Wie lange noch sollen unserer Soldaten im Ausland agieren?

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Roderich Kiesewetter
CDU
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Frage von Heike R. •

Wie lange noch sollen unserer Soldaten im Ausland agieren?

Sehr geehrter Herr Kiesewetter,
überall,wo wir gemeinsam mit den USA "Demokratie" bringen wollten (Libyen, Afghanistan, Irak, Syrien,...) herrschen heute, Destabilisierung, Konzeptionslosigkeit, Anarchie, Flüchtlingsströme, Terror....
Die USA haben jetzt die einzig richtigen Schlüsse gezogen und werden wohl nicht mehr militärisch anderen Kulturen die westlichen Werte bringen wollen.
quelle: https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/usa-praesident-joe-biden-erklaert-ende-einer-aera-nach-afghanistan-rueckzug-77550188.bild.html
Warum reift bei uns nicht ein derartiger Entschluss? Warum gefährden wir z.B. in Mali weiter das Leben unserer Soldaten?
Wieso wollen wir,anders als unser Verbündeter USA, militätrisch im Ausland aktiv sein?
Sind wir nicht lernfähig,wie die USA?
quelle: https://www.bpb.de/politik/grundfragen/deutsche-verteidigungspolitik/243585/weltkarte-auslandseinsaetze

Heike Rogall

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau R.,

in der Theorie mag es zunächst einfach erscheinen: Aus allen Konflikten raushalten und die vielen Krisenherde sich selbst überlassen. Dann kann man auch nichts falsch machen. Aber sehen Sie sich nur ringsum Europa um. Die Staatskrise in Tunesien, ein noch nicht vollends befriedeter Bürgerkrieg in Libyen, der Gasstreit im Östlichen Mittelmeer, der Westbalkan, Syrien oder die annektierte Krim und die Separatistengebiete in der Ostukraine, um nur einige der außenpolitischen Herausforderungen der letzten Jahre zu nennen: All diese Konfliktherde liegen vor unserer Haustür und gefährden auch uns in Europa, wenn wir tatenlos zusehen und damit zulassen, daß sich das Recht des Stärkeren durchsetzt. Wer das Engagement in Krisen- und Konfliktherden per se verdammt, macht sich selbst handlungsunfähig und lässt die Opfer von Krieg und Gewalt bereitwillig im Stich.

Ich bin der Ansicht, daß wir uns der ganz konkreten Verantwortung stellen müssen, die sich z.B. durch unsere internationalen Partner, notleidende Menschen in immanenten Krisensituationen oder durch den persönlichen Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten für unserer aller Sicherheit an uns stellt. Diese existiert, auch wenn die daraus erwachsenen Anforderungen nicht immer angenehm sind und auch nicht zu leichten Entscheidungen führen.

Auch bin ich persönlich der Meinung, daß die politische Praxis auf internationaler Bühne uns zu einem zweigeteilten, komplementären außenpolitischen Vorgehen zwingt. Das tut die Bundesregierung auch bereits seit langem, indem auf der einen Seite gezielt in humanitäre Hilfe, Krisenprävention und die Stärkung internationaler Organisationen investiert wird und wir uns als anerkannter Konfliktmediator z.B. im Rahmen des Ukraine-Konfliktes engagieren, gleichzeitig aber auch die Bundeswehr durch Friedens- und Ausbildungsmissionen und wo notwendig in Kooperation mit unseren internationalen Partnern mittels robuster Mandate, also in Kampfeinsätzen, zur Sicherung der internationalen Ordnung beiträgt. Dabei ist der Parlamentsvorbehalt selbstverständlich die unumgängliche Grundlage aller Einsätze unserer Armee. 

Selbstverständlich müssen Diplomatie und zivile Mittel der Verhandlungsführung im Konfliktfall das erste Mittel der Wahl sein. Die seit dem Zweiten Weltkrieg erwachsene, äußerst komplexe Struktur internationaler Institutionen und Regime, die eben zum Zweck der internationalen Kooperation, Zusammenarbeit und Interessenausgleichs entstanden sind, verdeutlichen ja den historisch einmaligen Erfolg des Multilateralismus, den wir gerade angesichts neuer globaler Herausforderungen weiterhin stärken müssen. Leider müssen wir jedoch anerkennen, daß es weiterhin eine Vielzahl internationaler Akteure gibt, die sich weder an internationales Recht halten, noch ohne robuste Sanktions- bzw. Druckmittel dazu bereit wären, illegitimes Verhalten auch nur ansatzweise zu verändern. Der Erfahrung nach helfen Appelle hier leider selten weiter und es wäre ein verheerendes Signal, wenn die internationale Gemeinschaft hier in jedem Falle zu tatenlosem Zusehen gezwungen wäre. Zur Wahrung unserer Werte, unserer Interessen und der globalen Sicherheit halte ich eine solide, kooperative Verteidigungs- und Abschreckungsarchitektur und die Fähigkeit zur Bedrohungsabwehr daher für unumgänglich.

Herzliche Grüße

Ihr Roderich Kiesewetter

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