Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Dirk R. bezüglich Gesundheit
Kehrtwende in der Drogenpolitik?
In Bezug auf die Pressemitteilung der Caritas International (CI) zu der internationalen Drogenkonferenz in Berlin und auf Ihr in diesem Zusammenhang gegebenes Interview:
Die CI fordert eine eindeutige Kehrtwende in der Drogenpolitik.
Kernaussagen von CI sind zB:
- "Die Kriminalisierung von Konsumenten und Kleinbauern war offensichtlich kontraproduktiv. Es fehlen alternative Angebote für Abhängige und Kleinproduzenten"
- "Die Zahlen belegen, dass die Null-Toleranz-Doktrin nicht den erhofften Erfolg hatte. Wir müssen dies zur Kenntnis nehmen und anerkennen, dass Drogen Teil der gesellschaftlichen Realität sind", so Oliver Müller, Leiter von Caritas international. Dieses Anerkenntnis müsse umfassen, dass die Menschenrechte von Drogenkonsumenten respektiert, Konsumenten und Kleinbauern entkriminalisiert sowie die Wechselbeziehung von Drogen und Armut anerkannt werden."
In ihrem Interview erkennen Sie teilweise diese Aussagen an. Das freut mich!
Wann werden sie Ihren Worten Taten folgen lassen? Millionen verantwortungsvolle Konsumenten von illegalisierten Drogen warten auf eine Erlösung aus der Stigmatisierung und Anerkennung ihrer Menschenrechte. Und alle Konsumenten mit problematischen Konsummustern brauchen endlich wirkliche HIlfe, und keine weitere Strafandrohung.
Wann beenden Sie die Ungleichbehandlung zwischen legalen und illegalen Drogen?
Wann entziehen Sie dem Schwarzmarkt seine Existenzgrundlage?
Ich hoffe so sehr, dass Ihre Aussagen im Interview nicht nur leere Worthülsen waren, wie es von vielen schon geunkt wird.
Ich freue mich auf eine Antwort von Ihnen.
Sehr geehrter Herr Rehann,
ich stimme Ihnen zu, dass dem illegalen Drogenhandel die Existenzgrundlage entzogen werden muss, um gesundheitliche und soziale Schäden zu vermeiden. Die Reduzierung des Angebots an illegalen Substanzen ist daher neben der Prävention, Beratung, Behandlung Rehabilitation, Überlebenshilfe und Schadensreduzierung ein wichtiges Element der Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung.
Für eine wirksame Angebotsreduzierung durch die Bekämpfung des Drogenanbaus bedarf es einer umfassenden Strategie der alternativen Entwicklung, wie ich auf der von Ihnen erwähnten Tagung der Caritas ausgeführt habe. Damit ist mehr als „eradication", also die Vernichtung, angesprochen. Die Vernichtung von Drogenanbauflächen darf gerade nicht das Mittel erster Wahl sein, insbesondere dann nicht, wenn das Besprühen aus der Luft mit giftigen Substanzen Menschen und Umwelt gefährdet. Die Vernichtung kann vielmehr eine flankierende Maßnahme alternativer Strategien sein. Eine umfassende Strategie der alternativen Entwicklung muss die Ursachen des Drogenproblems beseitigen. Dazu gehören die Förderung der guten Regierungsform, die Wirtschaftsförderung, die Bildungspolitik, die Sozialpolitik und die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit sowie die Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Der Exekutivdirektor der UNODC hat ein einprägsames Bild gefunden. Er hat gesagt: Die Ausrottung der Drogenpflanzen funktioniert nur dann, wenn sie mit der Ausrottung der Armut in den Anbauländern einhergeht. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfolgte dieses Ziel der Nachhaltigkeit schon, als Sustainability, also Nachhaltigkeit, noch kein Modebegriff war. So verfügen wir über fast 30 Jahre reichhaltige und vielfältige Erfahrung in der Förderung von Alternativen zu Drogenanbau und -konsum, die wir vor allem in Asien und Lateinamerika erworben haben.
Erstes Ziel unserer Arbeit muss es sein, Abhängigkeit zu vermeiden und Abhängigen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, sie gesundheitlich zu stabilisieren und eine Verschlimmerung ihrer Krankheit zu verhüten. Dabei sollten die medizinischen, psychotherapeutischen und sozialen Hilfen helfen, eine Lebensführung ohne Abhängigkeit zu ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing