Frage an Ulrich Kelber bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Ulrich Kelber
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Frage von Peter K. •

Frage an Ulrich Kelber von Peter K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Kelber,

am 18.2.2010 haben Sie mir auf meine Fragen bzgl. des Ankaufs der sog. "Steuer-CDs" geantwortet. Obwohl der deutsche Staat wissentlich gestohlene Daten aufgekauft hat, haben Sie mir ausführlich erklärt, warum das rechtlich in Ordnung ist. Sie sagten u.a.

"""
2. Strafbarkeit nach Schweizer Recht
(...)
Fazit: Der CD-Verkäufer hat sich nach schweizerischem Recht, nicht aber nach deutschem Recht strafbar gemacht.

(...)

5. Strafbarkeit des Staatsanwalts bei Ankauf?
Das Beschaffen oder Erhacken dieser Daten oder der CD-Diebstahl in der Schweiz ist nach deutschem Recht nicht strafbar.(...) Das scheitert daran, dass weder die Datenerfassung durch Insider noch das "Erhacken" der Daten nach deutschem Recht strafbar ist. (...)
"""

Die von Ihnen zitierten Erklärungen zeigten, dass der deutsche Staat von einer Straftat nach Schweizer Recht profitiert hat, aber übersahen, dass die Schweiz auch die deutschen Beteiligten an dieser Straftat für Straftäter halten könnte. Genau das ist jetzt geschehen: Die Schweiz sucht nach deutschen Steuerfahndern per Haftbefehl. Der deutsche Staat hat vom Bruch Schweizer Rechts profitiert und damit selbst Schweizer Recht gebrochen. Die Schweiz ist immerhin ein befreundeter Rechtsstaat.

So wichtig der Zweck auch war, es kann nicht sein, dass der deutsche Staat Recht bricht. Die "Rule of Law" gilt auch und gerade für Könige, Kanzler und Behörden.

Meine Fragen:

1) War die rechtliche Bewertung der Angelegenheit seitens Deutschlands nicht etwas optimistisch?

2) Wie stünde es um die Strafbarkeit nach deutschem Recht, wenn etwa eine US-Behörde gestohlene Daten über US-Kunden einer deutschen Bank ankaufen würde?

Mit freundlichen Grüßen

Peter Kanzow

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Sehr geehrter Herr Kanzow,

vielen Dank für Ihre erneute Anfrage zur strafrechtlichen Verfolgung von deutschen Steuerbeamten durch schweizerische Behörden aus aktuellem Anlass.

Zunächst möchte ich feststellen, dass die deutschen Steuerfahnder in Ausübung ihrer Pflicht gehandelt haben. Sie haben deutsche Straftäter der deutschen Gerichtsbarkeit zugeführt und wie wir feststellen konnten Steuerhinterziehungen in nicht geringem Umfang aufgedeckt. An der Stelle wird auch der Kern des Problems deutlich: Schweizer Banken unterstützen Staatsbürger aus anderen Ländern bei der Steuerhinterziehung und fördern damit gedeckt durch das schweizerische Recht die Steuerkriminalität.

Daher kann ich Ihnen auch nicht zustimmen, dass der deutsche Staat durch den Ankauf von Steuer-CDs das Recht bricht. Ganz im Gegenteil hat das Bundesverfassungsgericht die Auffassung bestätigt, dass die Steuerfahnder sich völlig korrekt verhalten haben. Zwar dürfen Daten über Straftäter im Ausland nicht um jeden Preis beschafft werden, das Verfassungsgericht vertritt aber die Auffassung, dass es sich bei Steuerdaten nicht um den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung handelt, sondern um geschäftliche Kontakte. In diesem Fall muss also abgewogen werden zwischen der Schwere der Straftat und dem Eingriff in die Privatsphäre. Da Steuerhinterziehung auch vom Verfassungsgericht nicht als Kavaliersdelikt, sondern als schwere Straftat betrachtet wird, fällt hier die Abwägung zu Lasten der ansonsten durch den Datenschutz geschützten geschäftlichen Kontakte aus, für den Fall, dass ein Verdacht auf Steuerhinterziehung vorliegt.

Das dabei das Risiko besteht, dass gegen schweizerisches Recht verstoßen wird, habe ich nicht in Abrede gestellt. Da die deutschen Steuerfahnder sich aber nach deutschem Recht nicht strafbar gemacht haben, sondern ganz im Gegenteil seine Durchsetzung erwirkt haben, müssen Sie gegen die Strafverfolgung der Schweiz geschützt werden. Letztlich kann diese verfahrene Lage nur ein tragfähiges Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland lösen, indem wirkungsvoll gegen Steuerhinterziehung vorgegangen wird. Dazu gehört auch die Offenlegung von Informationen über deutsches Kapital, dass ohne Versteuerung in schweizerischen Banken liegt.

Zu Ihrem zweiten Punkt: Wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe bin ich selbst kein Jurist. Grundsätzlich sollte es aber nicht im Interesse des deutschen Staates liegen, kriminelle Aktionen von Inländern wie Ausländern auf eigenem Boden zu fördern. Ich setzte daher mein Vertrauen in die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Staaten, wenn es um die Verfolgung von gemeinsam anerkannten Straftaten, wie unter anderem auch Steuerhinterziehung, geht. Wichtig ist dabei ein solide vertragliche Grundlage, die eine internationale strafrechtliche Verfolgung nach gemeinsamen Grundsätzen festschreibt. Auf diese Weise lassen sich vergleichbare Konflikte wie der aktuelle mit der Schweiz von Beginn an verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Kelber