Frage an Svenja Stadler bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Svenja Stadler
SPD
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Frage von Martin H. •

Frage an Svenja Stadler von Martin H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Stadler,

wie der aktuellen Presse zu entnehmen ist, fordert Frau Nahles wirtschaftliche Unterstützung für die Türkei.

http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Nahles-erwaegt-finanzielle-Hilfe-fuer-Tuerkei-und-erntet-Kritik
https://www.welt.de/politik/deutschland/article181235588/Reaktionen-auf-Nahles-Vorschlag-zur-Tuerkei-Naiv-und-deplatziert.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/andrea-nahles-bringt-deutsche-hilfe-fuer-die-tuerkei-ins-gespraech-a-1223880.html

Sigmar Gabriel stellt ähnlichde Forderungen auf.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sigmar-gabriel-warnt-vor-risiken-einer-isolierten-tuerkei-und-griff-nach-atombombe-a-1223925.html

Verstehe ich diese Forderung richtig? Ist es tatsächlich eine Forderung der SPD, die Regierung eines Landes zu stützen, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Türkei in eine faschistische Diktatur islamistischer Lesart zu verwandeln?
Nur zur Erinnerung:
- In der Türkei werden kritische Medienvertreter willkürlich verhaftet und Medienhäuser geschlossen
- Diverse ausländliche Staatsangehörige werden als Faustpfand gegen ihre Heimatländer festgehalten
- die Türkei führt völkerrechtswidrig Krieg gegen die Kurden, und unterstütz radikale Rebellen in Syrien.
- die politische Opposition wird auf allen erdenklichen Wegen behindert
- Beamte und Staatsangestellte die der politischen Opposition zugerechnet werden, werden willkürlich entlassen und verfolgt
- die türkische Regierung unterläuft mit Hilfe der Ditib deutsche Integrationsbemühungen für Menschen türkischer Abstammung in Deutschland, bzw. fordert die Menschen auf sich ausdrücklich nicht zu integrieren.
- usw.

Dies alles erfolgt mit ausdrücklicher Billigung des türkischen Volkes. Und die SPD will die Türkei auf diesem Weg unterstützen?

Mit freundlichem Gruß
M. H.

PS
Kennen Sie die folgenden Worte und von wem sie zu welchem Anlass gesagt wurden:
"Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht."

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Frage und ihrem Interesse an der Position der SPD bezüglich der Hilfsleistungen an die Türkei.

Das vollständige Zitat von Frau Nahles lautete wie folgt:
„Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss – unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen mit Präsident Erdogan. Die Türkei ist ein Nato-Partner, der uns nicht egal sein kann. Es ist in unser aller Interesse, dass die Türkei wirtschaftlich stabil bleibt und die Wählerturbulenzen eingedämmt werden. Ich halte es auch für richtig, dass Erdogan zum Staatsbesuch nach Deutschland kommt. Die Bundesregierung muss mit der Türkei auf allen Ebenen im Gespräch bleiben. Was sollen wir denn sonst tun, wenn nicht reden über die Konflikte, die wir haben? Die Türken gehören zur Nato und zu Europa. Es ist meine klare Erwartung an die Bundeskanzlerin, dass natürlich auch kritische Fragen angesprochen werden – hierzu gehört insbesondere das Festhalten und die Inhaftierung von deutschen Staatsangehörigen in der Türkei.“

Insbesondere in Anbetracht unserer wirtschaftlichen sowie politischen Verflechtungen besteht von deutscher Seite das Interesse an einer wirtschaftlich stabilen Türkei. Diese äußern sich vielfältig beispielsweise über die Aktivitäten deutscher und europäischer Unternehmen oder auch über das Engagement der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Folglich haben sowohl Deutschland und Europa als auch die Türkei ein starkes Interesse daran, die Beziehungen untereinander weiter zu erhalten, da negative Folgen für die Weltwirtschaft sich sowohl direkt als auch indirekt auswirken können. Zudem haben wir im Koalitionsvertrag klar festgehalten, dass „die Türkei (…) ein wichtiger Partner Deutschlands und Nachbar der EU (ist), zu dem wir vielfältige Beziehungen haben. Deshalb haben wir ein besonderes Interesse an einem guten Verhältnis zur Türkei.“

Diese Hilfsleistungen würden selbstverständlicher Weise an klare politische Bedingungen geknüpft werden müssen, wie es der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, nochmals betont hat. In diesem Kontext erscheint es durchaus sinnvoll, der Türkei bei einem entsprechenden Erfüllen der politischen sowie wirtschaftlichen Bedingungen mit entsprechenden Hilfsleistungen eine Unterstützung zuzusichern.

Zudem gibt es auch in der Türkei eine Opposition, die Präsident Erdogan nicht befürwortet. Diese Menschen dürfen natürlich nicht im Stich gelassen werden. Schließlich kritisiert die SPD die Türkei in diversen Punkten stark, beispielsweise in den für uns nicht nachvollziehbaren Inhaftierungen von deutschen Staatsbürgern. Auch unser Außenminister Maas forderte weitere Freilassungen nach der im August überraschend aufgehobenen Ausreisesperre für Mesale Tole.

Unser NATO-Partner hat derzeit die Möglichkeit, die Krise selbst abzumildern. Wir hoffen, dass die Türkei es von sich aus schafft, die Wirtschaftskrise zu bewältigen, damit eventuelle Hilfeleistungen an die Türkei nicht nötig sein werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Svenja Stadler

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