Frage an Christian Meyer bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Christian Meyer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael H. •

Frage an Christian Meyer von Michael H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Minister Meyer,

die Bundesregierung hat vom Thünen-Institut ein Gutachten erstellen lassen, dass die Unwirksamkeit des MVP des BDM aufzeigt.

Daneben haben Sie mit anderen Länderagrarministern zusammen ein Gutachten durch das ife in Kiel erstellen lassen, das genauestens aufzeigt, dass eine Milchmengenreduzierung keine Erlösverbesserung für Landwirte bringt und wenn man isoliert Export- oder Industriemärkte betrachtet, sogar die Erlöse bei den Landwirten verringert. Warum fordern Sie trotzdem Mengensteuerungskomponenten für Milcherzeuger und widersprechen damit ihrem eigenen Gutachten? Soll die Mengensteuerung für eine Einschränkung der Tierhaltung in der EU genutzt werden?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Haußer
Milchbauer

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Haußer,

vielen Dank für Ihre Nachricht, sie ist im Abgeordnetenbüro von Christian Meyer eingegangen. Ich leite Ihre E-Mail aufgrund der Zuständigkeit sowie zur weiteren Beantwortung an das Ministerbüro von Christian Meyer im niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz weiter.

Mit freundlichen Grüßen
Maria Gruber

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Haußer,

der Wegfall der Milchquote und die fehlende Intervention hat zu einer erheblichen Milchkrise in Europa mit dauerhaften Tiefpreisen gesorgt. Die jetzigen Preise sind fatal und die Prognosen derjenigen, die wie die Bundesregierung nach Quotenende bessere Zeiten versprochen haben, sind nicht eingetreten. Ich halte daher eine Mengenreduzierung für bessere Preise für zwingend notwendig, wenn die Milchbauern nicht weiter rote Zahlen schreiben und vertröstet werden sollen.

Zusammen mit den Agrarministerinnen Ulrike Höfken (Rheinland-Pfalz) und Priska Hinz (Hessen) sowie den Kollegen Alexander Bonde (Baden-Württemberg), Robert Habeck (Schleswig-Holstein) und Johannes Remmel (Nordrhein-Westfalen) fordert Niedersachsen daher Instrumente, um im Krisenfall die bäuerliche Milcherzeugung zu sichern. Die Milchpreise sind im Vergleich zum Vorjahr bereits stark gefallen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die kritische Situation anzuerkennen und sich für die nötigen Krisenmaßnahmen einzusetzen. Unsere Milchbauern brauchen faire und stabile Bedingungen. Im Krisenfall müssen europaweit wirksame Instrumente gegensteuern. Die bäuerlichen Betriebe sind sonst nicht mehr zukunftsfähig. Aktuelle Milchpreise unter 30 Cent pro Liter Milch für die Bauern liegen deutlich unter den Erzeugungskosten und eine Verbesserung ist nicht absehbar.

Das von uns in Auftrag gegebene unabhängige Gutachten bestätigt, auch anders als von Ihnen behauptet, den Handlungsbedarf und verneint nicht das BDM-Konzept:
Zitat: "Die zusammenfassende Bewertung zu den verschiedenen Kriseninstrumenten ergab, dass die vorhandenen Kriseninstrumente zu verbessern sind und einige Teilbereiche des vom BDM vorgeschlagenen Marktverantwortungsprogramms weiter zu entwickeln sind. Insgesamt ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen der Studie:

1. Die Interventionspreise der obligatorischen Intervention sind moderat anzuheben, da sie zu Milchpreisen in Krisensituationen von unter 20 Ct/kg führen können.
2. Die private Lagerhaltung für Milchprodukte ist als Instrument zu stärken und Mitnahmeeffekte sind zu minimieren.
3. Exporterstattungen und Direktzahlungen sind Auslaufmodelle in Hinblick auf die Vorbeugung gegen zukünftige Milchpreiskrisen.
4. Die EU-Marktbeobachtungsstelle muss schneller und direkter Daten der Mitgliedsstaaten erhalten, sollte keine Politiksteuerungsfunktion übernehmen und um eine Schnellberichterstattung erweitert werden.
5. Die freiwilligen und verbindlichen Milchmengensteuerungskomponenten im Rahmen des Marktverantwortungsprogramms lassen für Krisensituationen möglicherweise geringe Preisanhebungseffekte und späte Marktreaktionen erwarten. Kommen allerdings überlagernde Effekte, wie z.B. eine anziehende Nachfrage bei Niedrigpreisen oder psychologische Komponenten hinzu, dann könnten die Preisanhebungseffekte höher sein als allein durch die Mengenrückführung erwartet. Dies bestätigt auch die große Bandbreite der Expertenmeinung zu möglichen Preiseffekten durch Mengenrückführungen.
6. Das Frühwarnsystem im Marktverantwortungsprogramm sollte von mehreren Frühwarnindizes, wie z.B. einen Europäischen Rohstoffwert Milch und einen Futterkostenindex unterstützt werden. Auf einen Automatismus in der Auslösung von Maßnahmen sollte - bis auf die obligatorische Intervention - verzichtet werden.
7. Versicherungssysteme zur Absicherung von futterkostenfreien Leistungen in der europäischen Milcherzeugung sollten ernsthaft weiter geprüft werden.
http://mulewf.rlp.de/uploads/media/Expertise_Kriseninstrumente_Milchmarkt.pdf

Eine wichtige Maßnahme ist es demnach, die EU-Marktbeobachtungsstelle zu einem effizienten Frühwarnsystem auszubauen. So könnten rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Neben der Verbesserung bisheriger Maßnahmen fordern die Minister, auch neue Kriseninstrumente zu entwickeln, die zu einer Preisstabilisierung beitragen können. Dabei sollten auch Ansätze der Mengensteuerung und Mengenreduzierung betrachtet werden. Das Gutachten schlägt unter anderem die Anpassung der Interventionspreise, der Preise für staatlichen Ankauf, an die Kostenentwicklung vor. Außerdem empfiehlt es die Prüfung gestaffelter Maßnahmen, wie sie der Bund Deutscher Milchviehhalter in seinem Marktverantwortungsprogramm vorsieht. Privatwirtschaftliche Versicherungssysteme könnten dazu beitragen, die Liquidität der Milcherzeuger bei schweren Krisen zu erhalten und sollen ebenfalls zukünftig geprüft werden. Das Gutachten sieht zudem weiteren Forschungsbedarf zur Frage, wie Mengenänderungen sich auf den Preis auswirken.

Die grünen Minister wollen ein Gesamtkonzept, um die Zukunft der bäuerlichen Milcherzeugung zu sichern. Neben der Krisenintervention gehört dazu auch die Stärkung der Position von Milchbauern in der Lebensmittelkette oder die Stärkung regionaler Vermarktung von Milch und Milchprodukten.
Die Bundesregierung dagegen betont nur die Chancen, die ein liberalisierter Markt ohne Quote angeblich bietet. Damit gefährdet sie die bäuerliche Milchviehhaltung mit ihren gesellschaftlichen Leistungen. Diese prägt wie kaum eine andere Betriebsform die Kulturlandschaft in Deutschland. Die Milchbauern leisten mit der Pflege von Wiesen, Weiden und Magerrasen einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von Kulturlandschaften und Artenvielfalt. Sie sichern Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen und erzeugen ein hochwertiges Lebensmittel. Nichthandeln wäre fatal.
Unser Konzept finden Sie hier: http://mulewf.rlp.de/uploads/media/Kriseninstrumente_im_Milchmarkt.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Christian Meyer