Sind Sie für eine Impfpflicht?

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Amira Mohamed Ali
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Frage von Herbert S. •

Sind Sie für eine Impfpflicht?

Der Parteivorstand der LINKEN fordert in dem Beschluss „Corona gemeinsam besiegen – solidarische Notbremse jetzt!“ (https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand/detail/corona-gemeinsam-besiegen-solidarische-notbremse-jetzt/) eine allgemeine Impfpflicht für Volljährige.
Teilen Sie diese Forderung des Parteivorstandes? Falls ja, wie soll nach Ihrer Meinung so eine Impfpflicht durchgesetzt werden? Soll es Geldstrafen geben (die hauptsächlich die arme Bevölkerung treffen, auch wenn die Strafen nach Einkommen gestaffelt sind)? Soll es im Falle einer Weigerung, sich impfen zu lassen, Gefängnisstrafen geben? Soll es im Falle einer Weigerung, die Geldstrafe zu zahlen, zu Gefängnisstrafen kommen? Sollen die Polizei oder das Militär die Unwilligen zum Impfen bringen? Soll es Berufsverbote geben, falls eine Impfung verweigert wird?
Falls Sie die Forderung des Parteivorstandes nicht teilen, begründen Sie bitte Ihre Ablehnung.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Ich vertrete die Auffassung, dass es auf jeden Fall wichtig ist, dass sich so viele Menschen wie möglich impfen lassen, um die Pandemie zu bewältigen. Ein weitreichender Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger wie eine Impfpflicht wäre nur dann gerechtfertigt, wenn alle anderen milderen Mittel vollständig ausgeschöpft worden sind. Für mich kommt eine allgemeine Impfpflicht lediglich als ultima ratio in Betracht. So steht es übrigens auch in dem von Ihnen erwähnten Parteivorstands-Beschluss.

Statt einer allgemeinen Impfpflicht braucht es meiner Meinung nach positive Anreize. Hierzu zählen die gezielte Ansprache der Bürgerinnen und Bürger, eine Impfkampagne in  benachteiligten Wohngebieten, niedrigschwellige Angebote sowie die Bereitstellung von ausreichend Impfstoff und Impfstellen. Wer sich impfen bzw. boostern lassen will, muss das zeitnah, wohnortnah und unkompliziert können. Denn hieran mangelt es akut. In Bremen hat die LINKE Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard gezeigt, dass sich die höchste Impfquote in Deutschland durch Aufklärung und Überzeugungsarbeit mit einer entsprechenden Ansprache in benachteiligten Stadtteilen erreichen lässt.

Die bis Dezember amtierende Bundesregierung trägt die Verantwortung für die Versäumnisse und Defizite im Umgang mit der Corona-Pandemie wie die nicht ausreichende Beschaffung von Impfstoffen oder die Situation im Gesundheitswesen. So hat die ehemalige Bundesregierung, um nur ein Beispiel herauszuheben, nichts dafür getan, dass die Patente der Corona-Impfstoffe freigegeben werden. Derzeit erzielen Pharmakonzerne mit den Steuergeldern der Bürger märchenhafte Profite, während Menschen in ärmeren Ländern, die Schutz benötigen, diesen nicht erhalten. Die Nicht-Freigabe von Impf-Patenten hat womöglich auch die Verbreitung von Virusvarianten in ärmeren Ländern begünstigt. Auch im Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Regierung findet sich keinerlei Aussage einer von Südafrika und Indien bei der WTO beantragten Freigabe der Patente die Zustimmung zu erteilen. Der Pflegebonus für die im Gesundheitswesen Beschäftigten, wird auf das nächste Jahr verschoben, um vorher zu klären, wer in den Genuss dieser finanziellen Zuwendung kommen soll, anstatt sie allen Beschäftigten im Gesundheitswesen zu gewähren, wie es meine Fraktion DIE LINKE im Bundestag fordert. So droht eine Fortsetzung zahlreicher Versäumnisse der Vorgängerregierung auch bei der neuen Bundesregierung.

Meine Fraktion DIE LINKE im Bundestag setzt sich für eine soziale und solidarische Krisenbewältigung ein und die Wiederherstellung eines ausreichend finanzierten und leistungsfähigen Gesundheitssystems mit gut bezahltem Personal. Dies wäre eine wichtige Grundlage, um mit Herausforderungen der gegenwärtigen Pandemie besser fertig zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Amira Mohamed Ali

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