Warum wurde bei der Neufassung der Durchführungsverordnung zum THG keine Emissionsquoten für alle Fahrzeugarten festgelegt, also auch Kleinkrafträder, Elektrokleinstfahrzeuge oder Pedelecs?

Portrait von Detlef Müller
Detlef Müller
SPD
96 %
51 / 53 Fragen beantwortet
Frage von Hermann L. •

Warum wurde bei der Neufassung der Durchführungsverordnung zum THG keine Emissionsquoten für alle Fahrzeugarten festgelegt, also auch Kleinkrafträder, Elektrokleinstfahrzeuge oder Pedelecs?

Sehr geehrter Herr Müller, damit wurde die Chance vertan, die elektrische Mikromobilität nachhaltig zu unterstützen. Die jetzt mit der THG Prämie geförderten Kategorien werden bereits bei der Anschaffung staatlich gefördert, während die von mir genannten Kategorien vom Bürger ohne Förderung gekauft werden. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist und die umwelttechnischen Bemühungen und die erheblichen Mehraufwendungen (vergleichen Sie mal die Anschaffungskosten für ein Kleinkraftrad Benzin mit einem KKR Elektro) trägt der Bürger allein

Portrait von Detlef Müller
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Frage zur Anrechenbarkeit von Elektro-Kleinstfahrzeugen im Rahmen des THG.

Zunächst ist festzuhalten, dass das THG vornehmlich auf die Mineralölwirtschaft wirken soll.

Diese ist aufgrund des BImSchG (§ 37a ff) verpflichtet die CO2-Emissionen ihrer Kraftstoffe durch den Einsatz von erneuerbaren Energien um einen prozentualen Wert, der THG-Quote, zu senken. Mit der THG-Quote setzt Deutschland die Vorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie um. Bisher wurden durch das System hauptsächlich Biokraftstoffe gefördert. Seit 2018 kann sich die Mineralölwirtschaft aber auch die Bereitstellung von Strom für E-Fahrzeuge auf ihre gesetzliche Verpflichtung anrechnen.

Die THG-Quote fördert also Energieerzeugnisse und eben nicht E-Fahrzeuge. Hier herrscht häufig das Missverständnis vor, dass durch die THG-Quote Fahrzeuge gefördert werden, was daran liegt, dass bei Ladungen von E-Fahrzeugen im privaten Bereich ein Pauschalwert angerechnet wird. Dies vereinfacht das Verfahren, weil es dadurch nicht notwendig ist, exakte Stromwerte aus Haushalten zu ermitteln und zu berichten bzw. diese durch das Umweltbundesamt (UBA) zu überprüfen. Für die Antragsstellung genügt es, die Zulassungsbescheinigung vorzulegen. Der derzeit gültige Pauschalwert beträgt 2000 kWh und entspricht der Strommenge, die für ein Pkw in Deutschland in Durschnitt Ladungen in privaten Bereich entnommen wird.

Mit der Weiterentwicklung des Systems im Jahr 2021 wurde die Förderung deutlich verbessert. Privatpersonen können den Quotenhandel mit der Mineralölwirtschaft über Zwischenhändler abwickeln, die den Fahrzeugbesitzer*innen derzeit jährlich um die 300 € bieten. Dies stellt eine attraktive Unterstützung des Betriebs elektrischer Fahrzeuge dar, finanziert durch den Handel mit der Mineralölwirtschaft.

Die Verbesserung der Förderung und Vereinfachung des Verfahrens führte jedoch auch dazu, dass nunmehr auch Halter*innen von Kleinstfahrzeugen diese bei den Zulassungsbehörden freiwillig anmelden und die Zulassungsbescheinigung für die Anrechnung der Strommengen nutzen. Zwar ist auch diese Form der Mobilität zu unterstützen, dies sollte jedoch aus folgenden Gründen nicht über die THG-Quote erfolgen:

  • Der Pauschalwert von 2000 kWh ist eine mehrfache Überschätzung des Stromverbrauchs solcher Kleinstfahrzeuge. Die Anrechnung unrealistisch hoher Strommengen mindert die Notwendigkeit, andere nachhaltige Energieträger zur Quotenerfüllung einzusetzen, was wiederum zu weniger CO2-Minderung im Verkehr führt. Auch gefährdet eine solche Überförderung die Akzeptanz für das Gesamtsystem.
  • Die hohen Erlöse stellen einen Anreiz dar, diese Kleinstfahrzeuge freiwillig zuzulassen, was zu einer Antragsflut bei den Zulassungsbehörden in den Kommunen führte und den normalen Betrieb deutlich beeinträchtigt.             

Die 38. BImSchV ermöglicht es, dass auch für andere Fahrzeugklassen besondere Pauschalwerte festgelegt werden. So sind Werte für leichte Nutzfahrzeuge und Busse verkündet worden. Letzteres führte dazu, dass der Betrieb von elektrischen Bussen im ÖPNV für kommunale Verkehrsbetriebe deutlich attraktiver wurde. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) plant (auch gemäß Masterplan Ladeinfrastruktur II) weitere Schätzwerte, etwa für Lkw, zu verkünden. Die Verkündung weiterer Schätzwerte insbesondere zur Förderung des Betriebs von schwereren E-(Nutz)Fahrzeugen ist innerhalb der Bundesregierung unstrittig und wird insbesondere vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) begrüßt.

Eine Verkündung von niedrigeren Schätzwerten für Kleinstfahrzeuge ist nicht sinnvoll. Der reale Stromverbrauch dieser Fahrzeuge ist so gering, dass der Ertrag im Quotenhandel nur im einstelligen Eurobereich läge. Eine Förderwirkung wäre damit kaum gegeben und würde den hohen Vollzugsaufwand für die Zulassungsbehörden und das UBA nicht rechtfertigen.

Zuletzt ist festzuhalten, dass es im Rahmen der Elektro-Kleinstmobilität in den meisten Fällen auch kaum nachzuweisen ist, ob damit tatsächlich Fahrten ersetzt werden, die sonst mit einem fossilbetriebenen Fahrzeug getätigt werden würden. Denn gerade E-Pedelecs oder ähnliche Fahrzeuge werden oft vor allem in der Freizeit genutzt.

Deshalb sind hier andere Förderungsarten – wie beispielsweise die Förderung als „Job-Rad“ oder die diversen Förderungen der Bundesländer – deutlich sinnvoller, da sie zielgenauer wirken.

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüßen,

Detlef Müller

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Detlef Müller
Detlef Müller
SPD