Frage an Sylvia Kotting-Uhl bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Sylvia Kotting-Uhl
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Tobias B. •

Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Tobias B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Koetting-Uhl,

die Grünen wurden ursprünglich u.a. als Anti-Kriegs-Partei gegründet. Die Basis der Grünen steht noch immer zum großen Teil für den Frieden ein.

Warum enthalten Sie sich im Bundestag bei einer Abstimmung zu einem inoffiziellen Kriegseinsatz der Bundeswehr?

Ich bitte Sie, klare Stellung zu beziehen und das Ihren Wählern und der Basis zu erklären!

Freundliche Grüße

Tobias Becker

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Becker,

leider kann ich Ihrer Frage nicht entnehmen, ob Sie einem bestimmten Kriegseinsatz und dann welchem gilt. Ich habe mich schon einige Male in der Abstimmung zu Kriegseinsätzen enthalten. Eine Enthaltung bedeutet nicht Meinungslosigkeit oder Gleichgültigkeit, sondern dass es Gründe für Ja und Gründe für Nein gibt, die in der Abwägung zur Enthaltung führen. Meistens - immer, wenn ein Mandat zum ersten Mal beschlossen wird - gebe ich eine Persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten ab, die sich dann auch auf meiner Homepage findet.

Die Grünen waren lange Zeit eine pazifistische Partei, das ist richtig. Mit der Bundesregierungsbeteiligung 1998 und der sehr schnell folgenden Frage zum Kriegseinsatz im Kosovo wurde diese grundsätzliche Haltung ausdifferenziert. Jedes Mandat und jede Mandatsverlängerung wird in unserer Fraktion ausführlich diskutiert. Oft kommt die Fraktion dann zur Empfehlung das Mandat zu unterstützen, wie z. B. MINUSMA und UNIFIL, die in dieser Woche zur Verlängerung anstehen. Manchmal heißt die Empfehlung Ablehnung, wie z. B seit ein paar Jahren bei dem Afghanistan-Mandat OEF, oder es wird eine Enthaltung empfohlen, inzwischen z. B das Afghanistan-Mandat ISAF.

Ich folge den Fraktionsempfehlungen bei den Namentlichen Abstimmungen zu Kriegseinsätzen sehr oft nicht, da ich eine grundlegend ablehnende Haltung zu militärischer Problemlösung habe. Ich empfinde es als geradezu archaisch, dass zivilisierte Länder des 21. Jahrhunderts letztlich (ultima ratio) immer noch keine andere Antwort auf Konflikte oder drohende Konflikte haben als militärische Drohung bzw. militärisches Eingreifen. Jeder Staat dieser Welt hat ein Verteidigungsministerium und einen Militäretat, meist sehr hoch ausgestattet. Kein Land dieser Welt hat ein Friedensministerium. Die gering ausgestatteten Entwicklungsministerien reicherer Länder können dieses Defizit nicht im Ansatz ausgleichen. Das ist das Nein, das ich grundsätzlich zu jedem Einsatz habe. Ich sehe allerdings auch, dass in dieser schlechten Grundsituation Einsätze nötig sein können bzw. auch positive Wirkung entfalten können. Das führt bei mir in der Entscheidung über den Einsatz dann eventuell zur Enthaltung. So enthalte ich mich inzwischen beispielsweise zur Verlängerung des KFOR-Mandats, also dem Einsatz im Kosovo, den ich sehr lange strikt abgelehnt habe, weil ich sehe, dass er - nach vielen Jahren! - zur Befriedung des Landes beiträgt.

Bei den beiden Entscheidungen dieser Woche - MINUSMA, ein Mandat in Mali zum Transport von Material, und UNIFIL, ein Überwachungsmandat vor der Küste des Libanon - werde ich mich aus den dargelegten Überlegungen erneut enthalten.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Kotting-Uhl