Frage an Detlef Müller bezüglich Innere Sicherheit

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Detlef Müller
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Frage von Torsten T. •

Frage an Detlef Müller von Torsten T. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Müller,

mit Befremden verfolge ich die Innenpolitik die Herr Schily vor einigen Jahren begann und die jetzt von der großen Koalition weiter verfolgt, wenn nicht sogar überboten, wird.

Finden Sie nicht, dass die finanziellen und organisatorischen Ressourcen, welche zur vermeintlichen Sicherung vor Terrorismus verwendet werden, einen höheren Wirkungsgrad erzielen würden, wenn diese direkt in Ausstattung, Schulung und Personal der Polizei investiert würden? Vielleicht wuerden diese Mittel sogar noch mehr Leben retten, wuerde man sie in die Krebsforschung oder Bildung investieren. Besonders letzteres wird das Fundament einer demokratischen Ordnung mehr festigen als eine ver-1984-ung unserer Gesellschaft.

Leider zieht es aber die große Koalition vor durch übermäßiges Befolgen von EU-Richtlinien (Vorratsdatenspeicherung), vorrauseilendem Gehorsam (Flugdatenübermittlung) und verfassungsmäßig zweifelhafter Gesetze die Grundrechte und Freiheiten immer weiter einzuschränken. Bislang nahm ich an, es sei Aufgabe der Bundestagsabgeordneten diese zu schützen. Sind die nächsten Schritte ein Artikel 48 oder ein Ermächtigungsgesetz?

Was für einen Zweck hat die Einschränkung auf Nichtkernbereiche, wenn die Daten dennoch zunächst erfasst werden müssen? Möchten Sie, dass der gelangweilte BKA-Beamte Ihre Liebesbriefe liest? Was für einen Zweck hat die Kontrolle der Aktionen des BKA, wenn diese Kontrolle vom BKA selbst vorgenommen wird? Das Finanzamt akzeptiert auch nicht ohne weiteres meine Steuervorauszahlung, sondern rechnet das gern selbst nach. Was ist wenn die politischen und exekutiven Werkzeuge die durch ihre Gesetzgebung zur Verfügung gestellt werden in die falschen Hände geraten? Die NPD sitzt leider schon in einigen Landesparlamenten und die Aussagen einiger anderer Politiker lassen auch sehr an deren demokratischem Grundverständnis zweifeln.

viele Grüße,
Torsten Thau

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Sehr geehrter Herr Thau,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich auf Ihre Frage, warum wir zum Beispiel eine Novellierung des BKA-Gesetzes verabschiedet haben, auf meine Antwort an Herrn Wenk verweise. Dort habe ich meine Beweggründe für die Zustimmung zur überarbeiteten BKA-Novelle dargestellt. Ich möchte auch klarstellen, dass ich der ersten Version der Novelle nicht zugestimmt hätte. In den letzten Tagen vor der Abstimmung haben unsere Fachpolitiker der Fraktion sich noch in einigen wichtigen Punkten durchsetzen können, erst dadurch blieb für mich die Verhältnismäßigkeit gewahrt. So ist insbesondere die sehr strenge Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der letzten Jahre an vielen Stellen im Gesetz umfassend berücksichtigt worden.

Was Ihre Beispiele (BKA-Beamter liest Liebesbriefe, Finanzamt rechnet auch selbst nach) angeht, lassen Sie es mich salopp sagen, da vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Ich gebe Ihnen insofern recht, dass der BKA-Beamte theoretisch die Liebesbriefe lesen könnte, obwohl der Kernbereich der privaten Lebenssphäre tabu bleiben sollte. Aber, und das ist der Punkt, er könnte diese Briefe erst bei einer Überwachung nach einer zuvor erfolgten richterlichen Anweisung lesen. Ich denke, wir sind uns einig, dass die Hürden für eine richterliche Anweisung sehr hoch sind. Sollten die gesammelten Daten Anlass für einen Eingriff in den privaten Kernbereich geben, muss nicht erst bei einem begründeten Verdacht, sondern auch schon bei Zweifeln ein Richter hinzugezogen werden. Ich denke, es ist klar, dass man diese Vorgehensweise nicht mit einer Steuervorauszahlung/ Lohnsteuerjahresausgleich vergleichen kann, wo die Angaben des Steuerpflichtigen vom Finanzamt überprüft werden.

Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Ich finde Ihren Vergleich mit dem Ermächtigungsgesetz am Ende der Weimarer Republik für ziemlich geschmacklos.

Mit freundlichen Grüßen
Detlef Müller, MdB

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