Frage an Priska Hinz bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Priska Hinz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martin H. •

Frage an Priska Hinz von Martin H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Hinz,

Als Bildungspolitikerin sind Sie es gewohnt, den Afghanistankrieg der NATO auch bildungspolitisch zu rechtfertigen: Dadurch, dass die Karzai-Regierung mit unserer Hilfe die kontrolle über große Teile des Landes besitzt, konnten in der Vergangenheit viele Mädchenschulen gegründet werden.

Aber meine Frage ist die nach der Moral: Kann man es ethisch rechtfertigen, für ein kulturpolitisches Ziel viele tausende Menschen zu töten? Seit dem Einmarsch der westlichen Truppen haben wir mindestens 10.000, vielleicht aber sogar 30.000 oder mehr Afghanen getötet, die uns nichts getan haben. Die Obama-Regierung eskaliert den Krieg weiter (mit Zustimmung des Bundestages, einschließlich der Grünen), so dass es ab jetzt noch viel mehr Tote geben wird, für die der Westen verantwortlich ist, also auch Sie und ich.

Ist solche massenhafte Anwendung von tödlicher Gewalt nicht ein Ausdruck von Fundamentalismus, der vergleichbar ist mit dem Fundamentalismus der Taliban? Welche ethischen Prinzipien bringen Sie dazu, diesem Krieg Ihre Zustimmung zu geben?

(Viele Kriegsbefürworter rechtfertigen die Gewalt gegen Afghanen durch Sicherheitsargumente: Deutschland werde dadurch sicherer. Ich nehme an, dass Sie nicht so naiv sind, das zu glauben, denn alles spricht dagegen, vgl. z.B. diesen Bericht: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,633832,00.html )

Meine Frage ist also: Wie kann Bildung für afghanische Mädchen rechtfertigen, dass man ihre Väter und Brüder tötet und nebenbei das versehentliche Bombardieren von Hochzeitsgesellschaften in Kauf nimmt?

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen, denn das Verhalten Ihrer Fraktion (und anderer Bundestagsabgeordneten) ist mir ein großes Rätsel.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Martin Haspelmath

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Haspelmath,

die Bundeswehr nimmt an der von der NATO geführten ISAF-Mission in Afghanistan teil, um ein kriegsgeschütteltes Land zu stabilisieren und um Demokratie und Menschenrechten zum Durchbruch zu verhelfen. Sie nimmt dabei eine Schutzverantwortung gegenüber der Zivilbevölkerung wahr, die von einem Mandat der Vereinten Nationen gedeckt ist.

Der Auftrag der Bundeswehr besteht dabei ausdrücklich in der Stabilisierungsunterstützung. Aus diesem Grund stellen das Training von afghanischen Polizisten und Sicherheitskräften sowie zivile Aufbaumaßnahmen einen zentralen Teil der integrierten Strategie des deutschen Afghanistaneinsatzes dar.

Durch in letzter Zeit verstärkte Angriffe von Aufständischen auf die Bundeswehr kam es vermehrt zu Kampfhandlungen, bei denen auch vereinzelt Zivilisten getötet wurden. Dabei sind bisher zwei Fälle bestätigt, in denen die Bundeswehr unbeabsichtigt unbeteiligte Zivilisten tötete. Die von Ihnen genannten Opferzahlen kann ich in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehen.

Der Unterstützungseinsatz der Bundeswehr zur Wahrnehmung der Schutzverantwortung gegenüber den Afghaninnen und Afghanen und ihren elementaren Menschenrechten ist gerade jetzt, wenige Wochen vor der Wahl, von besonderer Bedeutung.

Ich sehe daher momentan keine Alternative zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan.

Herzliche Grüße

Priska Hinz