Wer zahlt für Schäden, infolge Regierungsbeschlüssen?

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Carsten Müller
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Frage von Heike R. •

Wer zahlt für Schäden, infolge Regierungsbeschlüssen?

Sehr geehrter Herr Müller,
wie und durch wen werden Schäden reguliert, die am privaten Eigentum entstehen, wenn es durch Regierungsbeschluss zu Strom- Gasabschaltungen kommt (abgetaute Gefrierschränke, Frostschäden,...)?
Versicherungen zahlen nichts!!!
1. Wer ist dann der Ansprechpartner für mögliche Schadensregulierung aufgrund staalicher Eingriffe in die Energieversorgung?
2. Wird diese Thematik überhaupt diskutiert, oder bleiben Geschädigte auf ihrem Schaden sitzen

Mit freundlichem Gruß
Heike R.

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Sehr geehrte Frau R.,

 

vielen Dank für Ihre Frage zur möglichen Haftung bei Schäden, die auf Beschlüsse des Gesetzgebers zurückgehen.

 

Der von Ihnen aufgeworfene Sachverhalt ist vielschichtig. Sehr vereinfacht dargestellt ist die Staatshaftung verfassungsrechtlich im Artikel 34 Grundgesetz gewährleistet. Dort heißt es:

„Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.“

 

Ergänzend wird haftungsbegründend im § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - Haftung bei Amtspflichtverletzung wie folgt ausgeführt:

„(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.“

 

Die Normen schränken die Tatbestände bereits stark ein, weisen sie doch jeweils explizit einen „Vorsatz“ oder „Fahrlässigkeit“ aus. Zudem sind in dem von Ihnen aufgeworfenen Kontext der Gesetzgebung weitere Aspekte relevant. Das existierende Gewaltenteilungsprinzip bietet einen Gestaltungsspielraum, auch durch die Zahl der Beteiligten, der einen Vorsatz oder Fahrlässigkeit einzelner Akteure unterbindet. Schließlich ist bei der Frage ebenfalls zu berücksichtigen, dass vom Bundesgerichtshof höchstrichterlich die Auffassung vertreten wird, dass den Abgeordneten im Rahmen ihrer Gesetzgebungstätigkeiten grundsätzlich keine Amtspflichten gegenüber den Bürgern obliegen. Nach der Rechtssystematik wäre nur die- oder derjenige ersatzberechtigt, gegen die oder den sich die Handlung unmittelbar richtet. Diese Punkte sind nur ein kurzer Abriss einer jahrzehntelangen rechtswissenschaftlichen Debatte, die sich noch viel detaillierter und umfassender darstellen ließe. Zusammenfassen will ich an dieser Stelle: Die Frage, ob und in welcher Form der Staat hiernach für legislatives Unrecht haftet, ist äußerst umstritten.

 

Festzustellen ist nach den Ausführungen zu den bestehenden Regelungen jedoch, dass bei dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt in der Frage einer gesicherten Energieversorgung keine unmittelbare Handlung des Gesetzgebers gegen Sie zu erkennen ist. Die abstrakten, generellen Regelungen der Normen im Gesetzgebungsverfahren werden - nicht nur beim Thema der Energieversorgung - in der Regel als für die Allgemeinheit geltend verabschiedet. Nach den hier dargestellten Prinzipien und Auslegungen wäre eine Haftung in Ihrem Sinne überhaupt nur darstellbar, wenn nicht eine generelle Norm, sondern eine speziell getroffene Ausnahmeregelung des Gesetzgebers ganz gezielt die Belange Einzelner unmittelbar berühren würde. Das ist der von Ihnen aufgeworfenen Frage tatsächlich nicht der Fall.

 

Richtig ist auch, dass die Frage der Staatshaftung seit langem strittig diskutiert wurde und wird. Der Gesetzgeber hatte im Jahr 1981 versucht, diese Frage zu klären und hat ein Staatshaftungsgesetz erlassen. Dieses wurde vom BVerfG jedoch für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 61, 149).

 

Sehr geehrte Frau R., grundsätzlich gebe ich zu bedenken, dass ich in Ihre Fragestellung einen prinzipiellen Fehler sehe. Ich bin überzeugt, dass wir die Frage der Energiesicherheit in dieser Intensität und möglichen Folgentiefe für die Herbst- und Wintersaison gegenwärtig nicht derart diskutieren müssten, wie wir gegenwärtig gezwungen sind es zu tun, wenn Russland am 24. Februar nicht das Völkerrecht und alle geltenden Regelungen der verständigten Friedensordnung derart mit Füßen getreten hätte. Die Schrecken des Krieges, die mit dem Überfall der russischen Armee auf die benachbarte Ukraine nach Europa zurückgekehrt sind, sind die wesentliche Ursache einer möglichen Energieknappheit in der Heizperiode. Russland hat damit den Weg der europäischen Partnerschaft und Vertragstreue endgültig verlassen. Tatsache ist, dass es auf bundespolitischer und europäischer Ebene seit Wochen und Monaten vor allem auch darum geht, Entscheidungen zu treffen, um eine Energieknappheit zu verhindern. Wie sich die Lage im Herbst und Winter genau entwickelt, ist derzeit nicht absehbar. Wichtig ist, dass wir in allen Bereichen bestmöglich auf die bevorstehenden Situationen vorbereitet sind.

 

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben.

 

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Müller

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