Frage an Stefan Kaufmann bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Stefan Kaufmann
CDU
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Frage von Alexander R. •

Frage an Stefan Kaufmann von Alexander R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Kaufmann,

gerade wurde bekannt gegeben, dass sich die EU Finanzminister über neue Millardenhilfen für Griechenland verständigt haben.

Glücklicherweise muss dieser Vorschlag noch durch den Bundestag. Werden Sie im Sinne des deutschen Volkes stimmen und die Hilfen ablehnen?

Aus meiner Sicht sprechen viele Gründe gegen weiteres Steuergeld, z.B.:

1. in Griechenland finden keine Strukturreformen statt (nach wie vor etwa 25% Beamte und zahlreiche Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung). Somit hat das Fass immer noch keinen Boden - zusätzliche Gelder können keine Wirkung zeigen.

2. Das Budget für Bildung und Forschung wird in Deutschland 2013 ca. 14 Millarden betragen inkl. der bekannten Schwächen. Unsere Steuern sollten sinnvoll investiert werden z.B. in Bildung. Wieso sollte man die Zukunft Deutschlands gefährden für lebensverlängernde Maßnahmen eines maroden Staates?

Wie werden Sie sich entscheiden?

Beste Grüße aus Stuttgart
Alexander Richter

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CDU

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Gerne will ich wie in meiner Antwort an Herrn Kleinert zunächst versuchen, Ihnen einen Überblick zu geben, wo wir derzeit stehen. Im Bundestag wurde nicht über ein neues Hilfspaket, sondern über die Bereitstellung der zweiten Tranche an Darlehen aus der EFSF abgestimmt. Schon am 27. Februar 2012 hat der Deutsche Bundestag die Gewährung des Hilfspakets insgesamt beschlossen. Die Darlehen, die nicht mit direkten Hilfszahlungen zu vergleichen sind, wurden und werden nicht auf einmal, sondern in einzelnen Tranchen ausbezahlt. Die Auszahlung der einzelnen Tranchen ist bewusst an die Umsetzung von verschiedenen Strukturreformen durch Griechenland geknüpft. Die Umsetzung der Reformen wird durch die sogenannte Troika, ein Gremium bestehend aus Vertretern der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds überwacht. Über den Stand der Umsetzung werden der Bundestag und auch ich selbst seit Monaten regelmäßig informiert. Es kann keine Rede davon sein, dass ich nicht wüsste, worüber ich abstimme.

Bei der Umsetzung der Reformen im Vorfeld der Entscheidung über die Bereitstellung der aktuellen Tranche gab es Probleme, weil Griechenland nicht alle vorgesehenen Maßnahmen in der gewünschten Zeit erfüllt hat. Der Hauptgrund hierfür war die starke politische Unsicherheit im Frühjahr mit den beiden griechischen Parlamentswahlen sowie die Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung. Die neue griechische Regierung hat dann unverzüglich mit den geforderten Maßnahmen begonnen und insbesondere im Sommer und Herbst intensiv daran gearbeitet. Zusätzlich hat die Troika 50 Einzelmaßnahmen zu den 72 Einzelmaßnahmen beschlossen, die vor der aktuellen Tranche umzusetzen waren. Zentrale Elemente dieser Maßnahmen waren:

- Die Verabschiedung des Haushalts 2013 und der mittelfristigen Finanzplanung zur Schließung einer Fiskallücke von 13,5 Mrd. Euro in den Jahren 2013 und 2014. Griechenland hat nach Bewertungen der Troika eine der umfassendsten Haushaltskonsolidierungen durchgeführt, die ein EU-Land in den letzten 30 Jahren unternommen hat.

- Verabschiedung eines vereinfachten Regelwerks für die Steuerbuchhaltung

- Überführung von mindestens 2000 Staatsbediensteten in das Mobilitätsprogramm

- Anhebung des Renteneintrittsalters ab dem 1.1.2013 auf 67 Jahre

- Abschluss der Zentralisierung aller beim Gesundheitsministerium angesiedelten gesundheitspolitischen Entscheidungsprozesse und Zuständigkeiten

- Verabschiedung der Reform des Mindestlohnrahmens. Reduzierung der Lohnnebenkosten, insbesondere Kürzung der max. Kündigungsfrist auf 4 Monate und Begrenzung der gesetzlichen Frist auf 12 Monate.

- Abschaffung von Zugangs- und Ausübungsbeschränkungen für regulierte Berufe

- Stärkung des Finanzministeriums gegenüber den Fachministerien, insbesondere mit der Einführung einer Top-Down-Haushaltsplanung

- Dauerhafte Einführung der für drei Jahren verbindlichen Ausgabenobergrenzen im Rahmen der Mittelfristigen Finanzplanung

- Einführung von Bestimmungen, ex ante einen gewissen Prozentsatz der variablen Haushaltsmittel pro Fachministerium einzufrieren

- Einführung einer Regelung für die Zentralregierung, der zufolge mindestens 30% von einmaligen Mehreinnahmen zur Schuldentilgung verwendet werden müssen, während bis zu 70% im Folgejahr von der Regierung für wachstumsfördernde und sozialpolitische Maßnahmen verwendet werden können, sofern die Haushaltsziele erfüllt sind

- Automatische Ausgabenkürzungen bei Verfehlung von Haushaltszielen

- Automatische Erhöhung der Primärüberschussziele bei unzureichenden Privatisierungserlösen

- Stärkung der Führungsstruktur und Unabhängigkeit des Privatisierungsfonds HRAFD u.a. Überprüfung des geänderten Privatisierungsrechts durch quantitative Leistungsziele, die dann durchgesetzt werden müssen, wenn der Privatisierungsplan fehlschlägt

Diese harten Maßnahmen konnten zur notwendigen Haushaltskonsolidierung beitragen. Allerdings konnte Griechenland aufgrund des Verzugs durch die politische Situation im Frühjahr und die weiterhin schlechte wirtschaftlichen Entwicklung nicht alle aktuellen Konsolidierungsziele erreichen. Die Troika hat daraufhin beschlossen, die aktuelle Tranche nicht auf einmal, sondern in zusätzlichen Zwischenschritten, die wiederum an die Umsetzung von weiteren Maßnahmen gekoppelt ist, bereitzustellen.

Über den deutschen Anteil an den Darlehen hat der Bundestag abgestimmt. Es ging also nicht um neue Zahlung oder ein neues Hilfspaket, sondern um die konsequente Umsetzung des bestehenden Maßnahmenpakets. Meine prinzipielle Haltung, die Bereitstellung von Darlehen an die Umsetzung von Reformmaßnahmen zu knüpfen, bleibt bestehen.

Ich bin der Ansicht, dass es Griechenland mit der Umsetzung der Strukturreformen ernst nimmt. Ich glaube aber auch, dass noch viel zu tun ist.

Den Vergleich mit den Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung halte ich für schwierig. Erstens handelt es sich bei den Griechenlandhilfen größtenteils um Darlehen, die zurückgezahlt werden müssen. Der Haushalt 2013 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung steigt gegenüber dem Vorjahr um 6,2 Prozent auf insgesamt 13,7 Milliarden Euro. Die Ausgaben für Bildung und Forschung wurden in dieser Legislaturperiode um zusätzliche 13,3 Milliarden Euro erhöht. Als Mitglied des Ausschusses für Bildung und Forschung freut mich das besonders. Hierbei handelt es sich nicht um die Gesamtausgaben des Staates für Bildung und Forschung. Einen großen Teil tragen in unserem föderalen System die Länder und Kommunen. Im übrigen wird in Deutschland vom Bund die für 2016 verpflichtende Schuldenbremse schon im nächsten Jahr eingehalten.

Sehr geehrter Herr Richter, gerne stehe ich Ihnen zu diesem schwierigen und komplizierten Thema auch in einem persönlichen Gespräch zu Verfügung. Bitte wenden Sie sich doch bei Interesse zur Terminvereinbarung an mein Wahlkreisbüro (Tel. 0711/ 90 72 99 10).

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Stefan Kaufmann

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