Frage an Thomas Oppermann bezüglich Innere Sicherheit

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Thomas Oppermann
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Frage von Martin H. •

Frage an Thomas Oppermann von Martin H. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Oppermann,

Sie haben die Äußerungen von Bundespräsident Köhler zu "freien Handelswegen" als Kriegsgrund kommentiert mit den Worten: "Wir wollen keine Wirtschaftskriege" ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,697144,00.html ).

Ich habe dazu drei Fragen:

(1) Ist die Operation Atalanta, der die SPD zugestimmt hat, kein Wirtschaftskrieg? Wenn nein, warum nicht? Stellt die Piraterie in Somalia in irgendeiner Weise eine Gefahr für Leib und Leben der deutschen Bevölkerung dar?

(2) Im "Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr", das von einer Unions-SPD-Regierung verabschiedet wurde, heißt es auf S. 24: "Die Sicherheitspolitik Deutschlands wird von ... dem Ziel geleitet, die interessen unseres Landes zu wahren, insbesondere ... den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands zu fördern." Hat dieser Satz keine Gültigkeit mehr? Nach meinem Verständnis bedeutet das genau das, was Bundespräsident Köhler gesagt hat: Die Deutschen müssen verstehen, dass sie für ihren Wohlstand auch wieder Kriege führen müssen, Grundgesetz hin oder her (schließlich soll das Grundgesetz unserem Wohlstand dienen). Verstehe ich etwas falsch?

(3) Dient nicht auch der Afghanistan-Krieg in erster Linie unserem Wohlstand, weil dieser in beträchtlichem Maße auf den guten transatlantischen (Wirtschafts-)Beziehungen beruht, und weil wir wegen der guten Beziehungen zu den USA bei diesem Krieg mitmachen sollten?

Ich freue mich auf Ihre Antwort,
Ihr
Prof. Dr. Martin Haspelmath

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Haspelmath,

die Frage, ob die Bundeswehr eingesetzt werden soll, um handelspolitische Ziele und wirtschaftliche Interessen durchzusetzen, konnte nicht im Raum stehen bleiben. Sie musste geklärt werden. Denn die Linkspartei hatte umgehend den Präsidenten als Kronzeugen für ihre These aufgerufen, dass die Bundeswehr bei Auslandseinsätzen die Interessen der kapitalistischen Wirtschaft vertrete. Das ist falsch. Die Bundeswehr darf nach dem Grundgesetz nur im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme und nur auf Grundlage des Völkerrechts genutzt werden. Wirtschaftskriege erlaubt das Grundgesetz nicht. Außerdem: Wir wollen keine Wirtschaftskriege!

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:
Zu 1) Operation Atlanta ist kein Wirtschaftskrieg. Es geht um die Sicherheit des Seeverkehrs und die körperliche Unversehrtheit der Seeleute und Passagiere in internationalen Gewässern.
Zu 2) Auch das Weißbuch stellt bei der Formulierung von sicherheitspolitischen Zielen nicht in Frage, dass diese nur mit verfassungsgemäßen Mitteln erreicht werden dürfen. Sicherheitspolitik wird nicht primär durch den Einsatz der Bundeswehr, sondern durch Außenpolitik, Diplomatie, politische Verständigung durch Verhandlungsprozesse etc. betrieben. Die Bundeswehr darf nur zur Landesverteidigung und gemäß Art. 24 GG im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme eingesetzt werden.
Zu 3) Nein. Im Rahmen von ISAF geht es um den Wiederaufbau Afghanistans. ISAF soll im Auftrag der Vereinten Nationen die afghanische Regierung bei der Herstellung und Wahrung der inneren Sicherheit des Landes unterstützen. Darüber hinaus hilft ISAF bei der Auslieferung humanitärer Hilfsgüter und der geregelten Rückkehr von Flüchtlingen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann