohl der Minderjährigen zu schützen. Aufgrund unserer Bedenken haben wir gegen den pauschalisierenden Gesetzesvorschlag gestimmt. Das Bundesverfassungsgericht kassierte das Gesetz im März dieses Jahres aufgrund dieser Problematik. Statt Pauschallösungen benötigen wir sorgfältige Einzelfallprüfungen durch kompetentes Personal in der sozialen Betreuung, Jugendämtern und Gerichten.

Eine Übersicht meiner parlamentarischen Arbeit finden Sie unter www.petra-pau.eu.

Mit freundlichen Grüßen,

Petra Pau

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