Frage an Achim Ritter bezüglich Wirtschaft

Achim Ritter
DIE LINKE
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Frage von Dr. Jürgen S. •

Frage an Achim Ritter von Dr. Jürgen S. bezüglich Wirtschaft

Lieber Herr Ritter,
ich beglückwünsche Sie zu dem Erfolgskurs Ihrer Partei...aber gerade deshalb habe ich einige Fragen an Sie:

1) wie wollen Sie verhindern, dass Unternehmen, vor allem die großen Konzerne, weitere Arbeitsplätze in Billiglohnländer auslagern, wenn die Steuern erhöht werden und darüber hinaus noch ein Mindestlohn (Ihre derzeitigen Vorstellungen sind ja 1400,- € netto) gezahlt werden muß?

2) wie soll bei Erhöhung der Steuern für die Reichen ich bin durchaus dafür eine Kapitalflucht ins Ausland verhindert werden?

3) Können Sie sich auch eine gesetzlich vorgeschriebene Maximalvergütung (für die Manager) vorstellen?

4) Warum schließen Sie eine Regierungsbeteiligung von Ihrer Seite von vornherein kategorisch aus und setzen sich dadurch dem Vorwurf aus, ein Programm zu verkünden, von dem Sie wissen, dass Sie niemals versuchen müssen, dieses auch in die Tat umzusetzen?

Ich bitte Sie um eine Stellungnahme noch vor dem Wahltermin und verbleibe
mit freundlichem Gruß

Jürgen Schulz
Am Kreuzstück 19
65510 Hünstetten

Antwort von
DIE LINKE

1) wie wollen Sie verhindern, dass Unternehmen, vor allem die großen Konzerne, weitere Arbeitsplätze in Billiglohnländer auslagern, wenn die Steuern erhöht werden und darüber hinaus noch ein Mindestlohn (Ihre derzeitigen Vorstellungen sind ja 1400,- EURO; netto) gezahlt werden muß?

Die Wanderungsbewegungen von Produktionsstätten internationaler Großkonzerne lassen sich durch politische Instrumentarien nur bedingt und wenn, dann nur mit unverhältnismäßig hohem Einsatz von Steuergeldern beeinflussen. Ich verweise nur auf die Investition von VW am Standort Dresden, bei der die Gesamtinvestition von ca. 780 Mio. EURO nur zu 220 Mio. EURO aus Eigenmitteln und zu ca. 560 Mio. EURO aus öffentlichen Mitteln und damit letzendlich Steuergeldern bestand. Aufgabe des Staates ist dabei deshalb vor allem die Bereitstellung von Infrastruktur bestehend aus Verkehrswegen, Flächen und gut ausgebildeten und leistungsfähigen Arbeitskräften. Damit ist eine entscheidende Weichenstellung für Industrieansiedlung nur durch konsquente Wahrnehmung der öffentlichen Daseinsvorsorge für unsere Mitbürger möglich. Die hierfür erforderlichen Finanzmittel in Form von Steuern haben alle nach Leistungsfähigkeit zu tragen. Hierfür ist Deutschland als Konsummarkt zu bedeutend, als dass wir uns inklusive der internationalen Firmen in diesem Bereich ein Versagen leisten können. Hier gilt es an das Verantwortungsbewußtsein aller zu schärfen und die entsprechenden notwendigen gesetzlichen Regelungen zu gestalten.

2) wie soll bei Erhöhung der Steuern für die Reichen ich bin durchaus dafür eine Kapitalflucht ins Ausland verhindert werden?
Auch hierfür können wir dem Beispiel anderer Industrieländer folgen: Zur Zahlung von Einkommenssteuer ist danach jeder Bürger auch im Ausland verpflichtet. Dies Verpflichtung erlischt erst mit der Aufgabe der Staatsbürgerschaft. Staatsbürger im Ausland zahlen dabei nur den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkommenssteuern Ihres Aufenthaltslandes und den bundesdeutschen Steuern, wodurch dem gesetzlich verankerten Doppelbesteuerungsverbot genüge getan würde. Eine Steuerflucht in sogenannte Steueroasen blieb damit weitgehend wirkungslos.

3) Können Sie sich auch eine gesetzlich vorgeschriebene Maximalvergütung (für die Manager) vorstellen?

Eine solche Einkommensbegrenzung kann ich mir in einer solidarischen Gesellschaft sher wohl vorstellen. Gleichzeitig halte ich es für möglich, dass Manager in für sie geltenden Tarifvereinbarungen (wie sie für alle anderen Mitarbeiter auch gelten) selbst die Unhaltbarkeit der nach oben unbegrenzten Vergütungen einsehen. Erste Schritte dazu sind ja bereits mit den freiwilligen und unfreiwilligen Offenlegungspflichten vorbereitet. Ich gebe nur zu bedenken, dass in einem solchen "Tarifssystem" auch die Prämien, Tantiemen und Gewinnbeteiligungen neu zu regeln sind. Ganz schweigen von dem Verbot von Aktienoptionen.

4) Warum schließen Sie eine Regierungsbeteiligung von Ihrer Seite von vornherein kategorisch aus und setzen sich dadurch dem Vorwurf aus, ein Programm zu verkünden, von dem Sie wissen, dass Sie niemals versuchen müssen, dieses auch in die Tat umzusetzen?

Ich kann aus den Äußerungen unserer Spitzenkandidaten nicht erkennen, dass eine Regierungsbeteiligung kategorisch ausgeschlossen wird. Ich trage nur die von Oscar Lafontaine und Gregor Gysi vertretene Position mit, dass unsere Regierungsbeteiligung auch mit einem Umsetzen unserer politischen Forderungen wie z.B. dem Verzicht auf Hartz IV, dem Aus- und anstelle des Abbaus der sozialen Sicherungssysteme sowie mit einer gerechten Steuerpolitik, die sich an der Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen orientiert verbunden sein muß. Weitere Steuergeschenke an Besserverdienende und an die Industrie durch Absenken des Spitzensteuersatzes oder Absenkung bis hin zur Abschaffung der Gewerbesteuer sind mit uns nicht zu machen. Alle möglichen demokratischen Koalitionspartner haben sich jedoch auf hierzu widersprechende Konzepte festgelegt. Bei keinem der Beteiligten ist bisher ein Abrücken von solchen Positionen in unsere Richtung erkennbar, weshalb uns als Linkspartei nur die Selbstverleugnung oder die Opposition bleibt. Für eine Beteiligung an de Macht um den Preis der Selbstverleugnung sind wir jedoch nicht zu haben, daher bleibt uns zur Zeit bis zur Veränderung der Verhältnisse nur die Oppositionsrolle und das weitere Ringen um die absolute Mehrheit !