Frage an Ralf Brauksiepe bezüglich Recht

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Ralf Brauksiepe
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Frage an Ralf Brauksiepe von Frank T. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Brauksiepe,
Alle Sport- und Privatpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?

Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?

Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem ein Terroranschlag ausging. Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!

Warum werden diese nicht zum gläsernern Bürger gemacht, sondern nur ausgerechnet die harmlose Minderheit der Sportpiloten?

Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben? Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?

Werden Freiheit und Demokratie und Menschenwürde dadurch geschützt, dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?

Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?

Wir würden Sie gerne auch mal zu einem kleinen Rundflug bei uns einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, dass wir keine verdächtigen Kamikazeterroristen sind. Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz! Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.

Wir appellieren an die Vernunft und das Demokratieverständnis unserer Politiker, denn wir ersticken aktuell in völlig groteskem Bürokratenwahn.

Es gibt z.B. auch Radfahrer, die nachts in betrunkenem Zustand unterwegs sind oder plötzlich durch eine Herzattacke Schäden verursachen.

Wer käme aber auf die völlig absurde Idee, deshalb prinzipiell bei allen Radfahrern einen regelmäßigen, bis über 1000,- Euro teuren und totalen Gesundheits-check anzuordnen nur um zu verhindern, dass vielleicht einer von ihnen infolge einer Kolik, plötzlicher Kopfschmerzen oder ähnlicher gesundheitlicher Unvorhersehbarkeiten die Allgemeinheit schädigt und mit dieser wirklich verrückten Begründung das "überaus gefährliche Radfahren" zunächst einmal prinzipiell zu verbieten?

Genau diese, uns nur gängelnde Behördenwillkür, aber wird genauso an uns - erwiesen harmlosen Segel - und Motorfliegern derzeit regelmäßig und in ganz großem Stil vollzogen.

Der Irrsinn nennt sich "JAR-FCL 3 deutsch"
und wurde uns vom gottvaterähnlichen BMVBW - nach Falschübersetzung aus dem Englischen - rücksichtslos einfach verordnet.

Selbst eine Grippeimpfung oder simple Schwangerschaft führt nach wortwörtlicher Auslegung dieses irrealen Schwachsinns zu sofortigem Ruhen der Pilotenlizenz!

Die staatlichen Forderungen an die Gesundheit eines z.B. über 60-jähriger Segelfliegers sind in Deutschland - weltweit einmalig ! - durchaus vergleichbar mit jenen, die an einen jungen und gesunden Jumbo-Kapitän oder an einen Kampfjetpiloten gestellt werden, so eine Art "Marsflugtauglichkeit", die kaum einer in diesem Alter mehr erbringen kann. Die alten, erfahrenen Funktionsträger in unseren Vereinen drohen daher auszusterben und für die Jüngeren wird es einfach zu teuer ( bis 1200.- Euro für eine Erstuntersuchung! ), weil sie neuerdings eine perfekte - und damit völlig übertriebene - Gesundheit nachweisen müssen.

Wir empfinden dies als eine kulturlose, zutiefst misstrauische, ja überaus groteske Rücksichtslosigkeit gegenüber Minderheiten, welche zudem in ihrer Maßlosigkeit gegen bestehende Gesetze (BGG und OBG) verstößt, aber dennoch gegen alle Vernunft und Sachlichkeit von deutschen Behörden eisern verteidigt wird, obwohl dieser pure Unfug - durch wissenschaftliche Untersuchungen klar bewiesen - keinerlei ( NULL ! ) Sicherheitsgewinn bringt!

Aus diesen Gründen gibt es so etwas in den USA überhaupt nicht!

Wir bitten Sie sich unter www.jar-contra-de -forum at extern einmal ein Bild der kochenden Volksseele (und Wähler) zu machen.

Diese Flieger, die in großem Male soziale Verantwortung tragen, Jugendliche in frühem Stadium von der Straße und auf die Flugplätze holen, der Bevölkerung regelmässig mit Mitflug-Gelegenheiten und Flugplatzfesten Freude bereiten sollen unter dem Deckmantel der angeblichen Terrorismus-Bekämpfung (die Fachleute sind sich über den Unsinn der Maßnahmen einig) nur noch gegängelt werden. George Orwell "1984" läßt grüßen (die Lektüre dieses Buches ist sehr zu empfehlen).

Einige Maßnahmen der Bundesregierung (siehe Erstellung der EDR´s um Kernkraftwerke) bewirken in der Praxis genau das Gegenteil nämlich eine Publizierung dieser Gebiete im Internet (vorher kannte sie keiner) mit genauen Koordinaten etc.

Dagegen wehren wir uns.

Flugverbot über dem Zentrum von Berlin ist doch ein typischer, völlig populistischer und sinnloser Akt. Er impliziert die merkwürdige Vorstellung, dass ein Terrorist sich durch ein unsichtbares Verbotsschild abschrecken lässt. Als könnte man durch Halteverbote vor Banken in den Innenstädten Banküberfälle verhindern?

Ähnlich groteske und nur aktionistische Vollzüge häufen sich derzeit bei den Sport- und Privatfliegern, die sich neuerdings einer wirklich totalen "freiwilligen" Zuverlässigkeitsuntersuchung (§7 LuftSiG) unterziehen müssen, bei der sämtliche Geheimdienste der Welt (auch die alte Stasiakten!) und selbst der Arbeitgeber zur Auskunft einbezogen werden. Als würde sich irgendein Terrorist vorher dieser Untersuchung stellen. Der fliegt nämlich einfach vom Ausland ein oder nimmt einen Lastwagen, der viel mehr Sprengstoff tragen kann als jedes Leichtflugzeug.

Alles bewirkt nur den gläsernen Bürger und eine Menge unsinniger Bürokratie und die Stasi wäre stolz darauf gewesen, hätte sie schon diese Möglichkeiten gehabt. Auch eine künftige radikale Regierung findet solche "Notstandgesetze" bereits vor! Eine schreckliche Vorstellung, dass wir vielleicht denen schon jetzt in die Hand arbeiten!

Mit denselben Argumenten kann auch jeder Führerscheinbesitzer "durchleuchtet" werden und auch jeder Rucksackträger und dies ist sogar noch besser begründbar, da bisher jede Menge Autobomben in den Innenstädten explodiert sind. Es war aber noch niemals ein Sportpilot darunter!! Sind Sie der Meinung, dass hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist?
Sind Sie der Meinung, dass so die Würde des Menschen unangetastet bleibt, wenn solche willkürliche Schnüffelei über die Minderheit der Sportflieger kommt. Wissen Sie, dass die Sportflieger dies "freiwillig" unter Androhung von Lizenzverlust beantragen müssen?

Sind unsere führenden Regierungsvertreter inzwischen nicht mehr beeinflusst von psychisch Kranken (Motorseglerpilot über Frankfurt) und Selbstmördern (Absturz neben dem Reichstag), als von normalen Bürgern (Sportpiloten), die nicht mehr gehört werden?.

Was ist eine freiheitliche Demokratie noch wert, wenn sie so mit ihren Minderheiten umgeht?

Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend abschafft?

Das Bundesverfassungsgericht hat vor ganz kurzer Zeit, eine ähnliche Telefonspionage - ohne jeden Verdacht - als nicht verfassungskonform bezeichnet.

Es gibt bei uns jetzt erneut und aktuell keinerlei Grenze zum Ausspionieren durch jede unkontrollierte Bürokratenwillkür und wir werden wohl demnächst wegen jeder Kleinigkeit vom Himmel geholt. Wir werden sogar genötigt, den Antrag sofort zu stellen. Ansonsten werden wir mit sofortigem Linzensentzug bedroht!

Was werde Sie, als künftiger Abgeordneter, dagegen tun?

Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung im Orwellschen Sinne?

Können Sie mir als Kandidat einer großen "Volkspartei" diese Fragen befriedigend beantworten?

Wir würden Sie gerne auch mal zu einem kleinen Rundflug bei uns einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, dass wir keine Terroristen sind, sondern normale Menschen, die nur um ihre freiheitliche Grundrechte fürchten.

Anruf genügt - Tel . 02431-73811 (Büro)
Abschließend sei vielleicht noch gesagt, daß in unseren Augen der Terrorismus augenscheinlich sein Ziel erreicht (zumindest in Deutschland mit seiner Überbürokratierung - es fehlt langsam die Luft zum Atmen). Das Ziel ist nicht notwendigerweise Attentate sondern zunächst einmal das Aushebeln der Strukturen / der Wahnsinn von totaler Behördenwillkür und die Zerstörung des öffentlichen Lebens - wir sind auf einem guten Weg :-(

Was Deutschland braucht, sind offene Augen und Bürger, die sich in ihrem Lande wohl fühlen und eine Gemeinschaft bilden um dem Schrecken des Terrors zu begegnen.

Dieses wird augenscheinlich nicht gesehen und man gaukelt der Bevölkerung mit völlig unsinnigen und fachlich völlig idiotischen Maßnahmen eine trügerische Sicherheit vor, die es nicht gibt. Frei nach dem Motto "Wir haben doch alles getan und waschen unsere Hände jetzt in Unschuld"

In Erwartung Ihrer Nachricht verbleibe ich
Hochachtungsvoll

Frank Thies

Portrait von Ralf Brauksiepe
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Thies,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 09. August 2005, in der Sie sich kritisch mit dem Thema Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Luftsicherheitsgesetz auseinander-setzen.

Seit dem Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes (LuSiG) am 15. Januar 2005 müs-sen sich ca. 30.000 Sportpiloten einer jährlichen und gebührenpflichtigen Zuverläs-sigkeitsüberprüfung unterziehen. (vgl. § 7 Absatz Satz 4 LuSiG). Grundlage für diese Maßnahme war ein Gefährdungsgutachten des Bundeskriminalamtes, in welchem auch Sportflugzeuge und deren Piloten – vor dem Hintergrund der Anschläge vom 11. September 2001 – als potenzielle Bedrohung eingestuft wurden. Die Innenminis-terkonferenz der Länder (IMK) hat auf dieser Grundlage eine entsprechende Forde-rung an den Gesetzgeber gestellt.

Die Union hat bereits während der parlamentarischen Beratungen auf die verfas-sungsrechtlichen Probleme des Luftsicherheitsgesetzes hingewiesen. Im Gegensatz zu Rot-Grün war die Union stets darauf bedacht, Rechtssicherheit für die politischen Entscheidungsträger und die betroffenen Piloten zu schaffen. Hierzu ist unserer Auf-fassung nach eine Klarstellung im Grundgesetz dringend erforderlich. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat in ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (BT-Drs. 15/2649) die notwendige Klarstellung vorgelegt. Bedauerlicherweise konnte sich die rot-grüne Koalition nicht zu einer Klarstellung durchringen. Als Union haben wir das Luftsicherheitsgesetz daher als Ganzes abgelehnt. Auch in den Beratungen im Bundesrat hat die Union mehrere Änderungsvorschläge vorgelegt. Im Vorder-grund stand für die Union vor allem die Streichung von Art. 1 § 7 Abs. 1 Nummer 4 LuftSiG. Die Union kritisierte vor allem, dass sämtliche Luftfahrer, insbesondere Luft-sportgeräteführer sich hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit überprüfen lassen müssten.

So haben sich erwartungsgemäß bei der Umsetzung der Zuverlässigkeitsüberprü-fung einige Probleme ergeben. In erster Linie betrifft das die Kosten der Überprü-fung, das jährliche Intervall und schließlich die Tatsache, dass Sportpiloten mit aus-ländischen Lizenzen nicht unter den § 7 Absatz 1 LuSiG fallen und insofern von einer Überprüfung ausgenommen sind.

Lassen Sie mich zu den einzelnen Punkten im folgenden Stellung nehmen:

a) Kosten

Bereits am 1. Februar 2005 wurden durch Bezirksregierungen einige Luftsportler aufgefordert, sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung zu stellen. Dabei wurden Kosten in Höhe von ca. 200 Euro genannt. Ein derartiger Kostenrahmen ist unrealistisch. Vielmehr rechnet das Bundesinnenministerium in Abstimmung mit den Ländern mit Kosten in Höhe von 30 – 40 Euro. Darüber hinaus ist die Durchführung dieser Zuver-lässigkeitsüberprüfung ohne die Existenz einer Durchführungsverordnung (DVO), allein durch einen Erlass des Bundesinnenministeriums zum einen nicht sinnvoll und zum anderen rechtlich fragwürdig. An der DVO arbeitet derzeit das Bundesinnenmi-nisterium gemeinsam mit den anderen beteiligten Ressorts. Nach der Ressortab-stimmung wird es zu einer Abstimmung der DVO mit den Ländern kommen, schließ-lich werden auch die Verbände, so auch der Deutsche Aero-Club, an der DVO beteiligt.

b) Überprüfungsintervall

Das Luftsicherheitsgesetz sieht vor, dass sich Piloten in einem jährlichen Intervall einer Zuverlässigkeitsüberprüfung stellen müssen. Ein jährliches Überprüfungsinter-vall ist sicher keine optimale Lösung. Allerdings ist es ohne die Einführung der Nach-berichtspflicht derzeit nicht möglich, ein drei- oder fünfjähriges Intervall einzuführen, was aus Sicht der Betroffenen sicher wünschenswert wäre. Die im Gesetz fehlende Nachberichtspflicht ist das Ergebnis der Aktion der rot-grünen Bundesregierung, das Gesetz zustimmungsfrei vom Deutschen Bundesrat zu machen. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war eine Nachberichtspflicht vorgesehen, die Rot-Grün kurzfristig ge-strichen hat. Diese „Verschlimmbesserung“ des Gesetzes kostet den Sportpiloten heute Zeit, Geld und Nerven. Abgesehen davon halte ich eine intelligente Berichts-pflicht für die bessere Lösung. Konkret wäre es wünschenswert, wenn es einen Me-chanismus gäbe, der Vereine, Verbände und Sportpiloten zur Meldung von Auffällig-keiten verpflichten würde, die dann in einer bundesweiten Datei verfügbar sind. Schließlich müssen bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung Regelungen gefunden wer-den, die altgediente und erfahrene Piloten anders einstuft, als Jüngere und Flugschüler.

c) Ausländische Lizenzen

Deutsche Piloten, die im europäischen Ausland eine Lizenz erworben haben (nach JAR-FCL-Standards, Joint Aviation Regulations – Flight Crew Licences), fallen nicht unter § 4 LuSiG und können von deutschen Luftsicherheitsbehörden nicht überprüft werden. Auf die Problematik, dass deutsche Piloten, die Ihre Lizenz im Ausland er-worben haben bzw. ausländische Piloten mit ausländischer Lizenz, die in Deutsch-land fliegen nicht unter die Regelungen zur Zuverlässigkeitsüberprüfung fallen, hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erst kürzlich erneut den Bundesinnenminister hin-gewiesen. Nach Mitteilung des Innenministeriums plant die Bundesregierung, im Rahmen einer europäischen Harmonisierung, diesen Missstand abzustellen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Luftsicherheitsgesetz insgesamt ein schlecht gemachtes, verfassungsrechtlich nicht haltbares und in weiten Teilen un-brauchbares Gesetz ist. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat für den 9. November 2005 eine mündliche Verhandlung über das Luftsicherheitsgesetz ange-ordnet. Sollte Karlsruhe das LuSiG als nicht verfassungsgemäß beurteilen, ist ein grundlegend neues Gesetz notwendig. Es ist selbstverständlich, dass dann auch die Luftsportler bzw. deren Verbandsvertreter, in die Erarbeitung einbezogen werden und Lösungen im dargelegten Rahmen gefunden werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ralf Brauksiepe MdB