Frage an Thomas Oppermann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Thomas Oppermann
SPD
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Frage von Jochen F. •

Frage an Thomas Oppermann von Jochen F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Oppermann,

Sicher haben Sie von der kürzlich von Jan Böhmermann angestoßenen Diskussion um die Entschädigungsverhandlungen der Bundesregierung mit der Familie Hohenzollern Kenntniss genommen.

Meine Fragen an Sie sind:
- Wie stehen Sie zu den Entschädigungsforderungen der Familie Hohenzollern?

- Wie sehen Sie es, dass die Bundesregierung echte Opfer missachtet und Angehörige von Familien, die ihren Besitz aus schwersten Verbrechen gegen die Menschheit bezogen haben bevorzugt behandelt werden? Wie ist es möglich, dass eine Bundesregierung mit SPD-Beteiligung überhaupt mit diesen Gewaltherrschernachfahren redet, nachdem diese ihre antidemokratische Haltung und fehlende Reflektion ihrer Taten mehrfach unter Beweis gestellt haben?

- Wie erklären Sie sich, dass Angehöriger dieser Clans offensichtlich durch persönliche Kontakte immer noch genügend Einfluss haben um demokratische Entscheidungsträger zu korrumpieren? Haben Sie auch das Gefühl, dass westliche Demokratien zu Selbstbedienungsläden für Reiche verkommen sind wo man Gesetze brechen, Steuern hinterziehen und sich offensichtlich Allgemeineigentum schenken lassen kann nur weil man Geld hat und die richtigen Leute kennt?
- Wie sollen ich und meine Kinder jemals von so einem korrupten System profitieren können? Es war ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass unser Staat niemals wieder in so eine Richtung umkippt.

- Was werden Sie dafür tun, dass diese Clans sich nicht durch Korruption und juristische Tricks Allgemeineigentum aneignen während normale Menschen für ihr Geld arbeiten müssen und für ihre kriminellen Taten verurteilt werden? Tut Ihre Partei irgendwas oder sehen Sie die SPD durch ihre Verbindungen zu Lobbynetzwerken als Teil des Problems?

Ich danke Ihnen für die Bearbeitung meiner Anfrage und wünsche Ihnen noch eine erfolgreiche Amtszeit.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Freitag,

vielen Dank für Ihr Schreiben zur Debatte um die Entschädigungsforderungen der Hohenzollern.

Unser haushaltspolitischer Sprecher Johannes Kahrs und die Kulturpolitiker Martin Rabanus und Helge Lindh haben deutlich gemacht, dass die SPD-Fraktion freiwilligen Zahlungen an die Hohenzollern nicht zustimmen wird.

Die Hohenzollern versuchen auf dem Rechtsweg, Ansprüche aus dem Ausgleichleistungsgesetz von 1994 durchzusetzen. Hierüber werden die Gerichte nach den üblichen rechtsstaatlichen Verfahren entscheiden. Juristisch kommt es hier darauf an, ob die Hohenzollern dem Nationalsozialismus erheblichen Vorschub geleistet haben. Die Fachgutachten der Historiker sind zu diesem Thema widersprüchlich.

Historisch unstrittig ist jedoch: Die Sozialdemokraten, die wie Otto Wels in seiner mutigen Rede gegen das Ermächtigungsgesetz bis zuletzt für die Demokratie gekämpft haben, bekamen von den damaligen Eliten viel zu wenig Unterstützung. Die Weimarer Republik ist letztlich nicht daran gescheitert, dass es zu früh zu viele Nazis, sondern dass es zu lange zu wenige Demokraten gab, wie Richard von Weizsäcker so treffend formulierte.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann