Frage an Stephan Kühn bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Stephan Kühn
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Frauke D. •

Frage an Stephan Kühn von Frauke D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kühn,

in den letzten Monaten haben tausende Menschen beim „Aufbruch 2017“ der Bürgerbewegung Campact darüber diskutiert, welche Aufgaben eine neue Bundesregierung angehen muss. Über 75.000 haben über die Ergebnisse dieser Diskussionen abgestimmt, herausgekommen ist ein Kompass mit 10 Forderungen für demokratischen, sozialen und ökologischen Fortschritt.

Auch ich mache beim „Aufbruch 2017“ mit – und lebe in Ihrem Wahlkreis. Bevor ich am 24. September wähle, möchte ich gerne wissen, wie Sie zu den Themen stehen, die mir und so vielen anderen wichtig sind. Ich habe Ihnen deshalb den Link zu unseren 10 Forderungen hier mitgeschickt: https://blog.campact.de/wp-content/uploads/2017/08/Kompass_Broschuere_kurz.pdf . Bitte erklären Sie mir kurz, wie Sie und Ihre Partei sich im Falle einer Regierungsbeteiligung dazu verhalten würden.

Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
F. D.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau D.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte. Campact kenne ich gut. Die 10 Forderungen im Campact-Aufruf decken sich mit den Forderungen im grünen Wahlprogramm:

1. Die Bürgerversicherung für Gesundheitsversorgung wollen wir auch, mittelfristig auch für die Rente. Wir wollen dort einen ersten Schritt zur Bürgerversicherung gehen und hierfür die nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen und Minijobber in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen.

2. Die Forderung nach einer Mindestrente unterstützen wir ebenfalls. Mit der steuerfinanzierten grünen Garantierente wollen wir verhindern, dass Menschen mit geringen Einkommen im Alter in die Grundsicherung fallen.

3. Den Bahnverkehr attraktiver zu machen, ist ein persönliches Herzensanliegen von mir. Ich kämpfe dafür, dass nach Abschluss der Bauarbeiten auf der Strecke Berlin-Dresden die alle zwei Stunden fahrenden EuroCity-Züge durch InterCity-Züge so ergänzt werden, dass für Reisende ein zuverlässiger Stundentakt – auch am Abend – entsteht. Ich will die Finanzierung der grenzüberschreitenden Verbindung in unsere polnische Partnerstadt Wrocław über 2018 hinaus sichern und die Eisenbahnstrecke Dresden-Görlitz zügig elektrifizieren.

Darüber hinaus wollen wir Grüne den MobilPass einführen. Mit einer Smartcard oder App werden sämtliche Angebote des öffentlichen Verkehrs wie auch Car- und Bikesharing abrufbar sein. Urlaubsreisen genauso wie der Weg zur Arbeit können so aus einer Hand gebucht und bezahlt werden – ohne langes Studium von Tarif- und Nutzungsbedingungen. Mit einem Investitionsprogramm „Zukunftsprogramm Nahverkehr“ wollen wir ein verbessertes Angebot im Nahverkehr ermöglichen.

4. Die Forderung nach einem zentralen Lobbyregister unterstützen wir, haben dazu auch schon mehrere Anträge im Bundestag gestellt. Als einer von wenigen Abgeordneten führe ich einen eigenen Lobbykalender: www.stephankuehn.com/ueber-mich/lobby-kalender/

5. Keine undemokratischen und unfairen Freihandelsabkommen abschließen: TTIP, CETA, JEFTA oder andere Abkommen dieser Art lehnen wir ab. Diese sehen mit sogenannten Investor-Staat-Schiedsverfahren oder ein Investitionsgerichtssystem (ICS) Klageprivilegien für Konzerne vor. Wir wollen nicht, dass demokratisch beschlossene Gesetze unterlaufen werden. Sonderklagerechte für Investoren und große Konzerne lehnen wir entschieden ab.

6. Steuerflucht konsequent verfolgen und bestrafen: Panama Papers, Luxemburg-Leaks – wir nehmen nicht hin, dass Konzerne und Superreiche mithilfe von Bankgeheimnis, Steuerdumpingländern und anderen Steuerlücken ihren Beitrag zum Gemeinwohl unterschlagen. Darum kämpfen wir für ein international verbindliches Regelwerk, das Mindeststandards für die Steuerpflichten von Unternehmen und Staaten setzt. Auch zu Hause müssen wir aktiv werden: Banken und Kanzleien untersagen wir Geschäfte mit unkooperativen Ländern, internationale Konzerne müssen ihre Gewinne nach Ländern aufschlüsseln und Briefkastenfirmen entziehen wir durch ein Transparenzregister die Grundlage.

7. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv beschleunigen: Wir wollen 100 Prozent erneuerbare Energie im Strombereich bis 2030 erreichen. Mit einem Klimaschutzgesetz wollen wir die nationalen Reduktionsziele des Pariser Klimaabkommens rechtsverbindlich festlegen und Ziele sowie Maßnahmen für alle relevanten Sektoren definieren: Stromerzeugung, Verkehr, Landwirtschaft, Industrie und Gebäudeenergie.

8. Einen schnellen Ausstieg aus der Kohle verankern: Sachsen ist das klimapolitische Sorgenkind in Deutschland. Die Kohlendioxid-Emissionen liegen deutlich über dem Bundesdurchschnitt und sind seit 2010 sogar gestiegen. Der wesentliche Grund dafür ist die Braunkohle. Wenn wir die Klimaschutzziele für 2020, zu denen sich die Bundesregierung verpflichtet hat, noch erreichen wollen, müssen deutschlandweit die 20 ältesten Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden. Das betrifft in Sachsen die alten Blöcke in Boxberg. Wir dürfen doch nicht länger zulassen, dass – zunehmend für Stromexporte – Sachsens Landschaft abgebaggert wird.

9. Massentierhaltung einschränken: Wir wollen die industrielle Massentierhaltung in den nächsten 20 Jahren beenden. Das fördern wir mit einem Pakt für faire Tierhaltung, damit sich tier- und umweltgerechte Haltung auch wirtschaftlich rechnet. Wir werden ein Gentechnikgesetz auflegen, das unsere Äcker und unsere Teller frei von Gentechnik hält. Wir wollen für die Agrarförderung das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistung“ durchsetzen. Stärkere Unterstützung sollen Landwirte erhalten, die dafür sorgen, dass es den Tieren in den Ställen besser geht und Wasser und Boden vor Schadstoffen schützt.

10. Plastikmüll reduzieren: Wir Grüne machen uns für eine internationale Plastikkonvention zur Verringerung von Plastikmüll stark, fördern innovative Projekte zur Abfallvermeidung und zeigen dem unnötigen Einsatz von Mikroplastik in Kosmetikprodukten die Rote Karte. Hersteller von problematischen Medikamenten, Chemikalien und umweltschädlichen Pestiziden wollen wir mit in die Verantwortung nehmen, die Schäden zu beseitigen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort Ihre Wahlentscheidung einfacher gemacht zu haben.

Herzliche Grüße
Stephan Kühn