Frage an Sylvia Kotting-Uhl

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Sylvia Kotting-Uhl
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jürgen S. •

Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Jürgen S.

Sehr geehrte Frau Sylvia Kotting-Uhl,

wie werden Sie über die Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes abstimmen?

mit freundlichen Grüßen
Jürgen Schuler

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schuler,

Die Novelle des EEG habe ich heute morgen abgelehnt. Ich will Ihnen gern darlegen, warum:
Die EEG-Novelle ist eine Absage der Großen Koalition an die selbstgesteckten Klimaschutzziele. Statt den auf der Pariser Klimaschutzkonferenz eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen und Ökostrom schneller auszubauen, vollzieht die Bundesregierung eine Vollbremsung beim Ökostromausbau.
Das Gesetz ist eine politisch motivierte Schikane, die Menschen und Unternehmen davon abhalten soll, sich weiter für Energiewende und Klimaschutz zu engagieren. Denn nichts anderes passiert gerade im Land. Nachdem durch die letzten EEG-Novellen schon die Solarindustrie zerlegt und die Bioenergien ausgebremst wurden, droht nun auch die Windkraftbranche auszubluten. Viele der heute rund 150.000 Arbeitsplätze in der Windbranche sind dadurch gefährdet.
Der strikte Ökostrom-Deckel verhindert zudem Investitionen in die dringend erforderliche Sektorkopplung, sprich: die intelligente Vernetzung von Strom-, Wärme- und E-Mobilität. Denn es wird in Deutschland künftig schlichtweg nicht genug Ökostrom erzeugt werden, um auch den Wärmemarkt zu bedienen und Fahrzeuge damit zu betreiben. Ob die Einführung von maximal 2.000 MW zuschaltbarer Lasten hier etwas bewirkt, bleibt abzuwarten.

Ich mache mir angesichts der gedeckelten Ausbauziele große Sorgen um den Atomausstieg. Nach dem Plan der heute morgen beschlossenen Novelle hätten wir 2020 40% EE-Strom, 2025 45%. 2021/22 sollen die sechs größten Atomkraftwerke vom Netz. Bleiben 55 bis 60% Strom zu decken - alles fossil? Oder wird der Atomausstieg dann aufgeweicht?

Die von Schwarz-Rot vorgebrachten Beweggründe für die EEG-Novelle werden von uns aus folgenden Gründen nicht geteilt:
• Die EU-Kommission ermöglicht es, dass Windkraftanlagen mit einer Leistung von bis zu 18 Megawatt (MW) von der Ausschreibungspflicht befreit werden können. Im Gesetzentwurf wird die Grenze jedoch bei 0,75 MW gezogen.
• Die vorgebliche Kostensenkung ist ein leeres Versprechen. Denn zum einen erhöhen Ausschreibungen die finanziellen Risiken, so dass die Banken entsprechend Risikoaufschläge für Kredite erhöhen werden und der Ökostrom teurer statt billiger wird. Zum anderen werden noch mehr Unternehmen zu Lasten der anderen Stromverbraucher von der EEG-Umlage befreit. Die ungerechte Kostenverteilung zwischen Industrie sowie Mittelstand und Privathaushalten wird also noch verstärkt.
• Bei den Stromnetzen spielt Schwarz-Rot mit gezinkten Karten. Die steigenden Kosten des Stromnetzbetriebs schiebt die Bundesregierung ohne jede substanzielle Analyse der Windenergie in die Schuhe und begründet damit die Reduktion des Ausbauziels. Dass Atom- und Kohlestrom, z. B. aus den Kraftwerken Brokdorf und Moorburg, die Netze verstopfen, bleibt ebenso unberücksichtigt wie die Tatsache, dass wichtige Netzausbaumaßnahmen wie die Thüringer Strombrücke sowie die West- und die Ostküstenleitung in Schleswig-Holstein bald in Betrieb gehen und für Entlastung sorgen werden. Das Ausbremsen der Windenergie ist also eine Therapie, der keine ernsthafte Diagnose über die tatsächlichen Ursachen zugrunde liegt. Die Einschränkung des Windkraftzubaus in "Netzengpassgebieten" ist letztlich Gabriels Energiewende-Bankrotterklärung. Denn er begründet das Ausbremsen der Windenergie mit seiner eigenen Unfähigkeit den Stromnetzausbau voranzubringen. Der Netzausbau muss sich aber weiterhin am Ausbau der Erneuerbaren orientieren und nicht umgekehrt.

Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl