Welche fachliche Grundlage hat die persönliche Überprüfung psychischer Erkrankungen im Jobcenter und warum unterstützt die SPD diese Regelung?
Sehr geehrter Herr Rütze,wie ich aus den Medien entnommen habe, sollen Menschen mit psychischen Erkrankungen in Zukunft beim Jobcenter persönlich vorsprechen müssen, damit die Erkrankung überprüft werden kann, wenn diese Menschen Grundsicherung benötigen.Mir kommen hierzu sofort zwei Fragen in den Sinn, die man auch so formulieren kann:1) Welche Qualifikation hat ein Sachbearbeiter im Jobcenter, um so etwas festzustellen?
Ich hatte selbst schon das Vergnügen mit dem Jobcenter und wenn ich ehrlich bin, waren meine Ansprechpartner dort eher fragwürdig.2) Wie konnte die SPD das mittragen bzw. wie kann sie bereit sein, das mitzutragen?
Die einst stolze Partei der Arbeitnehmer, ein Fels in der demokratischen Brandung, scheint komplett verschwunden zu sein – aber warum? Ich verstehe nicht, wie eine Partei, die das Soziale auf die Fahne schreibt, so unsozial werden konnte.Freundliche Grüße
Michael B
Sehr geehrter Herr B.,
noch gibt es zu den Änderungen bei der Grundsicherung lediglich einen Referentenentwurf, der noch nicht vom Bundeskabinett verabschiedet und damit noch nicht im parlamentarischen Verfahren ist.
Bei der von Ihnen angesprochenen Regelung geht es aber nicht darum, dass Mitarbeitende im Jobcenter psychische Erkrankungen diagnostizieren oder überprüfen sollen. Es ist im Gegenteil ein Schutzmechanismus für Menschen mit psychischen Erkrankungen, wenn Leistungsminderungen drohen. Bevor es zu einem Verlust des Leistungsanspruchs kommt, haben sie das Recht auf eine persönliche Anhörung. Das greift für Menschen, bei denen psychische Erkrankungen bekannt sind oder wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass die erwerbsfähigen Leistungsberechtigen nicht in der Lage sind, sich in einer schriftlichen Anhörung zu äußern.
Dabei kann auch von alternativen Formen der Kontaktaufnahme Gebrauch gemacht werden, z. B. durch telefonische Kontaktaufnahme oder aufsuchende Formen. Mögliche Härtefälle sollen identifiziert werden. Dabei soll auch berücksichtigt werden, dass es bei den betroffenen Personen zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen kann, die dem Integrationsziel entgegenstehen würde. In dem Referentenentwurf wird klargestellt, dass eine psychische Erkrankung einen besonders schutzwürdigen Umstand darstellt.
Ich bin daher nicht Ihrer Meinung, dass die Regelung unsozial wäre. Wie Sie richtig schreiben, ist die SPD die Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir sorgen für ihren Schutz, wenn sie unverschuldet in Not geraten. Das kann uns alle treffen. Die SPD steht dafür, dass alle, die darauf angewiesen sind, staatliche Hilfe bekommen. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass diese Hilfe aus Steuermittel nur für diejenigen bestimmt ist, die tatsächlich bedürftig sind.
Freundliche Grüße
Bernd Rützel
