Frage an Christian Meyer bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Christian Meyer
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Frage von Susanne G. •

Frage an Christian Meyer von Susanne G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Meyer,

in der Presse ist derzeit die Forderung von Ihnen zu finden, den Wirkstoff Glyphosat zu verbieten bzw. die Nutzung einzuschränken. Grund sei die neue Einordnung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" (Kategorie 2A). Die IACR listet zum Beispiel in der höchsten Kategorie (Kategorie 1) als (definitiv) "krebserregend": alkoholische Getränke, Abgase von Diesel-Motoren, Emissionen von Kohleöfen, die im Haus betrieben werden, bestimmte Östrogen-betonte Wechseljahres-Therapien, Sonneneinstrahlung, Holzstaub, Tabak und Tabakrauch, Sonnenbänke, Ruß, nach chinesischer Art gesalzener Fisch (Quelle: http://monographs.iarc.fr/ENG/Classification/ClassificationsGroupOrder.pdf ). Bevor wir die zweithöchste Kategorie (2A) angehen, sollten wir doch nicht erst einmal die nach IACR gefährlichsten Stoffe aus Kategorie 1 aus unserer Umwelt verbannen? Warum wird nicht deutlicher kommuniziert, dass etwa Alkohol, Holzstaub und die Nutzung von Sonnenbänken von der WHO als krebserregend eingestuft werden?

Glyphosat gilt nach internationalen toxikologischen Standards (LD 50 Ratte) als weniger giftig als Kochsalz oder Backpulver. Würde Glyphosat verboten, welche Alternativen stehen denn dann Landwirten und Hobbygärtnern zur Verfügung? Müssen die Anwender dann auf giftigere Substanzen zurückgreifen?

Ich danke Ihnen vorab für die Beantwortung meiner Frage und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Susanne Günther

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Günther,

ja, es ist richtig, dass ich mich nicht zuletzt aufgrund der Einordnung der WHO dafür einsetze, die Anwendung von Glyphosat deutlich einzuschränken bzw. diesem Mittel keine weitere Zulassung auf der Ebene der EU zu erteilen, sofern die Bedenken der WHO nicht im weiteren Verfahren zweifelsfrei ausgeräumt werden können.

Die Konferenz der Verbraucherschutzminister der Länder hat sich Anfang Mai im Rahmen ihrer Tagung in Osnabrück fast einstimmig dafür ausgesprochen, den Einsatz auf nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen im privaten Bereich zu verbieten. Auch der Einsatz in der Landwirtschaft – insbesondere im Bereich der Sikkation – ist bereits eingeschränkt worden und muss weiter überprüft werden. Die Pressemitteilung können Sie hier einsehen: http://www.ml.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=1810&article_id=133554&_psmand=7

Man wird jeder potenziellen Gefahr immer entgegen halten können, dass es zweifellos größere Gefahren gibt. Das bedeutet jedoch nicht, dass man abwarten muss, bis alle größeren Gefahren gelöst sind, bevor man sich geringeren Gefahren zuwendet. Glyphosat steht im Zusammenhang mit einigen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Neben dem Verdacht als krebserregend, wie zum Beispiel ein Fall in Argentinien zeigt, indem die Krebsrate in einem Gebiet mit massiven Glyphosat-Einsatz auffällig angestiegen ist ( http://www.sueddeutsche.de/wissen/pestizid-spruehflugzeuge-in-argentinien-aus-der-luft-vergiftet-1.1382356 ),
beobachtet eine Studie der Universität Leipzig Organ- und Muskelschäden bei Kühen, deren Futter Rückstände von Glyphosat enthält:
http://www.agrarheute.com/glyphosat-studie
Selbst das Umweltbundesamt (UBA) kritisiert den übermäßigen Einsatz von Glyphosat, da es zu erheblichen Umweltschäden, wie dem Artensterben, führt. Das UBA fordert ebenfalls den Einsatz von Glyphosat im Hobbybereich vollständig zu unterlassen und den Einsatz in der Landwirtschaft zu reduzieren:
http://www.umweltbundesamt.de/themen/uba-kritisiert-uebermaessigen-einsatz-von-glyphosat
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/pflanzenschutzmittel-umweltbundesamt-fordert-sparsamen-einsatz-von-glyphosat-a-944513.html

Beim Einsatz in Hobbygärten ist ein Totalherbizid sicherlich komplett verzichtbar. Hier sollten grundsätzlich mechanische Verfahren etwa der Beikrautbekämpfung zur Anwendung kommen. Auch im Bereich der Landwirtschaft dürfte eine deutliche Einschränkung ohne größere Probleme machbar sein. Etwa im Bereich der Sikkation, wenn Getreidebestände kurz vor der Ernte abgespritzt werden. Bekanntlich kommt auch der Ökologische Landbau ohne chemische Pflanzenschutzmittel aus.

Mit herzlichen Grüßen

Christian Meyer