Frage an Thomas Oppermann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Thomas Oppermann
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Frage von Eckehard O. •

Frage an Thomas Oppermann von Eckehard O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Oppermann,

einmal ganz abgesehen von den eher fragwürdigen Erfolgschancen des ESM hinsichtlich Entschuldung ganzer Länder, zutreffender gesagt der Rettung einzelner Privat-Banken, habe ich einige indirekt sachbezogene Fragen zu Ihrem öffentlichem Lob an die Adresse unseres Herrn Bundespräsidenten Gauck, in dem Sie dessen Wunsch nach mehr Erklärungen der Regierung zu ESM etc. begrüßen.

1) Welche Möglichkeiten Sie und Ihre Partei genutzt, die offenkundig mangelhafte Kommunikation in Sachen ESM und Fiskalpakt zu verbessern. Ist es nicht eher so, dass auch Sie und die Mehrzahl aller Parlamentarier im Bund nicht einmal hinreichend Zeit bekamen die Entwürfe vor der Abstimmung überhaupt zu lesen und zu verstehen ?

Sie und die Mehrheit Ihrer Partei haben Ihre Zustimmung zum Fiskalpakt und zum ESM leider bereits erteilt. Das mit diesem Vertragswerk des ESM erheblich in Frage gestellte, alleinige Haushaltsrecht des Bundestages ist jedoch per Grundgesetz Artikel 109 verankert. Änderungen des Grundgesetzes bedürfen grundsätzlich der Mehrheit aus einer Volksabstimmung, die bislang ausblieb bzw. durch derzeitige Regierung auch nicht in Aussicht gestellt wurde und auch durch Ihre Partei nicht eingefordert wurde.

Dieses Thema beschäftigt und betrifft alle Bürger unseres Staates, angesichts der unabwägbar hohen Haftungs- bzw. Ausfallrisiken der deutschen Bürgschaften auch die mehrerer zukünftiger Generationen. Ich bitte Sie daher in verständlicher Sprache kurz zu erklären:

2) Wie können Sie den Widerspruch zwischen durch Grundgesetz geschütztem Haushaltsrecht des Bundestages und "Übertragung" desselben an einen, durch das deutsche Volk demokratisch nicht einmal legitimierten, Rat der EU erklären, bzw. durch Ihre eigene Abstimmung begründen ?

3) Warum nutzt Ihre Partei in der Opposition nicht die Möglichkeit eine Volksabstimmung einzufordern, BEVOR sie für beide der weitreichenden Entwürfe zum Fiskalpakt und zum ESM stimmen ?

Mit freundlichem Gruß,

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Onkels,

wie ich auf Abgeordnetenwatch bereits ausgeführt habe, hat die SPD-Fraktion mehrere Monate intensiv und auch mit Fachleuten über die Vertragstexte beraten. Wir haben uns die Entscheidung nicht leichtgemacht.

Wir sind längst nicht mit allem zufrieden und glauben nicht, dass die Maßnahmen ausreichen werden, die Krise dauerhaft zu lösen. Aber: In den Verhandlungen der letzten Wochen haben wir entscheidende Ergänzungen und Verbesserungen erreicht, insbesondere bei der Finanzmarkttransaktionssteuer. Die Verursacher der Krise müssen an den Kosten beteiligt werden.

Weder durch den ESM noch durch den Fiskalpakt werden dem Deutschen Bundestag seine entscheidenden Haushalts- und Kontrollrechte genommen. Die
SPD hat immer darauf geachtet, dass die maßgeblichen Beschlüsse durch denGesetzgeber getroffen werden. Gemeinsam mit den Grünen haben wir durchgesetzt,
dass Bundestag und Bundesrat sowohl beim ESM als auch beim Fiskalpakt umfassend beteiligt werden.

Zu Ihrer Frage nach einer Volksabstimmung: Die SPD setzt sich dafür ein, dass das Grundgesetz um Elemente Direkter Demokratie ergänzt wird. Den entsprechenden Beschluss „Mehr Demokratie leben“ unseres letzten Bundesparteitags finden Sie hier: http://www.spd.de/21576/20111204_beschluss_demokratie.html

Bislang sperrt sich die Union aber noch gegen diesen Vorschlag, so dass die für Änderungen des Grundgesetzes erforderliche 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat momentan noch nicht erreicht ist.

Unabhängig von ESM und Fiskalpakt wird es irgendwann nötig sein, dass wir bereit sind, Souveränitätsrechte abzugeben, um zu einer gemeinsamen
Wirtschafts- und Finanzpolitik zu kommen. Denn nur so lässt sich aus meiner Sicht die Krise überwinden und der Wohlstand für Deutschland sichern. Für eine solche Abgabe von Souveränitätsrechten und die damit verbundene vertiefte Integration der Europäischen Union wäre ganz sicher eine Volksabstimmung notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann