Welche Ursachen haben die jüngsten Wahlergebnisse im Osten?

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Zyon Braun
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Frage von Tim G. •

Welche Ursachen haben die jüngsten Wahlergebnisse im Osten?

Sehr geehrter Herr Braun, könnte es sein, dass die jüngsten Wahlergebnisse im Osten auch damit zu tun haben, dass die Justizminister seit der Widervereinigung, angefangen von Klaus Kinkel (FDP, Wahlkreis Karlsruhe II) sich geweigert haben, die Strafsenate des BGH komplett nach Leipzig an den Sitz des früheren Reichgerichts zu geben? Dass außer dem 5. kein weiterer Strafsenat nach Leipzig gegangen ist, obwohl dies vorgesehen war? Dass die Bibliothek des Reichgerichts zu einem großen Teil in Karsruhe geblieben ist, anstatt die Bücher nach Leipzig zurück zu geben? Dass die Deutsche Nationalbibliothek nicht nach Leipzig zurück gegangen ist, wo sie einst gegründet wurde? Die große Industriemesse nicht zurück in die tradionelle Messestadt gekommen ist? Finden Sie nicht dass es an der Zeit wäre, alle diese Dinge zu korrigieren? Den Hauptsitz der DNB nach Leipzig zu legen, alles Strafsenate des BGH nach Leipzig zu verlegen oder mindestens den 4.?

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Antwort von
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In Ihrer Fragestellung gehen Sie sehr weit in die Vergangenheit, um Ursachen zu identifizieren. Ich bin im August dieses Jahres 30 Jahre alt geworden. Ich denke, meine Generation ist anders sozialisiert, als Generationen, die in der DDR aufgewachsen sind. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass die Ausgangspunkte zur Beantwortung ihrer Frage sehr unterschiedlich liegen. Ich selbst konzentriere mich sehr stark auf die Zukunft und will daher nicht den Versuch machen, den Rückspiegel zu bemühen. Daher antworte ich Ihnen mit ein paar anderen Gedanken hierzu: 

Wahlergebnisse haben immer unterschiedliche Ursachen. Auch die Beweggründe der Menschen bei der Stimmabgabe sind höchst unterschiedlich. Dennoch stimmen aktuelle Ergebnisse sehr nachdenklich. Die politische Mitte wird schwächer und die politischen Ränder stärker. Ich bin der festen Überzeugung, dass in der politischen Mitte die Unterschiede wieder stärker sichtbar werden müssen. Dazu gehört auch eine gute Streitkultur. Die Parteien müssen zeigen, dass sie nicht gleich sind, sondern eine Wahl einen Unterschied macht. In der gegenwärtigen Situation muss jedoch auch die gesamte politischer Mitte zeigen, dass sie über Lösungskompetenz verfügt. Wenn nicht spürbare Fortschritte bei der Bekämpfung von Extremismus und der irregulären Migration erzielt werden, wir das Erstarken der Ränder zunehmen. Darüber hinaus werden wichtige Themenfelder für die Zukunft (Bildung, Wirtschaft, Infrastruktur, etc.) nicht ihren eigentlichen Stellenwert einnehmen können. 

Es gibt aus meiner Perspektive nicht den “Osten”. Es gibt noch nicht einmal das eine Brandenburg. Die Lebensrealitäten in Falkensee, Fürstenberg an der Havel oder Forst in der Lausitz sind höchst unterschiedlich. Darin liegt die Stärke unseres Landes. Jeder Lebensentwurf hat hier eine Chance und genau das wollen wir erhalten. Wir schreiben niemandem vor, wie er zu leben hat. Das beginnt schon bei einer differenzierten Betrachtung und deshalb wehre ich mich gegen die Pauschalisierung des "Ostens".

Auch Medien stehen in besonderer Weise in der Verantwortung. In der Berichterstattung rund um Wahlen, werden oft Landkarten gezeichnet. Brandenburg und die umliegenden Länder werden in hellblauer Farbe angestrichen, um die Stärke der AfD anzudeuten. Jedoch suggeriert diese Form der Darstellung eine Art Mehrheit für diese Partei, die es nicht gibt. Das führt dazu, dass sich Menschen nicht gesehen oder abgebildet fühlen. Ich würde mir wünschen, dass wir in der öffentliche Debatte genauso viel über die Programme anderer Parteien, wie über den Schrecken der AfD sprechen würden. 

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