Frage an Cem Özdemir bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Cem Özdemir
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Frage von Thomas S. •

Frage an Cem Özdemir von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Özdemir,

Sie unterstützen einen fraktionsübergreifenden Aufruf gegen Hass und Rassimus, den Ihr Kollege Herr Multu initiert hat. In diesem warnen knapp 20 Bundestagsabgeordnete aus Einwandererfamilien angesichts des Auftretens der Pegida-Bewegung vor einer Spaltung der Gesellschaft.

Ich möchte auszugsweise aus dem benannten Aufruf eine Stelle zitieren,
die ich bedenklich empfinde:

"Demokratie lebe von Meinungsfreiheit, sie lebe aber auch davon, dass Demokraten aufstehen, wenn – wie bei Pegida und deren Demonstrationen – unter dem Deckmantel einer angeblichen Islamisierung unseres Landes gegen die offene und plurale Gesellschaft und gegen Werte unseres Grundgesetzes agitiert werde. Die diffuse Angst der Pegida-Demonstranten vor einer angeblichen Islamisierung Deutschlands basiere auf Unwissenheit, Lügen, Ressentiments und Ignoranz."

http://www.mutlu.de/fuer-unser-vielfaeltiges-deutschland-entschieden-gegen-hass-und-rassismus/

Ich kann mit dem letzten Satz wenig anfangen, denn ich erkenne in diesem die pauschale Verurteilung der Pegida-Demonstranten als quasi dumm, verlogen, rassistisch und intolerant.

Frage 1:

Wie stehen Sie Herr Özdemir zu meiner Wahrnehmung?
Ist eine solche Intention von den Aufrufunterzeichnern intendiert?

Frage 2:

Wenn ja, betreiben die Kritiker von Pegida mit solchen (Vor)urteilen
über Pegida nicht genau die Vereinfachung, die sie Pegida vorwerfen?

Frage 3:

Wenn nicht, drücken Sie sich da nicht missverständlich aus?

Frage 4:

Glauben Sie, dass mit solch pauschal verfassten Vorwürfen
die Pegida-Fans von der Problematik ihrer Inhalte überzeugen kann?

Frage 5:

Verkennt dieser Aufruf nicht die Zeitebene,
wenn er vor einer Spaltung der Gesellschaft warnt?

Ist die deutsche Gesellschaft angesichts von Niedriglöhnen, wachsender Armut und exorbitanten Einkommensunterschieden nicht längst gespalten?

Frage 6:

Könnte Pegida nicht auch mit dieser Problematik zu tun haben?

Viele Grüße, Thomas Schüller

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schüller,

das korrekte Zitat lautet:
„… Demokratie lebt von Meinungsfreiheit. Sie lebt jedoch auch davon, dass Demokratinnen und Demokraten aufstehen, wenn – wie bei Pegida und deren Demonstrationen – unter dem Deckmantel einer angeblichen Islamisierung unseres Landes gegen die offene und plurale Gesellschaft und gegen Werte unseres Grundgesetzes agitiert wird, wenn rassistische Parolen verbreitet und gegen Schutzbedürftige und Minderheiten gehetzt werden. Die diffuse Angst vor einer angeblichen Islamisierung Deutschlands der Pegida-DemonstrantInnen, deren Aufmärsche zum Teil von Rechtsradikalen gesteuert werden, basiert auf Unwissenheit, Lügen, Ressentiments und Ignoranz. Viele AfD-Mitglieder sympathisieren mit dieser islamfeindlichen Bewegung. Wir fordern alle demokratischen Parteien auf, sich klar von diesen anti-demokratischen Bewegungen abzugrenzen. …“

Das ist doch sehr klar formuliert: Wir sprechen von einer diffusen, teilweise gesteuerten Angst basierend auf Unwissenheit, Lügen, Ressentiments und Ignoranz.

Im Übrigen halte ich es hier mit dem Philosophen Karl Popper: „Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“

Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir

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