Sehr geehrter Herr de Vries, die Union hat in der Vergangenheit Lohnmoderation und Unternehmensteuersenkungen befürwortet. Wie wollen Sie die Kaufkraft in Ihrem Wahlbezirk stärken?

Portrait von Christoph de Vries
Christoph de Vries
CDU
98 %
52 / 53 Fragen beantwortet
Frage von Alexander L. •

Sehr geehrter Herr de Vries, die Union hat in der Vergangenheit Lohnmoderation und Unternehmensteuersenkungen befürwortet. Wie wollen Sie die Kaufkraft in Ihrem Wahlbezirk stärken?

Unternehmensteuersenkungen werden entweder durch Kürzungen öffentlicher Ausgaben, Verbrauchsteuererhöhungen oder Schulden aufgefangen. Sie belasten Haushalte mit hoher Konsumquote. Da gleichzeitig die realen Lohnstückkosten in Deutschland seit Eintritt in die Währungsunion unterdurchschnittlich sind, ist das Lohngefälle in Deutschland und die Exportabhängigkeit immer größer geworden. Auf lokaler Ebene führen niedrige Löhne zu fehlender Nachfrage in Handel und Handwerk, außerdem bleiben Steuereinnahmen aus und selbst Unternehmensgewinne sinken durch Lohnzurückhaltung. In Ihrem Wahlprogramm werden keine Maßnahmen zu Stärkung der Massenkaufkraft angeführt und Ihre steuerpolitischen Vorschläge entlasten überproportional Haushalte mit hoher Sparquote und Aktienbesitz. Wie soll angesichts dieser Positionen eine zukunftsfähige und vor allem rationale Wirtschaftspolitik gestaltet werden, die sich nicht in Besitzstandswahrung für Wenige zusammenfassen lässt?

Portrait von Christoph de Vries
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Frage zu Lohnzurückhaltung und der Senkung von Unternehmenssteuern.

Ihre Ansichten teile ich nicht, im Gegenteil, ich halte den Ansatz für falsch.
Eine positive Lohnentwicklung und ein Kaufkraftzuwachs hängt unmittelbar mit dem Erfolg der Unternehmen zusammen.
Für Unternehmen sind die Standortfaktoren ausschlaggebend, dazu gehören unter anderem Sicherheit, Investitionssicherheit, Fachkräfteverfügbarkeit, gesetzliche Regulierungen, Lohnniveau, Infrastruktur, aber eben auch steuerliche Rahmenbedingungen. Wenn wir Industrieland bleiben wollen, müssen wir trotz vergleichsweise hoher Löhne wettbewerbsfähig sein. Das gilt auch für Unternehmenssteuern, die in anderen Industriestaaten teilweise deutlich niedriger sind. Hier gelten wir auch in Europa als Hochsteuerland.
Jede Investition in Arbeitsplätze, gerade in gutbezahlte Industriearbeitsplätze erhöht jedoch die Steuereinnahmen.
Die gute Konjunktur der letzten 10 Jahre vor der Coronapandemie hat deshalb, obwohl keine maßgeblichen Steuererhöhungen erfolgt sind, automatisch zu höheren Steuereinnahmen geführt, mit denen wir vordringlich eine Vielzahl sozialer Maßnahmen, wie Kindergelderhöhungen, Grundrente und Mütterrente finanziert haben.
Wir wollen deshalb durch gute Rahmenbedingungen wie Bürokratieabbau, bessere Infrastruktur und wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern erreichen, dass Unternehmen langfristig keine Arbeitsplätze aus Deutschland verlagern, sondern im Gegenteil hier in alte und neue Standorte investieren. Davon haben alle etwas und diese Steuersenkungen für Unternehmen refinanzieren sich von allein.
Gerade nach der Coronapandemie ist zu bedenken, dass jetzt viele Unternehmen derzeit eine extrem dünne Kapitaldecke haben und in Corona häufig aus der Substanz gelebt haben. Das war - wie ich aus Erfahrungen in meinem Wahlkreis gerade im Handel weiß, oft dramatisch.
Deshalb sind gerade jetzt zusätzliche Belastungen wie Steuererhöhungen besonders schädlich. Im Übrigen verhindern sie dringend erforderliche und gewünschte Investitionen der Unternehmen in Klimaschutz und Digitalisierung.

Zum Thema Lohnzurückhaltung habe ich eine ganz klare Haltung: Der Staat sollte möglichst wenig in das Lohngefüge eingreifen. Die Löhne werden in einem Dialog der Tarifpartner ausgehandelt, die Gewerkschaften haben dabei verschiedene Mittel, ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Dies hat dazu geführt, dass die Lohnentwicklung durch die gute Konjunktur von 2011 bis zur Coronapandemie immer über der Inflationsrate gelegen hat. Die Menschen hatten also auch real mehr Geld in der Tasche, ohne dass dafür Maßnahmen zur Stärkung der Massenkaufkraft oder die Untergrabung der Tarifautonomie nötig waren, wenn man von der Einführung des Mindestlohns einmal absieht. Ich sehe keinen Anlass, an diesem bewährten System etwas zu verändern.

Die steuerpolitischen Vorschläge der CDU sprechen sich für die Abschaffung des Solidaritätszuschlages aus, die verfassungsrechtlich geboten ist und der für die Finanzierung der Kosten der Deutschen Einheit eingeführt worden war. Es ist einfach eine Frage der Glaubwürdigkeit, ihn jetzt nach mehr als 30 Jahren wieder abzuschaffen. Ansonsten sprechen wir uns gegen Steuererhöhungen aus, gerade die von der SPD gewünschte Einführung einer Vermögenssteuer halten wir für gesamtwirtschaftlich schädlich und ein bürokratisches Monstrum. Diese Idee ist Populismus pur. Auch die Idee der Ausweitung der Kreditaufnahme für Kaufkrafterhöhungen verleugnet die Realitäten. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, die erheblichen coronabedingten Schulden möglichst bald wieder abzutragen und ihnen nicht neue Schulden hinzuzufügen, vor allem, weil die daraus finanzierten Maßnahmen rasch verpuffen würden.

Insofern kann ich Ihre Kritik an der Steuer- und Finanzpolitik der Union nicht nachvollziehen, ich sehe sie vielmehr als realistisch und nachhaltig an, während SPD und Grüne vortäuschen, man könne das Geld für Investitionen und soziale Wohltaten mit neuen Steuern und Krediten herbeizaubern. Ich hoffe, dass uns diese Erfahrung erspart bleibt. Dass unsere finanzpolitischen Vorschläge nur Besserverdienern und Aktionären nützen würden, ist aus meiner Sicht grundfalsch: Sie sorgen vielmehr für Wachstum und Investitionen und reduzieren zum Wohle unserer Kinder die Schulden, die wir ihnen hinterlassen.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph de Vries

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Christoph de Vries
Christoph de Vries
CDU