Die "Aktion T4" wird von vielen rechten Gruppen als gute Lösung bezeichnet. Dies ist laut Polizei nicht "strafrechtlich". Sollte "Aktion T4" unter den selben Paragraphen wie Holocaustleugnung fallen?

Bernd Schwarz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Patrick G. •

Die "Aktion T4" wird von vielen rechten Gruppen als gute Lösung bezeichnet. Dies ist laut Polizei nicht "strafrechtlich". Sollte "Aktion T4" unter den selben Paragraphen wie Holocaustleugnung fallen?

Die "Aktion T4" wird von vielen rechten Gruppen als gute Lösung bezeichnet. Dies ist laut Polizei nicht "strafrechtlich". Sollte "Aktion T4" unter den selben Paragraphen wie Holocaustleugnung fallen?

Derzeit gängige Aussagen

T4 = gute Idee
Dich bekommt T4 auch
Ihr seit das Problem, T4 ist die Lösung
Gesundes Deutschland durch T4
Dich t4en wir später
T4 ist Erlösung
T4 ist Humanität
Erleichterung durch T4
Nicht alles war falsch = T4

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Herr Gläser, 

der Ableismus unserer Zeit hat auch Wurzeln in der "Bewertung von Leben" durch das nationalsozialistische Terrorregime. Das machen sich leider viel zu wenige Menschen bewusst - wie sehr unsere Kultur von den Schrecken der Nazis geprägt ist.

Das Wegsperren und die systematische Zwangssterilisation, Ermordung und Vernichtung von Menschen mit Behinderung und/oder chronischen Krankheiten und auch solche, die in diesem Bewusstsein sogar in die sogenannte "Aktion T4" abgeschoben wurden - die Bandbreite der Menschenverachtung und Entmenschlichung war gewaltig - hat unfassbares Leid gebracht. Die mangelhafte Aufarbeitung in Deutschland und auch die Weiterarbeit der Täter und Täterinnen in teils hohen verantwortungsvollen Positionen in Gesundheitsversorgung  und -politik prägt unser Land bis heute. Nur mühsam und mit viel mehr Kraft als häufig leistbar kämpfen wir Menschen, die wir oder unsere Familien so dringend auf Inklusion, die Wahrung der Menschenrechte und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, angewiesen sind, gegen die tiefen ableistischen Wurzeln unserer Gesellschaft.

Dass geschichtsrevisionistisches, rechtsextremes und nationalsozialistisches Gedankengut von manchen Personen wieder mit Inbrunst ganz bewusst salonfähig gemacht und verstärkt laut ausgesprochen wird, macht mir zwar Angst - ist aber zugleich Ansporn, sich ohne Wenn und Aber gegen diesen menschenverachtenden Hass zu stellen.

Für mich fällt die "Aktion T4" unter Paragraph 130 StGB, insbesondere wenn sie in den von Ihnen geschilderten verhetzenden Kontext gestellt wird. Wenn Sie sich bei der Polizei melden und Sie eine gegenteilige Rückmeldung erhalten, spricht dies leider für mangelnde Sensibilisierung, die Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen nur allzu bekannt ist. Eine Konkretisierung der Strafbarkeit erscheint mir daher definitiv sinnvoll.

Mit besten Grüßen
Bernd Schwarz