Frage an Anton Hofreiter bezüglich Verkehr

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Anton Hofreiter
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Frage von Peter K. •

Frage an Anton Hofreiter von Peter K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter,

wie ich aus den Medien erfahren habe favorisiert ihre Fraktion erneut eine Zerschlagung des DB - Konzerns und der Bildung einer GmbH für die Infrastukur. Mich würde interessieren ob bei bei diesen Gedankengägen dei schlechten Erfahrungen in GB berücksichtigt werden und die sozialen Interessen der Beschäftigten bei der DB auch nur im Ansatz berücksichtigt werden. ( schlechte Sozialstandarts bei Privaten Verkehrsunternehmen, Ausschreibungen nur über den niedrigsten Preis u.s.w.) Ich glaube nicht das dieses Vorhaben mehr Verkehr auf dei schiene bringt,was ja unser Ziel sien sollte.

Mit freundlichen grüssen

Peter Knauer

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Sehr geehrter Herr Knauer,

vielen Dank für ihre Nachricht und das Interesse an unserer Arbeit.

Sie formulieren es ganz richtig. Es ist unser Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.

Dass wir eine Teilung des Konzerns befürworten, liegt daran, dass wir nach umfänglichen Analysen zu der Überzeugung gekommen sind, dass diese Aufspaltung der beste Weg ist, um oben genanntes Ziel zu erreichen. Seit Beginn der Privatisierung der Bahn gelten die Gewinn- und Beherrschungsverträgen der DB AG mit ihren Töchtern sowie die Trennung von Netz und Betrieb als einer der wichtigsten Knackpunkte der Auseinandersetzungen. Der Europäische Gerichtshof überprüft derzeit die Praxis bei Netz und Betrieb in mehreren Ländern, darunter auch in Deutschland. Dem-nächst kommt es in dem Verfahren zu einer Anhörung. Das Urteil wird für die zweite Jahreshälfte erwartet. Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, strengere Regeln für eine Trennung von Infrastruktur und Verkehrsaktivitäten von Eisenbahnen in Europa einzuführen. Voraussetzung wäre allerdings ein entsprechendes Urteil des EuGH.
Die Befürworter einer Trennung, einschließlich der grünen Bundestagsfraktion argumentieren, dass solange Netz und Betrieb in einer Hand sind, es für den Infrastrukturbetreiber keinen Anreiz gibt, die Netzkapazitäten optimal auszulasten und ein effizientes Angebot der Scheinenverkehrsleistungen zu ermöglichen. Hinzukommt, dass durch die derzeitige Rechts- und Organisationsstruktur der Deutschen Bahn AG mit einer Management Holding und Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen mit den nachgeordneten Unternehmen die Gewinne aus dem Infrastrukturbereich über die Holding abgeführt und nicht mehr in die Infrastruktur reinvestiert werden.
Die Gegner der Trennung, allen voran Verkehrsminister Ramsauer (CSU) und die DB AG führen dagegen an, dass für den Bundeshaushalt zwischen 9,7 Mrd. bis 12,7 Mrd. Euro bei einer Trennung zwischen Netz und Betrieb anstehen. Zudem hätte der Bund die mehr als 11 Mrd. Euro Schulden des Netzes zu übernehmen. Außerdem wird argumentiert, dass die Dividende, die die Bahn seit diesem Jahr an den Bund ausschüttet, dem Haushalt nicht mehr zur Verfügung stände. Derzeit geht es um jährlich 525 Mio. Euro. Deshalb nimmt die Bundesregierung selbst eine Strafe des Europäischen Gerichtshofs in Kauf. Dieser bemängelt seit Langem die Quersubventionierung des Zugbetriebs durch die Netzsparte und hat zuletzt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Im Koalitionsvertrag kündigte die Bundesregierung auf Treiben der FDP kündigte eine Überarbeitung des Allgemeinen Eisenbahnrecht und eine Prüfung der Aufhebung der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge an. In der entsprechenden Passage heißt es: „Die Infrastruktursparten (Netz, Bahnhöfe, Energie) werden nicht privatisiert, weil sie im Zusammenhang mit der staatlichen Infrastrukturverantwortung stehen. Wir wollen die Rechte des Bundes bei Initiierung und Umsetzung von Eisenbahninfrastrukturprojekten stärken. […] Für die Finanzierung der Bahn wird folgendes Modell geprüft: Mittelzuwendungen des Bundes erfolgen direkt an die DB Infrastrukturgesellschaften. Trassenerlöse und Stationsentgelte fließen in die Schieneninfrastruktur zurück, Gewinnabführungen der Infrastruktursparten an die Holding werden ausgeschlossen. Die DB AG behält im Konzernverbund als Alleineigentümerin Einfluss auf ihre Infrastruktursparten; deren Leitung erfolgt zukünftig unabhängig. Doppelmandate bei Holding- und Infrastrukturgesellschaften werden ausgeschlossen. Mit der stärkeren Unabhängigkeit des Netzes erreichen wir auch, dass der Wettbewerb auf der Schiene verbessert wird. Zu diesem Zweck werden wir auch das Regulierungsrecht im Allgemeinen Eisenbahngesetz überarbeiten. Unter anderem müssen dabei die Trassen- und Stationspreise einer Anreizregulierung unterworfen werden. Regulierungsbedürftig sind ferner der Zugang zu Serviceeinrichtungen, der Bezug von Bahnstrom und Vertriebsleistungen im Schienenpersonenverkehr. Die Bundesnetzagentur wird gestärkt.“ Gemessen an diesem Vorhaben hat die Bundesregierung jedoch seit 2009 nichts getan. Die Aufhebung der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge sind nicht angegangen worden. Stattdessen konnte die DB AG ihre Gewinne in den letzten Jahre immer weiter gesteigert, auf Kosten des Netzzustandes und der Verbraucher. In ihrer aktuellen Mittelfristplanung bis 2014 will die DB AG mehr als 1 Mrd. Euro aus der hauptsächlich mit Steuermitteln bezahlten Infrastruktur generieren. Nicht vergessen darf man dabei, dass die DB Netz AG ein hoch subventioniertes Unternehmen ist, das jedes Jahr vom Steuerzahler 2,5 Milliarden Euro für Erhaltungsinvestitionen und weitere 1,2 Milliarden für neue Schienenprojekte bekommt. Außerdem gehen die Gewinne auf Kosten der kommunalen und privaten Wettbewerber der Bahn. Die Trassenpreise, die alle Schienenunternehmen für die Benutzung an die DB Netz AG zahlen müssen, sind in den letzten Jahren systematisch erhöht worden. Zwischen 2002 und 2010 stiegen die Trassenentgelte um 34% und die Stationsentgelte um 23 % mit der Folge, dass die Betriebskosten im Bahnverkehr erheblich gestiegen sind. Auch dieses Geld stammt wesentlich aus Steuertöpfen, da die Länder den Regionalverkehr mit jährlich rund 7 Milliarden Euro bezuschussen.

Mit freundlichen Grüßen

Skadi Krause (im Auftrag von Anton Hofreiter)

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