Frage an Renate Schmidt bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Renate Schmidt
MLPD
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Frage von Joachim W. •

Frage an Renate Schmidt von Joachim W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Schmidt,

was ist denn in Ihren Augen echter Sozialismus? Müßte man um dies zu erreichen hierzu nicht die komplette echte Bevölkerung der Bundesrepublik und deren Grundgesetz auswechseln?

Freundliche Grüße

Antwort von
MLPD

Sehr geehrter Herr Wald,

Vielen Dank für Ihre Frage.

Der Begriff "echter" Sozialismus wurde von der MLPD geprägt, um den Unterschied zum "verratenen" Sozialismus deutlich zu machen. Nachdem der Sozialismus unter schwierigsten Bedingungen in der Sowjetunion, DDR, China und anderen Ländern aufgebaut wurde und große Erfolge und Errungenschaften hatte, geschah Mitte der 1950iger Jahre in der Sowjetunion, DDR und in China nach dem Tode Mao Tsetungs etwas historisch neues: Die Denkweise der führenden Funktionäre der kommunistischen Parteien verwandelte sich in ihr Gegenteil: aus selbstlosen, bescheidenen Dienern des Volkes wurden machtverliebte, karrieresüchtige Herren des Volkes, aus aufrechten Kommunisten wurden sozusagen neue Ausbeuter und Unterdrücker. Um die Leute zu täuschen schwenkten sie weiterhin die Rote Fahne und dreschten andauernd sozialistische Phrasen. In Wirklichkeit zerstörten sie den Sozialismus und errichteten eine neue bürokratisch-kapitalistische Ordnung. Sie kennen diese roten Phrasen vielleicht noch von Erich Honnecker, in China bezeichnen sich die neuen Herren immer noch als "Kommunisten". Schrecklich! Mao Tsetung würde sich im Grabe rumdrehen. Diesen Verrat am Sozialismus ausgehend von den kommunistischen Führern selbst hat die MLPD gründlich analysiert und daraus unter anderem die Lehre von der Denkweise entwickelt. In der MLPD gewährleistet ein System der Selbstkontrolle, dass die MLPD ihren sozialistischen Kurs behält, sich nicht anpasst und unsere gewählten Leitungen keine Starallüren, Machtdünkel, keine Privilegien bekommen.

Sozialismus bedeutet, dass das Privateigentum an Produktionsmittel, also Fabriken, Anlagen, Maschinen, Verkehrssysteme u.s.w. abgeschafft wird und in Volkseigentum übergeht. Sozialismus will also die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abschaffen. Heute diktieren ca. 500 Monopole die Welt. Ihr gnadenloser Konkurrenzkampf, Profitmaximierung und Spekulation treibt die Welt von einer Krise in die andere und verschärft alle Menschheitsprobleme wie Hunger, Kriege, Umweltzerstörung. Diese Produktionsmittel, die modernen Produktivkräfte sollen nicht mehr der Bereicherung weniger dienen, sondern allen Menschen zugute kommen und das in Einheit von Mensch und Natur. Das geht nur, wenn die ehemaligen Ausbeuter, Supperreichen, Profiteure und Machthaber des alten kapitalistischen Systems durch die Diktatur des Proletariats in Schach gehalten werden, damit sich überhaupt die breiteste Demokratie für die Massen verwirklichen läßt. Sozialismus heißt also Unterdrückung der alten Machthaber und Organisierung der breitesten Initiative und Demokratie für die Massen. Der Sozialismus ist kein Paradies, sondern eine Übergangsstufe zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft. In unserem Parteiprogramm wird der Sozialismus so definiert: "Der Sozialismus ist die Zusammenfassung der fortgeschrittensten Ideen und Errungenschaften der Menschheit. Er ist kein ausgedachtes Schema und schon gar keine Gleichmacherei, sondern erwächst aus dem vielfältigen Leben und Kampf der Massen. Er ist der nächste gesellschaftliche Schritt vorwärts, in dem der revolutionäre Fortschritt der Produktivkräfte zum Nutzen der ganzen Gesellschaft angewandt wird."

Das Grundgesetz der BRD ist zweischneidig. Es enthält wichtige demokratische Rechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsrecht, Gleichberechtigung von Frau und Mann, Religionsfreiheit u.s.w., was wir auch immer verteidigen werden. Aber es schützt eben auch das Recht auf Privateigentum an Produktionsmittel und somit das Recht auf Ausbeutung der Arbeiter. Zudem steht natürlich viel auf dem Papier, was in der Realität ganz anders aussieht. Es ist, wie das Bertolt Brecht sinngemäß formulierte: "Das Recht in seiner majestätischen Gleichheit verbietet es den Reichen wie den Armen, Brot zu stehlen und unter Brücken zu schlafen." Ich würde also im Sozialismus eine neues Grundgesetz befürworten, das breit unter der Bevölkerung diskutiert, verabschiedet und um seine Umsetzung in die Realität gerrungen wird. Das würde die Ausbeutung von Mensch und Natur verbieten, und den Grundsatz verwirklichen: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung. Und es müßte gerade die Einheit zwischen Diktatur des Proletariats (gegenüber den alten Machthabern bzw. neuen Emporkömmlingen) und der Entfaltung der breiten Demokratie der Bevölkerung organisieren.

Die Bevölkerung "auswechseln" will ich nicht. Wohl aber muss sich tatsächlich das Bewußtsein verändern. Da haben Sie vollkommen recht. Aus der heute durchaus weit verbreiteten Kritik am Kapitalismus muss die Erkenntniss wachsen, dass es eine Alternative gibt und dass man dafür kämpfen muss. Diese Alternative des Sozialismus soll durch die permanente antikommunistische Hetze verbaut werden. Alle möglichen Lügen, Halbwahrheiten, Verfälschungen und Verleumdungen gegen den Sozialismus geistern durch Medien, Bücher und Schulen, der Verfassungsschutz verleumdet die MLPD als "linksextremistische Sekte", unser Parteivorsitzende würde "Personenkult" betreiben und lauter solche Gräuelgeschichten. Die MLPD wird in den Medien in der Regel totgeschwiegen, unsere Analysen, Programm, Forderungen und Ziele soll niemand kennen lernen. Das ganze hat nur einen Zweck: Sie sollen sich nicht mit dem Sozialismus beschäftigen, weder mit seinen Errungenschaften noch mit seinen wirklichen Fehlern um daraus zu lernen, nicht mit der MLPD, nicht mit der Wissenschaft des Marxismus-Leninismus. Deshalb kandidieren wir auch zur Bundestagswahl, weil wir hier etwas mehr Möglichkeiten als sonst haben unsere Standpunkte zu verbreiten und Überzeugungsarbeit zu machen. Auch das Umweltbewußtsein muss sich höher entwickeln. Wir sind schon im Übergang zu einer globalen Umweltkatastrophe, welche die Menschheit vor den Scheideweg stellt: Entweder stirbt der Kapitalismus oder es stirbt der Mensch. Ja Sie haben recht, die Menschen müssen sich verändern, und ich auch und meine Genossinnen und Genossen. Wir sprechen sogar von einer nötigen Selbstveränderung der MLPD und der Massen. Wir müssen Verantwortung für diesen Planeten übernehmen und die beginnt im Kopf, wenn man diesen frei macht von antikommunistischen Vorurteilen, wenn man sich einen eigenen Kopf macht und sich nicht zufrieden damit gibt, dass der "Mensch eben zu schlecht für den Sozialismus sei". Es ist anders: die Menschheit stellt sich immer Aufgaben, deren Zeit gekommen ist und die sie auch lösen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Renate Schmidt