Einrichtung einer unabhängigen Ethikbehörde zur Lobbykontrolle von EU-Institutionen

Das EU-Parlament hat einen Bericht des deutschen Grünen-Abgeordneten Daniel Freund mit großer Mehrheit angenommen, der die EU-Kommission dazu auffordert, Interessenskonflikte und Korruption in EU-Institutionen in Zukunft von einem unabhängigen Gremium überwachen zu lassen. Bislang hatten die einzelnen Institutionen der EU-Verwaltung selbst kontrolliert, ob bei ihnen die Lobby- und Ethikregeln eingehalten werden.

Von den 96 deutschen Europaabgeordneten stimmten 50 dafür. Die Abgeordneten der CDU/CSU enthielten sich bei der Abstimmung, die der AfD stimmten gegen den Entwurf.

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Dafür gestimmt
50
Dagegen gestimmt
11
Enthalten
28
Nicht beteiligt
7
Abstimmungsverhalten von insgesamt 96 Abgeordneten.
NameFraktionWahlkreis Absteigend sortieren Stimmverhalten
Guido ReilGuido ReilID10 - Nordrhein-Westfalen Dagegen gestimmt
Axel VossAxel VossEVP10 - Nordrhein-Westfalen Nicht beteiligt
Portrait von Christine SchneiderChristine SchneiderEVP11 - Rheinland-Pfalz Enthalten
Portrait von Ralf SeekatzRalf SeekatzEVP11 - Rheinland-Pfalz Enthalten
Portrait von Dieter Peter JahrDieter Peter JahrEVP13 - Sachsen Enthalten
Portrait von Maximilian KrahMaximilian KrahID13 - Sachsen Dagegen gestimmt
Portrait von Sven SchulzeSven SchulzeEVP14 - Sachsen-Anhalt Nicht beteiligt
Portrait von Niclas HerbstNiclas HerbstEVP15 - Schleswig-Holstein Enthalten
Portrait von Marion WalsmannMarion WalsmannEVP16 - Thüringen Enthalten
Portrait von Jutta PaulusJutta PaulusGrüne/EFA17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Delara BurkhardtDelara BurkhardtS&D17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Constanze KrehlConstanze KrehlS&D17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Lars Patrick BergLars Patrick BergEKR17 - Bund Dagegen gestimmt
Portrait von Terry ReintkeTerry ReintkeGrüne/EFA17 - Bund Dafür gestimmt
Gunnar BeckID17 - Bund Dagegen gestimmt
Portrait von Jan-Christoph OetjenJan-Christoph OetjenRE17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Viola von Cramon-TaubadelViola von Cramon-TaubadelGrüne/EFA17 - Bund Nicht beteiligt
Portrait von Petra KammerevertPetra KammerevertS&D17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Patrick BreyerPatrick BreyerGrüne/EFA17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Nicola BeerNicola BeerRE17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Rasmus AndresenRasmus AndresenGrüne/EFA17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Joachim SchusterJoachim SchusterS&D17 - Bund Nicht beteiligt
Portrait von Martin BuschmannMartin Buschmannfraktionslos17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Damian BoeselagerDamian BoeselagerGrüne/EFA17 - Bund Dafür gestimmt
Portrait von Joachim KuhsJoachim KuhsID17 - Bund Dagegen gestimmt

Der Entwurf von Freund ist eine Reaktion auf den gegenwärtigen Umgang mit den Verhaltensregeln zu Lobbyismus und Nebentätigkeiten in den Institutionen der EU. Zwar gelten bereits strikte Einschränkungen zu unzulässigem Lobbyismus, Nebentätigkeiten und Anschlussbeschäftigungen. Die Anwendung dieser Vorschriften war in der Vergangenheit aber wenig konsequent, da die EU-Verwaltung deren Einhaltung bislang nur unzureichend kontrollierte. Das EU-Parlament hat in den letzten Jahren auch zahlreiche Verstöße gegen die Vorschriften feststellen können. Diese haben jedoch nie zu Sanktionen geführt.

Um sich diesem Problem anzunehmen, wird die EU-Kommission in dem Entwurf aufgefordert, eine unabhängige Ethik-Kommission zur Kontrolle der bestehenden Vorschriften einzurichten. Diesem neuen Gremium sollen neun Mitglieder angehören, darunter EU-Bedienstete wie auch externen Mitarbeiter:innen. Die „unabhängige Einrichtung für Ethikfragen“ würde zukünftig unter anderem in der Lage sein, Untersuchungen zu Angelegenheiten von EU-Kommissar:innen und Abgeordneten des EU-Parlaments einzuleiten. Die sich daraus ergebenden Empfehlungen sollen öffentlich gemacht werden können.

Eine auf auf Ersuchen des federführenden Ausschusses für konstituionelle Fragen von der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten des Europäischen Parlaments in Auftrag gegebene Studie schlug die Einrichtung einer solchen „Unabhängigen Einrichtung für Ethikfragen“ (UEE) vor. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass man damit in den Institutionen der EU Transparenz und Integrität gewährleisten könne.

Freund erklärte zu seinem Bericht, dass man damit „einen großen Erfolg für saubere Politik in der Europäischen Union“ feiern würde. Durch die Politik dürfe nie der Eindruck entstehen, dass sie „für zahlkräftige Einzelinteressen käuflich ist“.

Im Vorfeld der Abstimmung kündigte die EVP-Fraktion im Europaparlament, zu der auch die deutschen Abgeordneten der CDU/CSU gehören, an, dass sie sich bei der Abstimmung enthalten würde. Rainer Wieland, Europaabgeordneter der CDU, erklärte dazu, dass ein Parlament grundsätzlich die zentrale Aufgabe habe, Regierungen zu prüfen. Die vorgeschlagene Ethik-Komission dürfe deshalb nur mit Vorschlägen unterstützen.

Der Europaabgeordnete Helmut Scholz von der Linken, im EU-Parlament Mitglied der GUE/NGL-Fraktion, kritisierte wiederum, dass der neuen Ethik-Kommission Befugnisse fehlen würden, da sie Sanktionen zwar empfehlen, diese jedoch nicht selbst verhängen könne.

Der Entwurf wurde von den Abgeordneten des Europäischen Parlaments mit großer Mehrheit von 377 Ja-Stimmen und 87 Nein-Stimmen bei 224 Enthaltungen angenommen. Von den 96 deutschen Europaabgeordneten stimmten 50 dafür. Die Abgeordneten der CDU/CSU enthielten sich bei der Abstimmung, die der AfD stimmten gegen den Entwurf. Sieben deutsche Abgeordnete haben sich nicht beteiligt.