Frage an Burkhard Balz bezüglich Europapolitik und Europäische Union

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Burkhard Balz
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Frage an Burkhard Balz von Simon C. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrter Herr Balz,

Heute haben die EU Abgeordneten einen Vorentscheid zum so genannten Upload filter befürwortet. Wieso ist dieser doch recht große Einschnitt in unsere Freiheit nicht vorher durch die Presse gegangen?

Im Netz auf IT Webseiten, auf Youtube, Twitter etc. habe ich deutlich mehr dazu erfahren als in der Tagesschau in der ARD oder dem ZDF.
Auch wenn sich nicht alle ein Szenario ausmalen können so gibt es doch genügend, bei denen ein solcher Filter (der technisch eig. kaum umsetzbar ist) schlicht falsch entscheiden kann.

Meine Fragen an Sie:
- haben Sie sich der Meinung der CDU angeschlossen und für diesen Filter gestimmt?
- Haben die Abgeordneten vor der Abstimmung bereits einen Schritt weiter gedacht und überlegt, wie dieser Filter technisch umzusetzen sein soll?
- Denken Sie das dieser Filter den IT Standort Deutschland interessanter für Firmen gestaltet?

Viele Grüße,
S. Cordes

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 20. Juni 2018 bezüglich des Upload-Filters in der geplanten Urheberrechtsrichtlinie.

Grundsätzlich verfolgt die Novelle des Urheberrechts in der Europäischen Union das Ziel, geltendes Recht an das veränderte Nutzungsverhalten der Bürger anzupassen und dabei die Interessen von Künstlern und Autoren, Produzenten, Verlegern, Rechteinhabern, Konsumenten und Internetnutzern fair auszugleichen.

Die EVP-Fraktion tritt in diesem Zusammenhang für einen ausgewogenen Ansatz ein. Wir sind der Überzeugung, dass die Interessen sowohl der Urheber als auch der Verbraucher nur geschützt werden können, wenn die Tragfähigkeit und die Vielfalt der europäischen Kreativ- und Kulturwirtschaft erhalten wird.

Der Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und die Förderung eines breiteren Zugangs zu Werken sind die Säulen der wirtschaftlichen Nutzung des Internets und Grundlagen der digitalen Wirtschaft der EU. Doch gerade dort sind immer mehr urheberrechtlich geschützte Werke illegal und ohne Genehmigung der Rechteinhaber erhältlich. Das ist ein Problem. Wenn mit der Schaffung von Werken keine Einnahmen mehr erzielt werden, ist die Schaffung neuer Werke nicht mehr zu finanzieren. Deshalb müssen die berechtigten Interessen der Rechteinhaber geschützt werden.

Außerdem kann die kulturelle Vielfalt in Europa nur erhalten werden, wenn für ein hohes Maß an urheberrechtlichem Schutz gesorgt wird, indem Autoren und andere Inhaber von Urheberrechten angemessen vergütet und Investitionen in die Kreativ- und Kulturwirtschaft gefördert werden.

Die EVP und auch ich persönlich setzen uns deshalb dafür ein, den Zugang zu Diensten und Inhalten zu fördern. Gleichzeitig sollen aber auch genügend Einnahmen für Kulturschaffende und Kreative erzielt werden, damit die kulturelle Vielfalt und das kulturelle Erbe Europas gefördert werden können.

Aufgrund dessen haben die EVP-Abgeordneten im Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes ihren Vorschlag erfolgreich zur Abstimmung gestellt. Ich persönlich bin kein Mitglied des Rechtausschusses. Allerdings werde ich die Position meiner EVP-Kollegen bei der ausstehenden Abstimmung im Plenarsaal unterstützen.

Zu Ihren Bedenken bezüglich der technischen Umsetzung der Verordnung kann ich Ihnen versichern, dass meine EVP-Kollegen im Rechtausschuss auch diesbezüglich durchdachte Überlegungen getroffen haben. Um den Schutz der urheberrechtlichen Werke zu gewährleisten, sollen die Plattformen auf-grund der Informationen, die die Rechteinhaber zur Verfügung stellen müssen, sicherstellen, dass sie erkennen können, ob es sich um ein geschütztes Werk handelt. Hierfür wird Erkennungssoftware ein-gesetzt, die bereits seit ca. 10 Jahren existiert und zum Beispiel von YouTube auf freiwilliger Basis genutzt wird, ohne dass dies bis heute eine großflächige Zensur ausgelöst hat. Ob diese technische
Umsetzung für alle Plattformen möglich ist und welche Software-Systeme präferiert werden, ist allerdings noch unklar.

Da die Software nur auf Grundlage der von den Rechteinhabern zur Verfügung gestellten Informationen arbeitet, können natürlich auch nur deren urheberrechtlich geschützte Werke erkannt werden. Die Maßnahmen, die die Plattformen ergreifen sollen, um Urheberrechtsverletzungen zu erkennen, müssen natürlich in Einklang mit den Grundrechten stehen.

Ich verstehe Ihre Sorge bezüglich möglicher technischer Fehlentscheidungen seitens der Software. Für diesen Fall müssen die Plattformen ein Verfahren anbieten, dass die Rechte klärt bzw. Beschwerden zügig bearbeitet, wenn es zu einer ungerechtfertigten Verhinderung des Uploads käme. Die jeweilige Entscheidung der Plattform darüber, einen Upload zuzulassen oder nicht, kann darüber hinaus noch gerichtlich überprüft werden. Es wird also versucht jedem Beteiligten und jeder Seite Sorge getragen. Eine Unverhältnismäßigkeit ist aktuell nicht zu erkennen.

Betreffend Ihrer Frage zu den Auswirkungen der Richtlinie für den IT-Standort Deutschland, kann ich eventuelle Bedenken nachvollziehen. Die Richtlinie kann beispielsweise zur Folge haben, dass Open-Source-Software-Plattformen sich in der Prüfung von hochgeladenen Inhalten mit technischen Schwierigkeiten konfrontiert sehen. Es würden Befolgungskosten im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Inhaltserkennungstechnologien anfallen, die von der Menge und der Art der zu identifizierenden Inhalte abhängig wären. Sie dürften allerdings begrenzt sein, da für die Bereitstellung der Technologien der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt und die Mehrheit der betroffenen Dienste bereits derartige Technologien zur Inhaltsidentifizierung einsetzt. Die neue Richtlinie würde aktuell für Deutschland, im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten, eine geringfügigere Änderung des Urheberrechts nach sich ziehen, da auf nationaler Ebene bereits eine verstärkte Regelung besteht. Demzufolge könnten deutsche IT-Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit im gemeinsamen digitalen Binnenmarkt unter Beweis stellen.

Abschließend möchte ich Ihnen versichern, dass die Möglichkeit, sich über verschiedene Nachrichtenquellen zu informieren, mit der Urheberrechtsrichtlinie nicht beschränkt wird. Es bedeutet nur, dass Online-Plattformen für die Nutzung von Presseerzeugnissen eine Lizenzgebühr bezahlen sollten, wie auch Sie als Zeitungsleser Ihre Zeitung bezahlen. Auf diese Weise sollen die Nachrichtenverbreitung und der Qualitätsjournalismus gestärkt werden. Denn eine vielfältige Presselandschaft stellt, auch für Deutschland, ein hohes gesellschaftliches Gut dar.
Mehr Informationen zur Position der EVP finden Sie auf der Webseite des EVP-Rapporteurs im Rechtsausschuss, Axel Voss: https://www.axel-voss-europa.de/2018/06/18/stellungnahme-zur-reform-des-urheberrechts/.

Ich hoffe, dass ich Ihnen bei Ihrem Anliegen behilflich sein konnte und Ihnen den Standpunkt der EVP-Fraktion dazu näher gebracht habe.

Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Balz