Frage an Stephan Kühn bezüglich Verkehr

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Stephan Kühn
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Konrad K. •

Frage an Stephan Kühn von Konrad K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Kühn,

mit Blick auf die Bundestagswahl hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Sachsen fünf Fragen erarbeitet, die die radfahrenden Wählerinnen und Wähler bei ihrer Wahlentscheidung unterstützen sollen.

Wir würden uns freuen, wenn Sie uns als sächsisches Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestags folgende Fragen beantworten könnten:

1. Wie bewerten Sie die Arbeit des Bundesverkehrsministers in Bezug auf den Radverkehr in der Legislatur 2009-2013?
2. Werden Sie sich in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass die von der derzeitigen Bundesregierung beschlossenen Mittelkürzungen des Nationalen Radverkehrsplans wieder zurückgenommen werden?
3. Wie bewerten Sie die Anbindung Sachsens an den Eisenbahnfernverkehr in Hinblick auf den Fahrradtourismus an Mulde-, Spree- und Neißeradweg? Werden Sie sich für einen besseren Anschluss Sachsens an den Eisenbahnfernverkehr einsetzen?
4. Welche Position vertreten Sie in Bezug auf die Einführung einer Regelgeschwindigkeit 30 km/h in Städten (Die Ausweisung von Strecken mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h wäre weiterhin möglich)?
5. Der ADFC fordert jährlich 250 Mio. Euro pro Jahr, damit der vorhandene Altbestand von Radwegen an Bundesstraßen saniert und auf den für den modernen Radverkehr geltenden Standard der aktuellen „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)“ gebracht werden kann. Unterstützen Sie diese Forderung?

Mit freundlichen Grüßen,
Konrad Krause
Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Sachsen e.V.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Zu 1.

Meine Bilanz für die Arbeit von Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (CSU) fällt überwiegend negativ aus. Statt den Radverkehr zu fördern, hat er sich vor allem mit diffamierenden Debatten um sogenannte „Kampfradler“, die Einführung einer Helm- und Warnwestenpflicht sowie höherer Bußgelder für Fahrradfahrer hervorgetan. Damit hat er eher für eine Anti-Radfahrstimmung in Deutschland gesorgt. Dringlich für die Verbesserung des Radverkehrs sind aber weder höhere Strafen noch die sicherheitstechnische Aufrüstung der schwächeren Verkehrsteilnehmer sondern zur allererst die Schaffung eines besseren Verkehrsklimas und von attraktiven sicheren Radwegenetzen.

Dass der Radverkehr für Verkehrsminister Ramsauer nur einen sehr geringen Stellenwert hat, darüber kann auch die Verabschiedung des neuen Nationalen Radverkehrsplan (NRVP 2020) durch die Bundesregierung nicht hinwegtäuschen. Denn die darin gut beschriebenen Potenziale des Radverkehrs in Deutschland können nur dann ausgeschöpft werden, wenn ausreichend Mittel bereitgestellt werden und der Bund seine Aktivitäten auch personell angemessen unterstützt. Unter Verkehrsminister Ramsauer wurde der Etat des Bundes für Ausbau und Erhalt jedoch fast halbiert. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat er das Radverkehrsreferates in seinem Haus aufgelöst hat. Und die Ausstattung seines Hauses mit Dienstfahrrädern liegt lediglich bei 1,3 Prozent. Engagierte Radverkehrspolitik, die vorbildhaft voran geht, damit Deutschland zu einem fahrradfreundlichen Land wird, sieht anders aus.

Zu 2.

Ja. Wir wollen die Mittel für Radwege an Bundesstraßen auf mindestens 100 Mio. Euro pro Jahr aufstocken. Darüber hinaus wollen wir jährlich 20 Mio. Euro für ein Modellprogramm zur Förderung fußgänger- und fahrradfreundliche Städte und Gemeinden bereitstellen.

Zu 3.

Auch in der kommenden Wahlperiode werde ich mich für einen besseren Anschluss Sachsens an den Schienenpersonenfernverkehr einsetzen. Zentrale Voraussetzung dafür ist, dass wir die knappen Mittel für das Schienennetz gezielt in den Ausbau wichtiger Fernverkehrsstrecken investieren wie in wichtige Verbindungen des Nah- und Regionalverkehrs. Besondere Bedeutung hat die (Wieder-)Anbindung der sächsischen Städte Chemnitz, Zwickau, Plauen, Freiburg, Bautzen und Görlitz an das Fernverkehrsnetz. Die Landeshauptstadt Dresden gehört zu den 15 deutschen Großstädten mit dem schlechtesten Eisenbahnfernverkehr. Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, auch die Wirtschaft braucht den Fernverkehr. Deshalb habe ich in Chemnitz und Görlitz parteiübergreifende Fernverkehrsbündnisse mit initiiert. Der Ausbau der Bahnstrecke Dresden – Berlin, die durchgehende Elektrifizierung der Sachsen-Franken-Magistrale sowie der Trassen Dresden – Görlitz und Leipzig – Chemnitz müssen höchste Priorität haben.

Die bisherigen Verbindungen und Umsteigezeiten im Fernverkehr der Bahn stellen ein Hemmnis für den Fahrradtourismus in Sachsen dar. Daher setze auf einen landesweiten integralen Taktverkehr – vom Fernverkehr, der die Städte miteinander verbindet bis hin zur Regionalbahn und dem Regionalbus, der die Fläche erschließt. Wenn wir auf der Landesebene das Konzept des Sachsentaktes 21 umsetzen und bundesweit mit einem Deutschlandtakt abstimmen, würden sich auch die Reise- und Anschlusszeiten auf den Bahnstrecken an attraktiven sächsischen Fernradwegen wie dem Mulde, Spree- und Oder-Radweg spürbar verkürzen. Darüber hinaus ist es wichtig dass Fahrräder in allen Zügen ohne Einschränkung mitgenommen werden können, sowohl im ICE als auch im internationalen Verkehr. Im Nahverkehr müssen bundeseinheitliche Regelungen geschaffen werden, die den bestehenden Tarifdschungel ersetzen und die Fahrradmitnahme erleichtern.

Zu 4.

Tempo 30 innerorts verbessert die Verkehrssicherheit von Fußgängern und Fahrradfahrern und schützt Kinder, ältere und behinderte Menschen. Wegen des starken Aufpralls bei einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern und mehr enden viele Unfälle zwischen FahrradfahrerInnen und Autos tödlich oder mit schweren Verletzungen. Die Einführung von Tempo 30 senkt dieses Risiko laut Studien um rund vierzig Prozent. Am stärksten gehen die Unfälle mit Kindern zurück. Demgegenüber liegt der Fahrzeitverlust auf Stadtstraßen mit Tempo 30 für AutofahrerInnen im Sekundenbereich.

Deshalb wollen wir in der Straßenverkehrsordnung die Einschränkungen für Kommunen beseitigen, die Tempo 30 ausweisen wollen. Es kann nicht sein, dass solche Beschlüsse regelmäßig durch die Landesbehörden gekippt werden. Die Kommunen sollen selbst entscheiden können, was ihren Bürgerinnen und Bürgern gut tut.

Zu 5.

Ich kritisiere schon seit Längerem, dass die ERA 2010 bei Radwegen in Baulast des Bundes bisher nicht zur Anwendung kommt. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass die Umsetzung der ERA 2010 zur verbindlichen Voraussetzung bei der Mittelvergabe wird.

Darüber hinaus müssen viele Radwege an Bundesstraßen erneuert bzw. nach den heutigen Anforderungen an Sicherheit und Fahrtkomfort ausgebaut werden, weshalb ich eine deutliche Aufstockung der Radverkehrsmittel unterstütze.

Städte und Gemeinden können für den Ausbau und Erhalt von Radwegen auch Finanzhilfen des Bundes aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) bzw. dem Entflechtungsgesetz einsetzen. Da diese Mittel 2019 auslaufen, strebe ich eine angemessene Anschlussfinanzierung zur Förderung von Investitionen im kommunalen Verkehrsbereich an.