Frage an Astrid Rothe-Beinlich bezüglich Verkehr

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Astrid Rothe-Beinlich
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dalia E. •

Frage an Astrid Rothe-Beinlich von Dalia E. bezüglich Verkehr

Welche konkreten infrastrukturellen Maßnahmen werden Sie zur besseren smarten Anbindung der jeweiligen ländlichen Räume an die Ballungsstädte, insbesondere EF, WE, J und GTH umsetzen?

1. für Pendler via PkW?
2. für Rufbusse oder Bürgertaxis?
3. für Bahnpendler?
4. für Busanbindungen?

Wie werden die genannten 4 Bereiche durch digitale Angebote untersetzt?

Welche konkreten P+R Verbesserungen stehen zu erwarten?

Portrait von Astrid Rothe-Beinlich
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau E.,

vielen Dank für Ihre spannenden Fragen.

Der Bereich Verkehr und umweltfreundliche Mobilität ist einer der wichtigsten Problemfelder, sind davon doch meist sehr viele Personen betroffen, weil sie täglich unterwegs sind. Zugleich sind Maßnahmen zum Schutz des Klimas, der Natur und der Bevölkerung vor den Folgen der Verkehrsbelastungen extrem dringend. Aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik sind die Handlungsmöglichkeiten der Länder hier eingeschränkt. So ist für die Organisation des straßengebundenen Nahverkehrs ausschließlich die kommunale Ebene, hier die Landkreise und kreisfreien Städte, zuständig. Die Länder haben hier vor allem die Funktion, Gelder des Bundes weiterzugeben, mit eigenen Mitteln Schwerpunkte zu setzen, manche Maßnahmen per Gesetzgebung zu ermöglichen und gute Beispiele speziell zu fördern.

In diesem Sinne wurden und werden wir auch weiter tätig werden - womit ich zu Ihren Fragen komme. Die Einrichtung von Rufbussen oder Bürger*innentaxis oder ähnlichen Modellen muss auf der kommunalen Ebene geregelt werden. Wir bevorzugen prinzipiell einen regelmäßigen Taktverkehr, der möglichst viele Verknüpfungspunkte (Bahn/Bus bzw. Bus/Bus) mit möglichst allen Orten Thüringens verbindet. Hierfür wollen wir im Laufe der nächsten Legislaturperiode ein Mobilitätsgesetz erarbeiten, das umweltfreundlicher Mobilität Vorrang einräumt und der Sicherheit aller Mobilitätsformen einen hohen Rang einräumt. Zugleich wollen wir eine Mobilitätsgarantie für den ländlichen Raum geben. Es ist auch notwendig, Fahrpläne und Tarife und in offenen Formaten als Echtzeitdaten bereit zu stellen.  Der beste Preis nützt nichts, wenn kein Bus fährt. Rufbusse, Ruftaxis oder Bürger*innentaxis können dabei eine Ergänzung für den letzten Kilometer darstellen. Wie erwähnt geben wir aber regelmäßigem Taktverkehr den Vorzug, mindestens alle 2 Stunden muss ein Bus in jede Ortschaft kommen.
Für den Bereich Mittelthüringen gibt es mit dem VMT einen Verbund, den es in mehrfacher Hinsicht auszubauen gilt. Wir wollen, dass weitere Landkreise dazu kommen, Sömmerda, Ilmkreis, Saalfeld-Rudolstadt, Saale-Orla oder Greiz bieten sich allein durch einen Blick auf die Karte an. Bisher scheiterte das trotz mehrerer Anläufe an den jeweiligen Mehrheiten in den Kreistagen. In mehreren Landkreisen wurde ein Beitritt zum VMT aktiv abgelehnt. Der VMT muss auch hinsichtlich der Tarifstrukturen verbessert werden (z.B. Sozialtickets, die an Stadtgrenzen enden) oder hinsichtlich der besseren Verknüpfung oder Vermeidung von Parallelverkehren auf Straße und Schiene.

Bündnis 90/DIE GRÜNEN wollen im übrigen einen Verkehrsverbund für ganz
Thüringen einführen. Die Vorteile von Verbünden für die Nutzer*innen
liegen dabei auf der Hand - ein Ticket für alles in einem verknüpften,
möglichst engmaschigen Verkehrsnetz.

Für Bahnpendler*innen sehen wir vor allem zwei Maßnahmen als prioritär an: Ausbau der Bahnbeziehung Erfurt-Weimar-Jena mit Ästen u.a. nach Ilmenau/Saalfeld, Gotha/E.enach, Apolda/Großheringen oder Gera/Altenburg. Zwar hat sich auf der wichtigsten Bahnrelation Erfurt-Weimar-Jena einiges in den letzten Jahren verbessert, wir sehen aber noch viel Luft nach oben. Wir wollen einen S-Bahn-ähnlichen Verkehr, der zwischen den drei Orten womöglich einen 10 min-Takt erreicht und die anderen Orte ebenfalls getaktet ein- und anschließt. Das setzt mindestens eine durchgehende Zweigleisigkeit und Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Verbindung voraus. Dieses Infrastrukturprojekt hat für uns oberste Priorität. Ebenfalls prioritär ausgebaut und elektrifiziert werden sollte die Linie via Mühlhausen nach Göttingen und jene von Erfurt nach Nordhausen.

Vorhandene Bahn-Nebenstrecken dürfen nicht weiter stillgelegt, sondern müssen vielmahr regelmäßig befahren und ggf. reaktiviert werden. Der schienengebundene Nahverkehr liegt in der Kompetenz der Länder. Diese Handlungsmöglichkeit muss das zuständige Ministerium auch wahrnehmen wollen, das war uns bisher zu wenig.

Wir werden das Landesbusnetz weiter ausbauen, die Pläne liegen ausgearbeitet vor. Damit sollen wichtige Orte, die per Bahn nicht erschlossen sind (wie z.B. E.enberg), oder wichtige Strecken für Pendler*innen (wie von Apolda nach Jena oder Sömmerda nach Weimar) neu aufgebaut oder deutlich verstärkt werden.

Alle Verknüpfungspunkte zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln müssen mit entsprechenden Möglichkeiten zum Abstellen von PKWs oder Fahrrädern ausgestattet werden, auch da ist reichlich Luft nach oben. In der Regel liegt das aber wieder in der Planungshoheit der kommunalen Ebene und/oder der Bahn, das Land kann hier nur fördernd, moderierend und motivierend helfen. Infrastruktur funktioniert ansonsten dann am besten, wenn sie in Ordnung ist und gut gewartet wird. Hier sehen wir Handlungsbedarf vor allem auf der kommunalen Ebene.

Wir wollen auch ein landesweites Thüringen-Ticket für alle Nahverkehrsstrecken in Thüringen einführen. Damit sich alle den öffentlichen Nahverkehr leisten können, rechnen wir mit höchstens 60 Euro pro Monat, 2 Euro pro Tag. Die dafür notwendigen Mittel zur Kompensation der Kosten bei den kommunalen Aufgabenträgern bzw. den Bahnen wollen wir im Landeshaushalt bereitstellen. Damit sich ein solches Ticket auch für möglichst viele lohnt, muss eben auch regelmäßig ein Bus oder ein Zug fahren.

Mit unserer Mobilitätsgarantie wollen wir ermöglichen, auch auf das Auto verzichten zu können, nicht selbst fahren zu müssen. Wir wollen, dass Anschlüsse zwischen Bussen und Bahnen passen. Radfahrer*innen und Fußgänger*innen sollen sicher unterwegs sein. Und wer dennoch auf das Auto angewiesen ist, soll nicht im Stau stehen müssen und auch morgen noch sicher das Ziel erreichen. Grüne Mobilität bedeutet Lebensqualität, ohne  Lärm, Dreck und Stau, familienfreundlich, sicher und für jeden erschwinglich.

Einen umfangreichen Mobilitätsteil finden SIe in unserem Wahlprogramm ab
S. 50, der sich neben einer Vertiefung der obenstehenden Punkte u.a.
auch ausführlich mit Rad- und Fussverkehr oder Elektromobilität befasst.

Mit freundlichen Grüßen aus Erfurt

Ihre Astrid Rothe-Beinlich

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