in Bürstadt endete die Umstellung auf wiederkehrende Straßenbeiträge als teures Desaster. Woran ist es gescheitert, worauf ist zu achten? Würden Sie wStrB heute anderen hessischen Kommunen empfehlen?

Brückenbauer für die Bergstraße, Innenpolitischer Sprecher und stellv. Vorsitzender der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, #BauerMdL: UNSERE HEIMAT. STRAK VERTRETEN.
Alexander Bauer
CDU
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Frage von andreas s. •

in Bürstadt endete die Umstellung auf wiederkehrende Straßenbeiträge als teures Desaster. Woran ist es gescheitert, worauf ist zu achten? Würden Sie wStrB heute anderen hessischen Kommunen empfehlen?

es ist sicher ein Versehen, daß unsere Anfrage vom 20.8.21 zu wStrB in Hessen und in Bürstadt unbeantwortet blieb https://strassenbeitragsfrei.de/2021/AG_Anfrage_an_A_Bauer_CDU_17-08-2021.pdf.
Wir hatten um Ihre Einschätzung gebeten: Sie haben als stellv. Stadtverordnetenvorsteher das Bürstädter Desaster bei der Umstellung auf wStrB selbst miterlebt, empfehlen aber im Hess. Landtag immer noch die wStrB zusammen mit Ihrem Koalitionspartner und fördern sie sogar mit Millionensummen.
„1. Würden Sie heute noch anderen hessischen Kommunen die Umstellung auf wiederkehrende Beiträge empfehlen?
2. Wenn ja: woran ist es in Bürstadt gescheitert, worauf wäre zu achten?
3. Wäre wStrB auf Kommunen jeglicher Größe (2.000 bis 300.000 Einwohner) und auch im ländlichen Raum skalierbar? Wie lassen sich extreme Beitragsbescheide (große Grundstücke, Sportvereine) vermeiden?
4. Wenn nein: …“
Wg. der Aktualität des Themas (letzte Landtagsdebatte dazu am 20.7.23) freuen wir uns auf Ihre Antwort.
VielenDank

Brückenbauer für die Bergstraße, Innenpolitischer Sprecher und stellv. Vorsitzender der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, #BauerMdL: UNSERE HEIMAT. STRAK VERTRETEN.
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Damen und Herren,

gerne erläutere ich Ihnen meine Position zum Straßenbeitragsrecht in Hessen:

Im April 2018 verständigte sich die schwarz-grüne Landesregierung mit der oppositionellen FDP auf einen politischen Kompromiss: Die Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sollte auch im Fall von Haushaltsdefiziten entfallen. Weiterhin wurde den Gemeinden ermöglicht, die Dauer von Ratenzahlungen auf 20 (statt zuvor 5) Jahre zu strecken. Seit April 2021 gewährt die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) aufgrund eines Förderprogramm des Landes Kommunen, die ihren Bürgerinnen und Bürgern bei Straßenausbaubeiträgen Ratenzahlung ermöglichen, einen zinslosen Kommunalkredit. Damit reagiert das Land darauf, dass einige Gemeinden keine Ratenzahlung gestatteten, weil sie den finanziellen Engpass befürchten, der entsteht, wenn die Baumaßnahme abgeschlossen und bezahlt ist, die Raten aus den Beiträgen aber noch ausstehen. Die Kredite werden mit Laufzeiten von 10 oder 20 Jahren angeboten, insgesamt stehen dafür 30 Millionen Euro bereit

Der Hessische Landtag hat - mit meiner Zustimmung - den Städten und Gemeinden mit dem Gesetz zur Neuregelung der Erhebung von Straßenbeiträgen vom 28. Mai 2018 außerdem ermöglicht, in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob sie Straßenbeiträge erheben möchten oder nicht und wenn ja, ob als einmalige oder als wiederkehrende Straßenbeiträge. Schließlich zahlt das Land an Gemeinden, die auf wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen umstellen, als Kompensation für den bei der Einführung erforderlichen höheren Verwaltungsaufwand eine Ausgleichszahlung von 5 Euro je Einwohner, mindestens aber 20 000 Euro je Abrechnungsgebiet.

Die Stadt Bürstadt, die für den Erhalt ihrer Straßen zuständig ist, hat nach eingehender Beratung und Debatte von dieser gesetzgeberischen Option Gebrauch gemacht. Die zuständigen politischen Gremien haben in kommunaler Selbstverwaltung die Umstellung des örtlichen Beitragsrechts auf Wiederkehrende Straßenbeiträge beschlossen. Eine entsprechende Satzung trat zum 1. Januar 2018 in Kraft. Dieser Beschluss wurde nach der Kommunalwahl 2021 - auch aufgrund geänderter politischer Mehrheitsverhältnisse – durch einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung aufgehoben und die von allen Bürgerinnen und Bürgern (wiederkehrend) geleisteten Beitragszahlungen wurden (auch rückwirkend) erstattet. Seither sind Straßenausbaubeiträge in der Stadt Bürstadt - auch mit meiner Zustimmung - abgeschafft!

Nun zu Ihren konkreten Fragen:

1) Würden Sie heute noch anderen hessischen Kommunen die Umstellung auf wiederkehrende Beiträge empfehlen?

Die Entscheidung ob und wie Straßenbeiträge erhoben werden trifft jede Kommune– unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten - selbst. Das entspricht meinem Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung.

2.) Wenn ja: woran ist es in Bürstadt gescheitert, worauf wäre zu achten?

Der Verwaltungsaufwand zur Datenerhebung ist nicht unerheblich. Die Definition der jeweiligen Abrechnungsgebiete, die Beitragsberechnung, deren Veranlagung und Bescheidung erfordert eine rechtssichere Anwendung, da Gebührenbescheide im Einzelfall auch beklagt werden.

3.) Wäre wStrB auf Kommunen jeglicher Größe (2.000 bis 300.000 Einwohner) und auch im ländlichen Raum skalierbar? Wie lassen sich extreme Beitragsbescheide (große Grundstücke, Sportvereine) vermeiden?

Die Gebietsgröße der Abrechnungsgebiete häng von örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden Gebietes, des Verkehrswegenetzes, der Topographie oder der tatsächlichen Straßennutzung und nicht von den Zahl der betroffenen Einwohnerinnen und Einwohnern ab. Einheitliche und größere Abrechnungsgebiete sind erstrebendwert, denn sie fördern die Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz der Beitragserhebung.

Das Beitragsrecht lässt schon immer im begründeten Einzelfall Ermessensentscheidungen durch den Gemeindevorstand/Magistrat zu. So können unbillige Härten und hohe Beitragsbescheide (z.B. bei Sportvereinen) abgemildert werden.

4. Wenn nein: …

Wiederkehrende Straßenbeiträge haben gegenüber dem einmaligen Straßenbeitrag den Vorteil, dass nicht mehr wenige Bürger viel zahlen, sondern die Beitragslast auf alle Eigentümer in einem Abrechnungsgebiet verteilt werden. Das heißt: Viele Bürger zahlen öfter, aber auf die Gesamtdauer gesehen, weniger. Gleichzeitig entsteht eine gleichmäßige vorhersehbare Belastung der Bürger über mehrere Jahre. Beiträge werden nur dann erhoben, wenn in einem Abrechnungsgebiet auch Straßenbaumaßnahmen durchgeführt werden. Bei mehrfach erschlossenen Grundstücken erfolgt auch nur eine einmalige Belastung. So kann bei Anwendung einer „Verschonungsregel“ dafür gesorgt werden, dass bereits veranlagte Grundstücke bis zur Aufrechnung ihrer (früher) geleisteten Beiträge von der Zahlung der neuen „wiederkehrenden Straßenbeiträge“ für einen bestimmten Zeitraum verschont werden.

Mit freundlichem Gruß

Alexander Bauer

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