Warum wurden seit 2014 insgesamt 1 Milliarde Euro von der EU ausgegeben worden um Lebensmittel zu vernichten und warum speziell den französischen Wein?

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Delara Burkhardt
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Frage von Jakob H. •

Warum wurden seit 2014 insgesamt 1 Milliarde Euro von der EU ausgegeben worden um Lebensmittel zu vernichten und warum speziell den französischen Wein?

Wieso gibt die EU so viel Geld aus um Lebensmittel zu vernichten, warum kann man diese nicht spenden oder in andere Länder exportieren bzw. einlagern. Besonders den französischen Wein könnte man einlagern oder eventuell anders benutzten. Könnten Sie mir bitte eine wirtschaftliche Aussage darüber geben, da wir uns diese Frage im Sozialwissenschaftlichen Leistungskurs gestellt haben und gerade das Thema Wirtschaft haben.

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Hallo Jakob H.,

vielen Dank für die Frage! Ich hoffe, dass ich euch mit den Infos im Leistungskurs unterstützen kann.

Eine Aufgabe der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist die Stabilisierung der Märkte der Europäischen Union. Dieses Ziel ist seit den 1950er Jahren Teil der Verträge. Aus unser sozialdemokratischen Sicht gehören diese Zeilen jedoch dringend reformiert, da sonst solche Konstruktionen, wie von euch aktuell behandelt, entstehen. Meine Fraktion hat genau das probiert. Leider wurde sie durch eine Mehrheit aus CDU/CSU und FDP im Agrarausschuss überstimmt. Es gab somit keine Neuerung.

Grundsätzlich besteht neben einer Vernichtung die Möglichkeit, dass Produkte nur für eine gewisse Zeit vom Markt genommen werden und nach einer Verbesserung der Marktlage wieder freigegeben werden. Auch die angesprochene kostenlose Verteilung, z. B. für karitative Einrichtungen, ist eine Möglichkeit.  Die "Vernichtung" des Erzeugnisses und die Verwendung für andere Zwecke als Lebensmittel werden nur bei Wein (Destillation) sowie bei Obst und Gemüse angewandt, wenn eine kostenlose Verteilung aufgrund der Beschaffenheit der Erzeugnisse nicht möglich ist. Diese Maßnahmen werden jedoch nur selten angewendet.

Hintergrund für den von euch behandelten Fall des Weines: Seit längerer Zeit gibt es ein Ungleichgewicht im europäischen Weinsektor. Der Konsum von Wein geht aktuell in vielen Mitgliedstaaten deutlich zurück. Frankreich verzeichnet beispielsweise einen Einbruch von 22%, also fast ein Viertel ihres jährlichen Weinkonsums. Nicht ausschließlich, aber so sind Schließungen von Restaurants durch die Corona-Pandemie eine der Gründe für den sinkenden Absatz. Daraus folgte: Der Konsum sank stetig, während die Produktion (EU-weit ca. 4%) gleichzeitig gestiegen ist. 

Im Juni hat die EU-Kommission versucht mit Sondermaßnahmen Abhilfe zu schaffen, damit das Preisniveau auf dem europäischen Sektor nicht weiter verfällt. Eine gewisse Eile war geboten, da anscheinend viele Produzent:*innen keinen Platz mehr für die neue Weinernte hatten. Alternativ hätte man für eine Einlagerung zusätzlich Hallen oder Keller anmieten müssen. In einer Situation, in dem der Markt aber mit dem Produkt Wein überschüttet wird, hat sich jedoch die Frage gestellt, wann man die Produkte wieder zurück auf den Markt bringt.

Die von der Kommission geplante Sondermaßnahme im Juni zielt nicht auf die Vernichtung des Weins im Sinne eines „in den Müll werfen“ ab. Damit ist die Vernichtung des Produktes als Lebensmittel gemeint. Dementsprechend wurde die Winzer*innen darin unterstützt, den Alkohol aus ihren Produkten zu destillieren, damit er für „non-food purposes“ genutzt werden kann. Also z. B. für Produkte der Hygiene oder allgemein in der Chemie-Industrie. Es wird also nicht sinnlos zerstört, sondern findet nur eine Anwendung.

Als sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament stellen wir den Vorgang aber in Frage. Auch Winzer*innen müssen sich, wie andere Unternehmer*innen auch, der wandelnden Nachfrage anpassen. Steuergelder sollten nur in Ausnahmefällen dafür genutzt werden, in einer solchen Art in den Markt einzugreifen. Langfristig wird sich der Weinsektor entsprechend anpassen müssen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Delara Burkhardt

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