Wie soll die Rente stabilisiert werden?

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD
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Frage von Manuela N. •

Wie soll die Rente stabilisiert werden?

Sehr geehrte Frau Schmidt,
in seinem Brief an den Wirtschaftsminister weist der Wissenschaftliche Beirat auf die Schwachstellen der Rentenpolitik der Ampel hin. Diese sind auch für einen Laien offensichtlich. Auf der einen Seite müssen immer weniger Berufstätige für immer mehr Rentner aufkommen. Gleichzeitig soll aber weder das Mindestsicherungsniveau von 48 Prozent noch die "Rente mit 63" angetastet werden. Dies wird laut dem Brief des Expertenrates nach aktuellem Stand dazu führen, dass schon in den 2040er Jahren mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts! als Steuerzuschuss in die Rente fließen muss, um das System am Laufen zu halten. So weit ich es verstehe, setzt die Ampel zur Abmilderung des Problems vor allem auf Zuwanderung...ob genügend geeigenete Arbeitskräfte kommen, wird sich zeigen.
Mich würde daher interessieren, ob der Brief des Wissenschaftlichen Beirats beim Wirtschaftsministerium bei der Reform der Rente Berücksichtigung findet.

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau N.,

Haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Schreiben des wissenschaftlichen Beirates ist mir und der SPD-Bundestagsfraktion bekannt. Es überzeugt in seinen Argumenten aber nicht. Gerne möchte ich Ihnen das im Folgenden erläutern.

Das System der gesetzlichen Rente hat sich auch entgegen zahlreicher anderslautender Prognosen über viele Jahrzehnte hinweg bewährt und die gesetzliche Rente ist auch weiterhin stabil und entwickelt sich besser als vorausgesagt. Es ist wichtig, dass es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland eine gute, sichere und stabile Rente gibt. Das sind wir den heutigen Rentnerinnen und Rentnern, aber auch den Beitragszahlern schuldig. Denn wer die heutigen Renten finanziert, muss auch darauf vertrauen können, selbst noch eine verdiente Rente zu beziehen, wenn er oder sie aus dem Erwerbsleben ausscheidet.

Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent dauerhaft sichern werden. Gleichzeitig haben wir aber auch festgelegt, dass der Beitragssatz in dieser Legislaturperiode nicht über 20 Prozent steigt. Natürlich ist darauf zu achten, dass die Finanzierung generationengerecht erfolgt. Zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz wird deshalb nun auch in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung eingestiegen. Das bedeutet für uns als SPD-Bundestagsfraktion nicht, dass wir das bewährte Finanzierungssystem der gesetzlichen Rente grundsätzlich ändern werden: Vielmehr werden wir einen zusätzlichen und ergänzenden kollektiven Kapitalstock aufbauen und langfristig anlegen. Dieser Kapitalstock kann in Zukunft dazu dienen, Beitragssatz und Rentenniveau zu stabilisieren, insbesondere dann, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer in Rente gehen.

Die langfristige Finanzierung der gesetzlichen Rente hängt aber vor allem von einer guten Arbeitsmarktpolitik mit guten Löhnen ab. Insgesamt gilt es, möglichst langjährige und durchgehende Versicherungsbiografien für Frauen und Männer zu ermöglichen. Darin liegt auch ein zentrales Gestaltungsfeld von Politik, beispielsweise durch gute Bildung, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, den Mindestlohn, der Stärkung der Tarifpartnerschaft, eine partnerschaftliche Arbeitsteilung, aber auch Prävention und Rehabilitation, die Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beim Strukturwandel und auch der von Ihnen angesprochenen Organisation der Einwanderung von Fachkräften, für die wir mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Weichen gestellt haben. In unserem umlagefinanzierten Rentensystem können wir dadurch die Finanzierungsgrundlage stärken.

Neben dem Fundament, der gesetzlichen Rentenversicherung, nehmen wir aber auch die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung in den Blick und wollen sie stärken und weiterentwickeln.

Eine Abschaffung der „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“, die sogenannte abschlagsfreie Rente ab 63 steht für uns nicht zur Debatte. Diese abschlagsfreie Rente ab 63 Jahre für besonders langjährig Versicherte kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn 45 Jahre gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt wurde.  Diese Menschen, die den Sozialstaat jahrelang mit Ihrer Arbeit unterstützt haben, haben es sich verdient, zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze in Rente zu gehen. Zudem liegt die Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente ab 63 Jahre auch schon länger nicht mehr bei 63 Jahren, sondern aktuell bei 64 Jahren und zwei Monaten. Das wird gerne verschwiegen. Und genau wie auch die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre ansteigt, steigt gleichzeitig auch die Altersgrenze für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte auf 65 Jahre an. Daher kann man schon heute nicht mehr von einer abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren sprechen.

Und auch die Zuschüsse, die aus Steuermitteln in die Rente fließen, sind differenziert zu betrachten. Ja, die Zuschüsse dienen auch dazu, die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler vor übermäßiger Belastung zu schützen. Aber sie sind insbesondere auch dadurch gerechtfertigt, dass die gesetzliche Rentenversicherung gesamtgesellschaftliche Aufgaben übernimmt, die von allen zu finanzieren sind. Zu diesen Leistungen gehören u.a. die Kindererziehungszeiten.

Weil das Rentensystem eine wichtige und gesamtgesellschaftliche Aufgabe übernimmt, werden wir als SPD-Bundestagsfraktion auch weiterhin an der Stabilität des Rentensystems arbeiten und sinnvolle sowie notwendige Reformen frühzeitig diskutieren. Wenn Sie Fragen haben sollten oder weitere Informationen benötigen, können Sie sich auch jederzeit direkt an mich unter dagmar.schmidt@bundestag.de wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Dagmar Schmidt, MdB

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