Warum wird im 4. DRÄndG zum x-ten mal ein Gesetz verabschiedet, dass wissentlich und willentlich den Vorgaben des BVerfG widerspricht?

Portrait von Sabine Friedel
Sabine Friedel
SPD
93 %
39 / 42 Fragen beantwortet
Frage von Markus Z. •

Warum wird im 4. DRÄndG zum x-ten mal ein Gesetz verabschiedet, dass wissentlich und willentlich den Vorgaben des BVerfG widerspricht?

Sehr geehrte Frau Friedel,
warum wird im 4. DRÄndG zum x-ten mal ein Gesetz verabschiedet, dass wissentlich und willentlich den Vorgaben des BVerfG widerspricht? Es gibt hier bereits Stellungnahmen an das Parlament, die dies aufzeigen. Im Detail ist vermerkt, dass das neue Bürgergeld und die damit gestiegene Grundsicherung z.B. überhaupt nicht berücksichtigt wurde und zu dem Versuch eine verfassungsgemäße Alimentation einzig und allein durch Beihilferegelungen herzustellen, wurde auch Stellung genommen. Dies erhöht den Aufwand für Karlsruhe, für das Parlament, für die Beamten und Rechtsanwälte.

Portrait von Sabine Friedel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Z.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Das 4. Dienstrechtsänderungsgesetz wurde mit Beschluss des Landtags vom heutigen Tage in geänderter Form beschlossen. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung, welcher Gegenstand einer Anhörung im Innenausschuss des Sächsischen Landtags war und zu diesem auch Stellungnahmen verschiedener Institutionen und Akteure vorliegen, wurde durch einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, Bündnis90/Die Grünen und der SPD modifiziert.

Nach unserem Dafürhalten widerspricht das verabschiedete Gesetz nicht den Vorhaben des Bundesverfassungsgerichts. Das neue Bürgergeld wurde bei den Berechnungen zum Abstandsgebot tatsächlich berücksichtigt. Die Nachzahlungen aufgrund der Alimentationsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Zahlungen, die "on top" auf die neue Besoldung 2023 hinzukommen.

Die Nachzahlungen sind Folge von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, an die sich auch der Freistaat Sachsen gebunden sieht. Danach müssen nun die zu niedrig gezahlten Besoldungen (seit 2020) nachgezahlt werden. Ausgangspunkt ist dabei das sog. Abstandsgebot. Dieses besagt, dass zwischen dem Modellbeamten (verheiratet, zwei Kinder und mehr, Alleinverdiener) und einer ebensolchen Person, die Grundsicherung bezieht, ein Abstand von 20 % zur niedrigsten Besoldungsgruppe bestehen muss (A4). Der Abstand wird durch eine Nachzahlung bzw. Anhebung der Besoldungsbestandteile erreicht. Die Nachzahlungen erfolgen auf die entsprechenden Besoldungsanteile, die an Kinder oder den Familienstand anknüpfen. Insofern betrifft die Nachzahlungen nur die entsprechenden Gruppen, die auch durch die Rechtsprechung des BVerfG betroffen sind.

Die Alimentationsanpassung erfolgte nicht nur über Beihilfesätze - denn wir änderten diese von 100 auf 90 % -, sondern auch über einen Zuschuss zu den (gesetzlichen wie privaten) Krankenversicherungsbeiträge und Familienzuschläge.

Lange war offen, wer Nachzahlungen für den in den zurückliegenden Jahren entgangenen Besoldungsanspruch erhalten soll. Das Finanzministerium hatte vorgeschlagen, nur den Beamt:innen Nachzahlungen zu gewähren, die Widerspruch gegen ihre Besoldung eingelegt haben. Dem konnten wir unmöglich zustimmen: Das hätte alljene benachteiligt, die im Vertrauen auf die Fürsorgepflicht ihres Arbeitgebers auf einen Widerspruch verzichtet hatten. Wir konnten durchsetzen, dass stattdessen für den Zeitraum ab 2020 – also seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts – alle Beamt:innen von Nachzahlungen profitieren.

Dennoch bleibt das Thema aktuell: Mit Blick auf die nächsten Verhandlungen zum Tarifvertrag der Länder noch in diesem Jahr, haben wir zusätzlich im Parlament einen Entschließungsantrag beschlossen, indem wir die Staatsregierung zur Reform der Besoldungsordnung auffordern, weil diese seit ihrem Beschluss 2004 strukturell veraltet ist.

Freundliche Grüße

Sabine Friedel

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Sabine Friedel
Sabine Friedel
SPD