Frage an Ska Keller bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Ska Keller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Marco H. •

Frage an Ska Keller von Marco H. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Sehr geehrte Frau Kelle,

in letzter Zeit kam es (wieder) zu islamistisch-terroristischen Anschlägen in Dresden, Paris und Wien.
Jüngst bezog sogar Kevin Kühnert von der Partei SPD in einem Gastbeitrag im "Der Spiegel" Stellung und forderte die programmatisch linksorientierten Parteimitglieder, sowie überhaupt linksorientierte Menschen in Politik und Gesellschaft mit Nachdruck auf, das große "Schweigen" zu beenden.

Zu lange hat man den Rechten das Feld überlassen und auf berechtigte Islamismuskritik mit überzogener Nazi-Stigmatisierung und Diffamierung reagiert.

Ich hätte nun gerne von Ihnen gewusst wie Sie und Ihre Partei Islamismus bekämpfen und Radikalisierung von MuslimenInnen verhindern wollen.

In der EU gibt es zahlreiche Moscheen, die sowohl vom Verfassungsschutz beobachtet werden, als auch zur Radikalisierung von (jungen) Muslimen beitragen.

Mich interessiert Ihr Konzept im Umgang mit radikalen Arabern, Clans und Muslimen? Welche Politik würden Sie sich wünschen, wenn bspw. Ihre Partei im kommenden Jahr in Deutschland in Regierungsverantwortung stünde?

Integrationskurse, um ein Bsp. zu nennen, machen wir schon seit vielen, vielen Jahren. Gebracht haben die offenbar nicht viel. Lehrern in Deutschland wird mit dem Tode gedroht. Moscheen werden aus dem Ausland finanziert und Imame mit neo-osmanischer Ausrichtung nach Deutschland und Europa entsendet, um hier zu predigen.
Müssten die GRÜNEN nicht endlich ihre Blockadehaltung bspw. bei der Abschiebung von Kriminellen und radikalen Kräften in die Mahgreb-Staaten aufheben? Kann es sein, dass die GRÜNEN auf dem linken Auge blind und in einem gewissen Stadium der sog. Tolerenzbesoffenheit die Realitäten nicht vollends anerkennen?

Wie können Sie Imame aus dem Ausland verhindern? Wie können Sie die Finanzierung aus dem Ausland bspw. der Türkei oder KSA unterbinden? Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um radikale Kräfte auszuweisen? Wie verhindern Sie, dass sich Muslime bspw. über Predigten radikalisieren?

Danke.

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heit,

vielen Dank für Ihre Zuschrift.

Heute sind Muslimas und Muslime mit über 4,5 Millionen Menschen nach den Angehörigen der großen christlichen Konfessionen die drittgrößte religiöse Gruppe in Deutschland. Wir Grüne wenden uns entschieden gegen Ausgrenzungen und Diskriminierungen von Muslimas und Muslimen. Vor allem kämpfen wir gegen den immer stärker um sich greifenden Rassismus und Rechtsterrorismus, wie wir ihn erst in Hanau wieder erleben mussten. Der Kampf für Menschenrechte gehört für uns Grüne zur Grundlage unserer Arbeit und fordert von uns allen, entschieden täglich dafür einzutreten. Selbstverständlich lehnen wir jede Form von Gewalt und Terrorismus ab, gegen wen auch immer sich dieser richtet. Entscheidend ist für uns eine gewaltfreier Umgang mit den Herausforderungen der modernen Gesellschaft, dies fordern wir von allen Menschen in Deutschland - ob hier geboren oder hinzugezogen.

Viele Geflüchtete werden in Deutschland bleiben. Es braucht daher eine nachhaltige Integrationspolitik. Damit Integration gelingt, brauchen wir Orte zum Austausch und Kennenlernen, Sprachkurse und Bildungsangebote, Zugang zur Gesundheitsversorgung und ausreichenden Wohnraum. Integration von Flüchtlingen findet tagtäglich statt: dank zahlreicher Freiwilliger und engagierter Beschäftigter in Verwaltung und Beratungsstellen, durch Vereine, Religionsgemeinschaften und Betriebe - und durch das Engagement der Geflüchteten selbst. Die Bundesregierung betreibt aber immer stärker eine von tiefem Misstrauen geprägte Politik permanenter Gängelung. Wenn hierdurch, gerade am Anfang Chancen vergeben werden, dann produziert das Integrationsbarrieren. So werden lang wirkende Blockaden und Frust erzeugt - unter den Geflüchteten wie in der aufnehmenden Gesellschaft. Wir Grüne wollen auch Neuankommenden Rechte geben.

Deutschland ist ein Einwanderungsland und als solches braucht es ein Einwanderungsgesetz, das diesen Namen auch verdient. Die alternde Gesellschaft und der Fachkräftemangel lassen keine Zweifel mehr: Deutschland ist langfristig auf Einwanderung angewiesen. Das von der Bundesregierung nach langen Querelen auf den Weg gebrachte "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" ist viel zu kompliziert, unübersichtlich und bringt keine echten Lösungen. Zudem geht die schwarz-rote Koalition mit ihrem "Migrationspaket" vom Juni 2019 an anderen Stellen im Ausländerrecht einen großen Schritt zurück und sorgt für neue Unsicherheiten und Integrationshemmnisse. Wir haben dazu klare Alternativen: Das grüne Einwanderungsgesetz (https://www.gruene-bundestag.de/themen/integration-fluechtlingspolitik/deutschland-braucht-ein-einwanderungsgesetz) hat das Ziel, den Bedarf an qualifizierten Fachkräften in Deutschland zu decken. Es bietet Menschen auch Perspektiven jenseits des Asylsystems.

Zum islamistischen Terror stellen wir klar: Wir wollen, dass die Bedrohung unserer offenen vielfältigen Gesellschaft auch durch religiösen Extremismus konsequent zurückgedrängt wird. Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus ist weiterhin sehr konkret. Darauf weisen wir gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden seit langem hin. Wir wollen den islamistischen Terrorismus sicherheitspolitisch durchtragend und trotzdem im Einklang mit verfassungsrechtlichen Vorgaben bekämpfen. Dafür hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 17. November 2020 einen Antrag in den Bundestag eingebracht: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/243/1924383.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Ska Keller

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Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Ska Keller
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