Wann wird die Bundespolitik endlich den Kampf gegen Kinderpornografie ernst nehmen und den Weg, den der Europäische Gerichtshof bereits am 5. April 2022 aufgezeigt hat, umsetzen?

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Frage von Christine E. •

Wann wird die Bundespolitik endlich den Kampf gegen Kinderpornografie ernst nehmen und den Weg, den der Europäische Gerichtshof bereits am 5. April 2022 aufgezeigt hat, umsetzen?

Sehr geehrter Herr Müller,
wann wird die Bundespolitik endlich den Kampf gegen Kinderpornografie ernst nehmen und den Weg, den der Europäische Gerichtshof bereits am 5. April 2022 aufgezeigt hat, umsetzen? Wann konkret wird es wenigstens, dass von der Bundesregierung lange angekündigte, aber von Profis ebenso lange als unzureichend kritisierte, Quick-Freeze-Verfahren geben?
MfG
Christine E.

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Sehr geehrte Frau E.,

vielen Dank für Ihre Frage zum Kampf gegen Kinderpornografie und den Möglichkeiten, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgezeigt hat.

Ich stimme Ihnen zu: Beim Kampf gegen Kinderpornografie und sexuellen Missbrauch verweigern die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP den Ermittlungsbehörden seit fast zwei Jahren ein wichtiges und rechtstaatlich auszugestaltendes Ermittlungswerkzeug: Die Nutzung von IP-Adressen zur Aufklärung und Bekämpfung schwerster Straftaten, vor allem zum Schutz der Schwächsten unserer Gesellschaft. Der Europäische Gerichtshof hat am 20. September 2022 (C-793/19 (SpaceNet) und C-794/19 (Telekom Deutschland)) klar entschieden, dass Vorratsdatenspeicherung unzulässig ist. Er hat aber auch ausdrücklich gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, um zur Bekämpfung schwerster Straftaten und Einhaltung klarer Kriterien, IP-Adressen zu speichern. Um Schutz und Strafverfolgung gesetzlich bestmöglich zu ermöglichen, muss der Gesetzgeber stets bestehende Möglichkeiten abwägen. Ein absolutes Recht gibt es nicht und selbst für verfassungsrechtliche Grundrechte bestehen Grundrechteschranken. Ein Recht auf Schutz der Daten darf nicht zum Täterschutz bei schwersten Straftaten werden. Die Regierungsfraktionen sind nicht in der Lage zu handeln und ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Obwohl der EuGH einen Weg klar aufgezeigt hat, ist die Ampel unfähig, sich auf einen wirkungsvollen, gemeinsamen Gesetzentwurf zu einigen.

Besonders ärgert es mich, dass der damalige sozialdemokratische Koalitionspartner in der vorherigen Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD, jede Initiative zur Speicherung von IP-Adressen zum Schutz der Kinder mit dem Verweis auf das damals noch ausstehende Urteil des EuGH verhindert hatte. Dieses wollte man zunächst abwarten. Doch auch nach dem Urteil ist man offensichtlich nicht dazu bereit. Die Ampelkoalition können sich aus ideologischen Gründen nicht verständigen. Der von den Kritikern der IP-Speicherung viel zitierte Datenschutz wird hier zum Täterschutz, obwohl das EuGH in diesen sehr speziellen Feld der Bekämpfung schwerster Straftaten klare Leitlinien ausgestellt und einen rechtssicheren Weg aufgezeigt hat. Wegen des Nichthandelns der Regierungskoalition verlängert sich seit zwei weiteren Jahren das ungebrochene Leid vieler Kinder, die seither weiter Opfer von Missbrauch und Kinderpornographie wurden.

Das wollen und müssen wir ändern. Als CDU/CSU-Fraktion haben wir unmittelbar nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof einen Antrag erarbeitet und in den Deutschen Bundestag eingebracht. Ziel ist es, die Speicherung der IP-Adresse im Kampf gegen Kinderpornografie rechtssicher umzusetzen. Den Antrag „IP-Adressen rechtssicher speichern und Kinder vor sexuellen Missbrauch schützen“, Bt-Drs. 20/3687, haben wir im September 2022 eingebracht. Dem parlamentarischen Verfahren folgend wurde er in die Ausschüsse überwiesen. Dort verzögerten die Ampelfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP immer wieder die Beratungen mit ihrer Mehrheit. Die Expertenanhörung im federführenden Rechtsausschuss konnte erst nach über einem Jahr, am 11. Oktober 2023, durchgeführt werden. In der Expertenanhörung selbst war die Sachverständigenmeinung klar und teils sehr deutlich. Die Abgeordneten der Ampelfraktionen haben aufgezeigt bekommen, wie wichtig und unverzichtbar die IP-Adressen für die Aufklärung von schweren Straftaten, insbesondere bei Kinderpornographie und sexuellem Missbrauch, sind. Doch noch immer verweigern SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP den Ermittlern dieses wichtige Werkzeug, obwohl die hier verantwortliche SPD-Bundesinnenministerin exakt diese Möglichkeit und Regelung stets offensiv einfordert.

Obwohl das von Ihnen angesprochene „Quick-Freeze-Verfahren“ von nahezu allen Expertinnen und Experten für die Aufklärung und Bekämpfung von Kinderpornografie als unzureichend bewertet wird, kündigte die Bundesregierung seit zwei Jahren einen Gesetzentwurf dazu an. Scheinbar haben sich die Koalitionäre in diesen Tagen im Rahmen eines kabinettsinternen Kuhhandels nun doch auf einen Gesetzentwurf zu diesem unzureichenden Verfahren verständigt. Trotz der langjährigen und massiven Kritik der Strafverfolgungsbehörden und der Fachwelt lässt sich der FDP-Rechtspolitiker Thorsten Lieb in der Presse zitieren mit: „Den Ermittlungsbehörden wird nach jahrelanger Unsicherheit endlich ein nutzbares Instrument zur Verfügung gestellt.“ Das irritiert sehr.

Als größte Oppositionsfraktion im Bundestag werden wir nach der Einbringung des Gesetzentwurfs im Parlament und in der Öffentlichkeit auf die Schwachstellen und fehlende Wirksamkeit des Quick-Freeze-Verfahrens hinweisen und unsere Initiative zur Speicherung von IP-Adressen einfordern. Nach einem schlechten Bundestagswahlkampf und der in der Folge verlorenen Bundestagswahl 2021 fehlen uns die Mehrheiten, um von der Bundesregierung mehr zu verlangen und zur Ausarbeitung eines zielführenden Gesetzentwurfs zu verpflichten. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass wir uns weiter für die Nutzung von IP-Adressen zur Aufklärung und Bekämpfung schwerster Straftaten einsetzen und alles dafür tun werden, bei der nächsten Wahl wieder mehr Menschen von unseren Werten und Zielen zu überzeugen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Müller

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