Wann bekommen pflegende Angehörige endlich finanzielle und professionelle Unterstützung? Wann wird die Bürokratie abgebaut?

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Claudia Moll
SPD
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Frage von Patrizia W. •

Wann bekommen pflegende Angehörige endlich finanzielle und professionelle Unterstützung? Wann wird die Bürokratie abgebaut?

Sehr geehrte Frau Moll,
auch wir pflegenden Angehörigen leiden unter gestiegenen Kosten. Das Pflegegeld wurde jahrelang nicht mehr erhöht. Ebenso werden Unterstützungsangebote eher ab- als aufgebaut, besonders im Bereich der Kinderpflege. Pflegende Eltern sind generell ein blinder Fleck.

Wir sollen den Mangel in der professionellen Pflege auffangen und werden allein gelassen.
Sie kennen die Statistik, denke ich.

Wir brauchen Unterstützung und Berücksichtigung bei Energiepreisbremsen, denn wir benötigen mehr, ebenso finanziell, denn auch wir zahlen drauf. Abbau von Bürokratie, leichterer Zugang zu Unterstützungsangeboten durch professionelle Pflege, Pausen, Schulungen, Hilfsmitteln...

Wann ist damit zu rechnen?
Es geht so nicht weiter. Die professionelle Pflege wird gegen die Wand gefahren und wir werden vom Sog mitgenommen beim Untergang, dabei allein gelassen.

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SPD

Sehr geehrte Frau W.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zum Thema "pflegende Angehörige", die ich gerne beantworten möchte.

Sie haben in meinen Augen vollumfänglich recht: Wir müssen besonders die pflegenden Angehörigen in den Blick nehmen. Gern nennt man sie „den größten Pflegedienst Deutschlands“ Auch sie müssen entlastet werden.

Und wie immer in der Pflege müssen wir viele Dinge parallel und abgestimmt angehen. Anders wird es nämlich nicht funktionieren, nur dann kommen wir zu spürbaren Verbesserungen.

Klar ist aber auch: das Geld wird knapp bleiben.

Wir wollen:

  • gute Löhne für Pflegekräfte,
  • die Eigenanteile müssen verträglich sein,
  • Pflegende und ihre Angehörigen brauchen Entlastung.

Aber das muss eben auch alles bezahlt werden. Da müssen wir ehrlich bleiben.

Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag auch bereits eine Anhebung der Beiträge verabredet. Ohne wird es nicht gehen.

Daneben soll die Pflegeversicherung durch Steuerzuschüsse von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden – allen voran von der Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige oder auch von den pandemiebedingten Kosten, besser bekannt als Corona-Schutzschirm.

Den gab es für alle Pflegeeinrichtungen bis Mitte des Jahres. Sie konnten darüber ihre Mehrausgaben für Hygiene, Personal, etc. oder auch Mindereinnahmen beispielsweise wegen abgesagter, ambulanter Touren abrechnen konnten.

Aber leider kommen wir gefühlt aus dem Krisenmodus nicht mehr raus.

Denn kaum hat Corona ein Stück weit seinen Schrecken eingebüßt, folgt die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise und eine Inflation, die voll auf die Pflege durchschlägt.

Nicht nur Privathaushalte leiden an stark steigenden Energiepreisen – auch Pflegedienste, die mit dem Auto fahren, um ihre Klienten aufzusuchen oder stationäre Pflegeeinrichtungen, die ihre Bewohner nicht im Kalten sitzen lassen können, müssen höhere Preise zahlen und diese auf die Pflegebedürftigen umlegen.

Trotz der Preisexplosionen brauchen wir verlässliche Strukturen in der Pflege.

Wofür ich stehe:

  • Entlastungsleistungen wie die Tagespflege und
  • mehr Pflegegeld für die Angehörigenpflege und
  • endlich auch eine echte Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige.

Darüber hinaus müssen wir aber auch Beratungsangebote und Netzwerke stärken.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen brauchen einfachen Zugang zu Beratungsstrukturen vor Ort, um die häusliche Pflege so zu organisieren, dass sie zu ihrem Leben passt.

Viele Beratungsangebote sind gut, aber vielerorts besteht auch Nachholbedarf – z. B. weil Ratsuchende sie nicht finden oder sie nicht umfassend genug beraten können.

Deshalb will ich die systematische Zusammenarbeit der Akteure in der Beratung voranbringen.

Ich will die Erfahrungen aus guten Modellprojekten und Strukturen bekannt machen.

Ein weiteres, wichtiges – oder auf Neudeutsch – „Blockbuster“-Thema ist für mich außerdem die im Koalitionsvertrag versprochene regelmäßige Dynamisierung des Pflegegeldes ab 2022.
Hier ist seit 2017 nichts passiert, obwohl es nachweislich gestiegene Preise gibt.

Denn wir brauchen ein bunteres Angebot an Entlastungsleistungen:

  • individuellere und flexiblere Betreuungs- und Entlastungsangebote,
  • innovative quartiersnahe Wohnformen,
  • Angebote, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, statt dass sich Pflegebedürftige dem System anpassen.

Hier müssen wir die Sektorengrenzen durchlässiger machen, den Kommunen mehr Verantwortung geben und nicht zuletzt bei den Pflegeleistungen ein einfaches Budget ermöglichen, mit dem diese Angebote dann auch finanziert werden können.

Korrespondierend dazu muss es auch endlich eine echte Lohnersatzleistung für pflegebedingte Auszeiten geben.

Und mit Blick auf die stark steigenden Eigenanteile bei vollstationärer Pflege müssen nachhaltigere Lösungen gefunden werden.

Daneben sind insbesondere auch die Länder in der Pflicht, endlich überall die Investitionskosten zu übernehmen und Pflegebedürftigen so weitere zigtausend Euro pro Jahr zu ersparen.

Ich hoffe, Ihnen ein paar Ideen meiner politischen Vorstellungen an die Hand gegeben zu haben und freue mich auf Ihre Rückmeldung unter claudia.moll@bundestag.de 

Mit hoffnungsvollen Grüßen

Ihr 

Claudia Moll

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