Frage an Anja Weisgerber bezüglich Lobbyismus & Transparenz

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Anja Weisgerber
CSU
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Frage von Lukas H. •

Frage an Anja Weisgerber von Lukas H. bezüglich Lobbyismus & Transparenz

Hallo Frau Weisgerber.

Warum stellt sich ihre Partei so wehement gegen ein umfassendes Lobbyregister? Der aktuelle Vorschlag nimmt die Regierung beispielsweise komplett aus. Es gibt wenig Verbindlichkeiten oder Konsequenzen bei Verstößen und die zu meldenden Zuwendungsgrenzen sind auch ziemlich hoch.

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CSU

Sehr geehrter Herr Hahmann,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Berichterstatter der Koalition haben die Einführung eines verbindlichen Lobbyverzeichnisses vereinbart. Mit der Initiative wird ein Lobbyregister im Bundestag eingeführt und zwar auf Basis der Überlegungen, welche die Union auch in den Jamaika-Verhandlungen 2017 vereinbart hatte. Die Koalition wird ein Lobbyregister beschließen, das umfassend und angemessen gleichzeitig ausgestaltet ist. Wir stellen Transparenz bei der Interessenvertretung her, ohne den Kontakt zu Abgeordneten und das freie Mandat einzuschränken, der Kontakt zu Abgeordneten im Wahlkreis bleibt weiterhin uneingeschränkt und ohne Eintragungspflichten möglich – auch für Unternehmer!

Wir beschließen das Lobbyregister im Miteinander von Bundestag und Bundesregierung, das Bundesministerium des Innern hat zugesagt, dass sich die Ministerien unserer Regelung im Bundestag anschließen wollen. Wir werden hierfür im Gesetzgebungsverfahren die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Die Bundesregierung geht im Übrigen in der aktuellen Wahlperiode schon einen neuen Weg für mehr Transparenz. Alle Stellungnahmen der Verbände im Rahmen der Verbändeanhörung werden veröffentlicht, bei Widerspruch durch die Verbände wird dieser Widerspruch veröffentlicht. Für Interessenvertreter, die in den Anwendungsbereich der Regelung fallen, besteht künftig eine Eintragungspflicht, bevor gegenüber Abgeordneten, Fraktionen oder der Bundesregierung Interessenvertretung betrieben wird.

Eingetragen werden dabei Daten des Interessenvertreters, jedoch keine Daten über Termine oder Gesprächspartner. Dies ist für uns als Schutz des freien Mandates von grundsätzlicher Bedeutung. Die Registrierungspflicht ist umfassend und trifft alle Interessenvertreter, auch solche, die im Rahmen von Netzwerken, Internet-Plattformen oder anderen Formen kollektiver Tätigkeiten Interessenvertretung betreiben.

Bei den anzugebenden Inhalten sind künftig auf angemessene Weise Rückschlüsse auf die Intensität der Interessenvertretung möglich. Eingetragen werden u.a. Angaben zu Auftraggebern für welche Interessenvertretung betrieben wird, die Anzahl der Beschäftigten, die mit der Interessenvertretung beauftragt sind, Daten zu den jährlichen finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung (ohne Personalkosten) in bestimmten Stufen und die Offenlegung von Zuwendungen, Zuschüssen oder Spenden in bestimmten Stufen und bei Überschreitung einer Grenze von 20.000 Euro.
Die Regelung sieht Auskunftsverweigerungsrechte zu finanziellen Angaben vor, in diesen Fällen werden entsprechende Interessenvertreter auf einer gesonderten öffentlichen Verweigerungsliste geführt. Wir halten es für richtig, Angaben gegenüber Behörden und Öffentlichkeit verweigern zu dürfen soweit kein zwingender Bedarf für eine Offenlegung besteht. Zwingend ist die Offenlegung nicht, Gesprächspartner im Bundestag und der Öffentlichkeit haben mit der Regelung jede Möglichkeit, sich jeweils ein eigenes Bild über die Interessenvertretung zu machen und ggf. nachzufragen.
Eine Offenlegung von Gesprächspartnern sieht das Gesetz nicht vor, ein Gesetz, in dem die Gesprächspartner von Abgeordneten oder auch Anwälten, Pfarrern oder Journalisten gezwungen werden, solche Gespräche offen zu legen, ist für uns genauso wenig vorstellbar, wie ein Gesetz, welches Abgeordnete, Anwälte, Pfarrer oder Journalisten selbst dazu zwingt.

Dieser Schutz des freien Mandates und des Zeugnisverweigerungsrechts von Abgeordneten ist für uns von grundsätzlicher Bedeutung. Das Grundgesetz hat Abgeordneten ein Zeugnisverweigerungsrecht gegeben. Das Grundgesetz will das freie Mandat damit schützen. Wer hier etwas anderes will, legt die Axt an eine der zentralsten Stellen der Verfassung. Verstöße gegen die Eintragungspflicht sind bußgeldbewährt (bis zu 50.000 €). Die Bußgeldhöhe ist im Verhältnis der Ordnungsgelder auch angemessen ausgestaltet, denn Lobbyisten können nur mittelbar Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen. Verantwortlich ist am Schluss immer der Gesetzgeber aus Bundestag und Bundesrat.

Für die Ermittlung und Verfolgung von entsprechenden Verstößen ist die Bundestagsverwaltung zuständig. Der Bußgeldtatbestand wird im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten eingefügt, die Bundestagsverwaltung verfügt dadurch - bis auf wenige Ausnahmen - über alle Rechte, wie sich auch die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten hat. Umfassender kann man in einem Rechtsstaat Sanktionierungen nicht regeln.

Mit freundlichen Grüßen
Anja Weisgerber

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