Wer konkret bestimmt, wo Deutschland im Ausland seine "Freiheit" verteidigen muss? Bestimmen das politische Eliten, nach im endeffekt globalen wirtschaftlichen Interessen, Kampf um Rohstoffe?

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Ralf Stegner
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Frage von Hans M. •

Wer konkret bestimmt, wo Deutschland im Ausland seine "Freiheit" verteidigen muss? Bestimmen das politische Eliten, nach im endeffekt globalen wirtschaftlichen Interessen, Kampf um Rohstoffe?

Herr Stegner,

ich respektiere sehr, dass Sie einer der Wenigen in der SPD sind, deren Meinung glaubwürdig, nicht wie eine Wetterfahne, rüberkommt.

2 Fragen an Sie, als Leiter des Afghanistan Untersuchungsauschuss.

1. Was eigentlich untersucht dieser Ausschuß und was soll dabei konkret herauskommen? Erwarten Sie igerndwelche spürbare Konsequenzen? Glauben Sie persönlch, dass egal welches Ergebnis ihr Ausschuss vorlegt, es mehr als ggf. nur eine beiläufige Tagesmeldung in der Presse geben wird?

2. Erst als die USA dort waren sind auch wir hin. Als die USA weg waren, sind auch wir weg. Zufall?

Unser Afghanistaneinsatz hat Soldatenleben gekostet und sicher Milliarden Steuergelder dazu.

Begründet wurde uns dies damit, dass wir dort unsere "Freiheit am Hindukusch" verteidigen.

Herr Stegner, jetzt herrschen dort wieder, wie zuvor, die Taliban.

Warum ist es heute, nachdem die USA ihre Politik geändert haben, nicht mehr notwendig, dass wir unsere "Freiheit am Hindukusch" verteidigen müssen?

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Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Fragen an mich. Bitte entschuldigen Sie, dass Sie noch keine Antwort erhalten haben. Es erreichen mich täglich eine sehr große Anzahl von Zuschriften und es ist mir ein persönliches Anliegen, auf die Zuschriften in angemessenem Umfang zu reagieren.

Zunächst möchte ich gerne betonen, dass der Auslandseinsatz der deutschen Bundeswehr in Afghanistan durchaus auch positive Auswirkungen auf die afghanische Zivilbevölkerung hatte. Zu den Hauptaufgaben der deutschen Soldat:innen bei ihrem Einsatz gehörte es neben der Sicherheitsverantwortung für den Norden Afghanistans und der Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte genauso dazu, Brunnen, Brücken, Krankenstationen oder Schulen zu bauen. Von diesen Maßnahmen profitierten zu großen Teilen auch afghanische Zivilist:innen, sodass in dieser Zeit Bereiche wie Frauenrechte, Bildung oder Klimaschutzprojekte vorangebracht werden konnten. Dass die Taliban nun wieder die Kontrolle über das Land haben, ist desolat. Dennoch ist es als positiv anzusehen, dass im Land eine Generation groß geworden ist (nach 2001 geborene Menschen), die eine gewisse Prosperität und Sicherheit erlebt hat und etwas anderes als die enge und düstere Welt einer islamistischen Diktatur kennt. Ob das Folgen für die Zukunft haben wird, bleibt abzuwarten.

Auftrag des Untersuchungsausschusses Afghanistan ist es, sich ein Gesamtbild zu den Erkenntnissen, dem Entscheidungsverhalten und dem Handeln der Bundesregierung einschließlich involvierter Bundesbehörden und Nachrichtendienste zu verschaffen. Dazu zählt auch die Untersuchung der stattgefundenen Zusammenarbeit zwischen deutschen und ausländischen Akteuren sowie des Ablaufs der militärischen Evakuierungsoperation und des Umgangs mit den afghanischen Ortskräften. Das Hauptziel liegt damit einerseits in der Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes und andererseits, damit einhergehend, dem Ziehen von Konsequenzen, um künftig Fehler zu vermeiden und besser vorbereitet zu sein. Falls Sie Interesse daran haben, finden Sie weitergehende Informationen zum Untersuchungsausschuss auch auf der Website des Bundestags unter folgendem Link: https://www.bundestag.de/ausschuesse/untersuchungsausschuesse/ua01

In Bezug auf die öffentliche Aufmerksamkeit zu unserem im nächsten Jahr erscheinenden Abschlussbericht hoffe ich natürlich sehr, dass diesem eine breite öffentliche Aufmerksamkeit zukommt. Szenen, wie sie damals unter anderem am Flughafen von Kabul stattgefunden haben, dürfen sich nicht wiederholen. Es war ein unrühmliches Ende für diesen längsten Militäreinsatz der deutschen Bundeswehr als demokratische Parlamentsarmee. Ein solches Ende haben weder die Afghan:innen, die deutschen Ortskräfte, die vielen zivilen Entwicklungshelfer:innen oder Soldat:innen verdient. Deutschland trägt ebenfalls Verantwortung für diese Ereignisse. Der Öffentlichkeit zu zeigen, dass wir vergangene Versäumnisse und Fehler ernst nehmen und aufarbeiten, anstatt sie zu ignorieren, erachte ich auch im Sinne unseres politischen Auftrags deshalb als elementar. Welche Wichtigkeit dem Thema in der Presse letztlich zukommt, liegt aber vor allem in den Händen der Medienverantwortlichen.

Bezüglich unserer Einsatzzeit im Afghanistan möchte ich des Weiteren gerne betonen, dass wir eng mit unseren westlichen Partnern und NATO-Verbündeten zusammenarbeiten und uns gegenseitig abstimmen. Es ist selten so, dass ein Staat allein einen Auslandseinsatz vornimmt. Die USA verfügen außerdem, wie Sie wissen, über die umfangreichsten militärischen Ressourcen unter allen deutschen Partnern. Dieser Aspekt wird von Politikern selbstverständlich auch in die Überlegungen zu deutschen Auslandseinsätzen einbezogen und kann Auswirkungen auf die Entscheidung haben.

Nochmals vielen Dank für Ihre Fragen zu diesem so wichtigen Thema an mich.

Mit freundlichen Grüßen
Ralf Stegner

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