Wie kann es sein, dass Deutschland trotz der vereinbarten Klimaziele sich am Ausbau des Abbaus fossiler Energieträger beteiligt und das in einem kritischen Umfang?

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Cornelia Möhring
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Frage von Florian D. •

Wie kann es sein, dass Deutschland trotz der vereinbarten Klimaziele sich am Ausbau des Abbaus fossiler Energieträger beteiligt und das in einem kritischen Umfang?

Sehr geehrter Frau Möhring, am 25.08.22 in Ausgabe No. 35 veröffentlicht die ZEIT auf Seite 8 ihren Artikel „Hier könnte bald eine Pipeline liegen“. Dort wird unter anderem Deutschlands Beteiligung am Ausbau des Abbaus fossiler Energieträger beschrieben. Wie kann es sein, dass trotz der prekären Klimasituation, trotz der Tatsache, dass wir weiterhin zu wenig für das Klima tun, der Gasabbau steigen soll, wodurch nachhaltige Naturgebiete vernichtet werden? Es muss andere Wege geben, die Energiekrise abzumildern als die Klimakrise zu verstärken. An dieser Stelle soll das Artensterben auch nicht unterschätzt werden. Sollte die Entwicklung, die im Artikel skizziert wird, fortgeführt werden, sind hohe Energiepreise unser geringstes Problem. Der Artikel nennt relevante Fakten und auch einige Lösungsansätze, die ich hier der kürze halber nicht extra aufführe. Vielen Dank für Ihre Zeit.

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Sehr geehrter Herr D.,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich teile Ihre Sorge, dass im Zuge der Reaktion auf den Ukraine-Krieg der Klimaschutz und der Kampf gegen das Artensterben auf der Strecke bleiben. Die Ölbohrungen im Wattenmeer sind ein gutes Beispiel, Förderung wird erst in einigen Jahren möglich sein, der Beitrag zur Energiesicherheit ist mit etwas über einem Prozent sehr gering, aber das einzigartige Wattenmeer ist in Gefahr. Das Problem ist, viele fossile Konzerne haben Pläne aus der Schublade geholt, die sie schon längst begraben hatten, einfach weil sie sich nicht mehr zu lohnen schienen. Mit steigenden Energiepreisen winken jetzt wieder massive Gewinne. Im Senegal hat Kanzler Scholz bereits angekündigt, dass sich die Bundesregierung nicht mehr an ihr Versprechen vom Weltklimagipfel in Glasgow gebunden fühlt, ab 2023 keine fossile Infrastruktur ausbauen zu wollen. Im Senegal und anderswo lässt sie bereits Taten folgen. Sollten alle derzeit weltweit geplanten Projekte realisiert werden, wäre die Begrenzung der Erderhitzung auf zwei Grad Celsius ausgeschlossen, wir würden uns auf drei bis vier Grad zubewegen.

An der Genehmigung der LNG-Flüssiggas-Terminals sehen wir, dass, wenn es gewollt ist, Planungen schnell vorangetrieben werden können. Doch was bei fossiler Infrastruktur geht, brauchen wir schon längst bei den Erneuerbaren. Ein Jahrzehnt des Ausbremsens liegt hinter uns, die Gefahr ist groß, dass das jetzt sogar im verschärften Tempo weitergeht.

Wir brauchen stattdessen massive Investitionen in die Energiewende, in die Verkehrswende (nicht nur den Wechsel des Antriebs), Klimaschutz in Industrie, Landwirtschaft und Ernährung und natürlich sozial gerechte Sanierungen bei Gebäuden. Was getan werden kann, liegt auf dem Tisch. Als Fraktion haben wir viele Punkte in unserem Aktionsplan Klimagerechtigkeit niedergelegt. Ich bin sicher, was jetzt notwendig ist, wird nicht von der Regierung kommen, dafür braucht es eine breite Bewegung, braucht es den Druck der Straße.

Mit freundlichen Grüßen

Cornelia Möhring

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